Nada Surf – Immer diese Sache mit den Helden
von am 4. Januar 2008 veröffentlicht in Musik, Platten, Rezensionen, Texte

Wie zur Hölle soll man über eine Band vernünftig schreiben, wenn man ihr sowieso erlegen ist. Wenn man ihr jeden groben Fehltritt verzeihen würde.
Gott – was ist „Blizzard of 77“ für ein unglaublicher Song! Wer nach „Blizzard of 77“ nicht den Anflug von Gänsehaut oder wenigstens einen Kloß im Hals hat, der ist ein schlechter Mensch. Der stößt auch alte Damen die Treppe runter und blökt dann „Alte was rennste denn?“. Der frisst dir auch die Wurst vom Brot. Der frisst sowieso kleine Kinder zum Frühstück! Kurz: Was für ein Song!!!! Ja, „Let go“ war und ist ein kleines, ganz unspektakuläres Meisterwerk. Nada Surf eine ganz unspektakuläre Band. Ein Phänomen in das sich eher Europäer vergucken konnten. Erst ganz großer Auftritt: „Popular“ vom Album „High/Low“ stolpert in die Billboard-Charts. Danach gibt es Lektionen im Fach Musikbusiness, Grundkurs Potenzial. Platte Nummer Zwei kommt auf den Markt – nur um Werbung will sich keiner kümmern. Die Platte wird gelobt – aber interessiert eigentlich nur die Fans die sowieso schon da sind. Naja, dann kam „The weight is a gift“ und das ist eben eine Platte die jemand wie ich dann trotzdem hat, wegen Nada Surf eben. Loyalität und so. Trotzdem – weil eigentlich, naja – unnötig.
Aber wegen „Popular“, wegen „Blizzard of 77“, wegen „Inside of love“ ist einem das dann einfach egal. Wie oft ich schon nur deswegen Platten gekauft habe. Wie oft ich schon nur wegen guter, alter, ranziger Loyalität mir schlechte Platten schön-erinnert habe. Immer mit dem Satz im Hinterkopf „Aber die machten doch…“
2008 wird wieder ein Nada Surf Jahr! „Lucky“ heißt die Platte, und man fragt sich nach der Selbstreferenz bei dieser Platte. Endlich das große Glück. Ein neuer Versuch?! „Lucky“ klingt nach dem ersten durchhören etwas konzeptlos. Hingewurschtelt aus allen Nada Surf Platten, dazu gibt es eine ganz ausführliche Portion Tom Petty und Eliott Smith. Also ganz exquisite Hauptgänge eigentlich! Über Petty werden wir dieses Jahr übrigens noch mit einem Film beglückt der mich spontan jeden dazu aufrufen lässt, sofort „Full Moon Fever“ vom Mann aus Gainesville zu besorgen. Der taugt ganz nebenbei eh mehr als all die anderen jungen Spinner aus eben dieser Stadt. Im zweiten Durchgang füllen diese Gänge dann das hungrige Gehör. „Beautiful beat“ als sahnige Vorspeise, mit schmerzfreier Gitarre und einer Schokoladensauce aus feinen Streichersätzen. Ein beliebtes Spiel bei Bands die gerne einen auf Kuscheln machen. Die meisten legen sich dann schön lang bei hastiger Benutzung irgendwelcher Streicher. Man kann über Nada Surf sagen was man will – die können das! Danach folgt mit „Here goes something“ eine flockige kurze Nummer die sich schon nach ein Paar Takten als mutiger Bastard erweist. Die Eltern sind der bereits genannte verstorbene Mr. Smith und der Mersey-Beat als solcher. Ein Stück weit zu sehr abgekupfert, und doch taugt das als Verbeugung vor Mama und Papa! Als ob Smith’s unverkennbarer Weltschmerz fröhlich auf der Fähre über den Mersey schippert. Klingt ziemlich dämlich, aber irgendwie gefällt mir dieses Bild. Bis „I like what you say“ bleibt dann erstmal nichts hängen. „I like what you say“ ist dann quasi 100% Nada Surf. Und das ist vielleicht auch schon das Problem von “Lucky”! Ich kann keine wirkliche Hauptspeise entdecken. Keinen „Blizzard of 77“! Vielleicht das fast schon epische „The fox“, bei dem die Band aus sich etwas herauskommt mit einem fast vertrackt wirkendem Bass und zahlreichen Ecken. Toller Song! Nach 11 Songs ist Schluss. „The film did not go round“ hat etwas von einem Schlaflied – ein perfekter Schluss für ein Nada Surf-Album, bei dem man spontan denkt: Danke für „Popular“, für „Blizzard of 77“, für „Inside of love“, für „Blonde on blonde“ aber auch zumindest für „The fox“.

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