DVD fürs Wochenende? Thrice – Live at The House of Blues
von am 30. März 2009 veröffentlicht in Musik, Rezensionen

YOU’VE TO LISTEN TO THIS. sometimes THRICE. before you like it.

In den letzten Jahren tauchte der Begriff „Post-Hardcore“ überall da auf, wo Musikjournalisten einen Trend ausmachten, bei dem die Energie von Hardcorepunk mit der Instrumentierung und Komplexität anderer Genres fusionierte.
Auch THRICE müssen sich mit diesem Begriffbrocken herumschlagen. Auf die Band aus Irvine (Californien) wurde ich erstmals 2003 aufmerksam als mir eine Freundin – gerade aus dem berüchtigten Texas in die norddeutsche Provinz gezogen – das bereits dritte Album der Band The Illusion of Your Safety in die Hand drückte. Dieses Stück Musik traf mich auf eine Weise, wie ich sie nicht kommen sehen konnte, denn der Sänger sang nicht nur – nein, er brüllte auch wie am Spieß. Das war also HARDCORE, wusste ich sobald und war begeistert. Der Gitarrist Dustin Kensrue spielte meist schnelle Riffs, die Leadgitarre unter der Führung von Teppei Teranishi frickelte was das Zeug hielt der Basser und der Drummer machten auch irgendwie alles richtig und die Texte bewegten sich zwischen Auto- und fremdgerichteter Aggression und Liebeskummer. Super! Ich konnte sie bald auswendig und sang – damals noch bei Mutti wohnend – lauthalt mit.
Im selben Jahr kam auch ihre Platte The Artist in the Amubulance raus, meine erste echt coole Platte. Ich hatte mich endlich von den Hosen, Ärzten und Nirvanas emanzipiert. Auch KISS gingen mir nur noch auf den Keks. DAS kam also zur richtigen Zeit.
Dank weitgehender Beibehaltung des Konzepts des Vorgängeralbums konnte mich ebenso The Artist in the Amubulance begeistern. Doch etwas hatte sich getan: Die Songs waren komplexer strukturiert, die Gitarren orgineller und Riley Breckenridge, der Mann hinter der Schießbude, ging vielfältiger zu Werke als zuvor und gab mit seinem Bruder Eddie Breckenridge am Bass das weiterhin hohe Tempo vor.
Das 2005 erschienene Vheissu dagegen hatte es bei mir schwer. Ich legte es schon nach dem ersten Hören beiseite. Keine zweite Chance! Was war bloß in diese Band gefahren? Sie setzten seltsame Instrumente ein, die WIR, die (Hardcore-)Szene, nun wirklich nicht brauchten und dazu kam noch dieses überflüssige Elektronikzeug und – ihh- hin und wieder Streicher. THRICE, scheiße! – die alte Mucke war weiterhin akzeptabel – aber so ging das nun wirklich nicht. Der Blick in die Zeit vor dem Album, das mich aus Texas erreicht hatte, hellte den Blick auf das Schaffen der Band auch nicht unbedingt. Eine EP und einen Langspieler hatten sie 1999 und 2000 veröffentlicht, die als Debüt durchaus ihre Qualitäten hatten, aber wer eine Fortsetzung von The Artist in the Amubulance suchte, wie ich damals, den konnte das nicht befriedigen.

Anlässlich der Veröffentlichung einer Live-DVD wollte ich es nochmal mit THRICE versuchen. Mit Live-DVD ist das ja so eine Sache: In der Regel können sie nicht die Soundqualität bieten, die man bei Studioproduktionen gewohnt ist und das Konzert-Live-Dabei-Gefühl kommt auch eigentlich nie an – außer bei KISS vielleicht. Angesichts der Anwesenheit einiger Lieder der oben gelobten Alben und dem moderaten Preis (16 Euro DVD+Audiomitschnitt auf zwei CDs) kann man eigentlich nicht viel falsch machen, dachte ich. Und tatsächlich – diese DVD machte meine Enttäuschung wieder wett. Abgesehen vom dämlichen Publikum (wie ich Mitklatschen, besonders das abseits von Rhythmus und Verstand, hasse….) stimmt alles: Das Ding ist knackig abgemischt, die Band geht ab. THRICE spielt live nicht nur das Studiomaterial so runter, sondern präsentiert einige erfrischende Änderungen in den Stücken.
In den etwa 90 Minuten spielt die Band nicht nur die mir bekannten Hits, sondern auch die der bisher verachteten Platte und das Material der letzten Jahre mit einer Intensität, dass sich doch hin und wieder eine Gänsehaut einstellt. Drumcomputer, Piano, Orgel und sogar Chöre erweitern das bekannte Hardcoreinstrumentarium. Die Texte allerdings mögen bei Hardcore-Veteranen auf geteiltes Echo stoßen: Sänger und Gitarrist Kensrue macht aus seinem christlichen Glauben keinen Hehl, spirituelle und politische Themen stehen hier nebeneinander. Musikalisch wird mit den Erwartung gebrochen: Jedes Stück hat seine eigene Form, an Genrekonventionen hält sich die Band nicht. Besonders die Stücke der, in den letzten beiden Jahren erschienenen, Konzept-Platten zu den alchemistischen Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft sind zunächst gewöhnungsbedürftig. THRICE haben hier versucht, den Charakter der Elemente in die Musik zu übertragen. Entsprechend sind die Stücke mal brachial und brutal, mal dahinfließend sanft.
„From here, we can kind of go anywhere, I don’t think anyone really knows what will be next“, schreibt Kensrue auf der Homepage der Band – und ob er damit den Kern des Begriffs „Post-Hardcore“ getroffen hat oder versuchen wollte diesem zu entkommen, ich bin gespannt.

Bandhomepage: http://www.thrice.net/
Myspace-Seite der Ba nd: www.myspace.com/thrice

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