Mi. 09.12.: Das Ende der Vertretung – Emmely und der Streik im Einzelhandel
von am 4. Dezember 2009 veröffentlicht in DGB Haus, Diskussion, Filmvorführung, Tipp!

Nach über dreißig Jahren Anstellung im Einzelhandel in einer Kaiser’s-Filiale wurde der Kassiererin Barbara E., genannt Emmely, fristlos gekündigt. Ihr wird unterstellt, sie habe Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen. Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht wurde abgewiesen, das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes steht noch aus. Fehlurteile dieser Art gab es in den letzten Jahren mehrfach. So wurde einer Altenpflegerin gekündigt, weil sie vom Mittagessen übrig gebliebene Maultaschen verzehrte. In Künzelsau verlor eine Küchenangestellte wegen drei trockener Brötchen ihre Arbeit. In Westfalen reichen dafür zwei halbe belegte Brötchen und eine Frikadelle. In allen Fällen argumentierten ArbeitgeberInnen und Gerichte mit dem nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnis, für das der Wert der jeweiligen Unterschlagung unerheblich sei. Am Fall Emmely wird jedoch deutlich, dass es in Wirklichkeit um ganz andere Dinge geht. Nicht die angeblichen 1,30 Euro zerstörten das Vertrauensverhältnis, sondern Emmelys konsequentes Eintreten für ihre Interessen im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen, auch gegen den Druck ihrer Vorgesetzten.

Anders als durch die Sprache suggeriert, handelt es sich bei Tarifverhandlungen keinesfalls um Verträge zwischen gleichberechtigten Parteien, stattdessen liegt ihnen ein klaren Machtgefüge zugrunde. In ihnen äußert sich der Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die ihre Arbeitskraft zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes möglichst teuer verkaufen müssen und auf der anderen Seite diejenigen, die diesen Preis zur Maximierung des Gewinns möglichst weit drücken. Willkürliche Kündigungen sind dabei nur eines von vielen Mitteln, die ArbeitgeberInnen nutzen, um ihre Interessen durchzusetzen und widerständige Lohnabhängige unter Druck setzen.

Als Einstieg in die Diskussion um diesen Thema zeigen wir den Film: „Ende der Vertretung“. In diesem geht es um die Situation der Beschäftigten im Einzelhandel. Als die ArbeitgeberInnen Ende 2006 die Zuschläge für Spät- und Nachtarbeit kürzen wollen, hatten sie im Empfinden vieler Beschäftigter eine Grenze überschritten. Die längste und härteste Tarifauseinandersetzung im deutschen Einzelhandel begann. Der Film erkundet das Engagement der ArbeiterInnen im Streik und analysiert das Vorgehen der Streikleitung und die Rolle der Betriebsräte.

Welche Rolle spielen Gewerkschaften in dieser Auseinandersetzung, dienen sie dem Aufbau einer Gegenmacht? Welche Interventionsmöglichkeiten haben sie und wie werden diese genutzt? Und welche Handlungsperspektiven gibt es für die Streikenden jenseits gewerkschaftlicher Organisation? Diese und andere Fragen wollen wir im Anschluss an den Film diskutieren. Mit dabei ist unter anderem Samira Fansa, die die Streikenden begleitet hat und an der Herstellung des Films beteiligt war.

FILM- UND DISKUSSIONSVERANSTALTUNG
Mi. | 9.12.2009 | 19:30 h | DGB-Haus | Obere Masch 10 | Göttingen

Ankündigungstext: Antifaschistische Linke International

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