The Taint – Secrets and Lies, schreckliche siebeneinhalb Minuten
von am 17. April 2008 veröffentlicht in Musik, Platten, Texte

Schade! Denn eigentlich sollte das jetzt ein The Taint-Abfeier-Review werden. Das war so, bis ich zum Song „What the crow saw“ vom neuen Album „Secret and Lies“ vorgedrungen war. Bis dahin geht alles gut – Gottseidank. Es ist der siebente Song auf dem Album. Siebeneinhalb Minuten, die ich jetzt irgendwie aus meinem musikalischen Gedächtnis löschen muss.
Die Band aus dem britischen Swansea gibt es seit vielen Jahren, Notiz von ihr genommen habe ich erst vor kurzem. Reichlich verspätet bekam ich das Album „The ruin of nova roma“ in die Hände. In der Fülle sich wiederholender Metalbands im weiten Hardcore-Umfeld eine wirklich positive Überraschung. Die Band, immerhin gibt es sie schon seit 1994, hat einen unglaublich coolen Sound, ein gesunder Mix aus Metal, Stoner, Hardcore und kantigem, alten Rock! The Taint schafften es auf der LP völlig eigenständig zu klingen und ballern ganz souverän den Gleichklang in die Wüste. Bemerkenswert – der Gegenbeweis zur These, dass solche Bands nur mit zwei Gitarren funktionieren. Noch bemerkenswerter ist der Bass auf der LP. Wer Bass spielt kommt um „The ruin of nova roma“ nicht herum.
Hohe, ja höchste Erwartungen an den Nachfolger. Der heißt „Secret and Lies“, kommt wieder auf doppeltem Vinyl und einem schön gezeichnetem Artwork. Eine möglicherweise junge Liebe, die sich erstechen will. Mal die Kurzinterpretation des Covers. The Taint verschießen den Hit der Platte gleich zu Beginn, „Hex breaker“ ist der The Taint-Song schlechthin. Eine rotzige Attacke mit schönem, monumental monotonen Stoner-Zwischenteil. So mag ich das. Dann geht es weiter wie man es nach „The ruin of nova roma“ erwarten will. Glatte 6 Songs machen The Taint alles richtig. Dann vergreift sich die Band in ihrer Stilfreiheit völlig – auf der Homepage der Band heißt es: „There are, as previously mentioned, some stylistic surprises in store.“ Zwar mag ich solche Überraschungen, nur diese hier ist alles andere als eine angenehme. In „What the crow saw“ gibt es plötzlich einen ganz scharfen, folkigen Beiklang. Irgendwelche bescheuerten Mittelaltertröten kommen reichlich zum Einsatz. Vorm inneren Auge sieht man lederbehoste, wursthaarige Mittelalterfreaks fröhlich tanzen. Eine Horrorvorstellung, bei der einem das blanke Kotzen kommt. Man will sich die Ohren abreißen und das innere Auge ausstechen. Das vermiest mir fast den Rest der immer noch guten Platte. Keine Ahnung was The Taint da wohl geritten hat, aber alles was nach Mittelalter und Folk-Rock klingt, gehört auf die musikalische Resterampe übelster Geschmacklosigkeit – da können The Taint cool sein wie sie wollen. Wer sowas macht, fällt zwangsweise in Ungnade! Man denkt spontan an Bands wie Subway to Sally oder schlimmer – obwohl schlimmer eigentlich kaum noch geht. Es ist mir eh ein Rätsel, warum das Mittelalter so viele Verehrer hat. Es war kalt, es war schmutzig, es gab weder TV noch Internet, Katzensprünge waren Tagesreisen, es gab keinen Strom und demzufolge keine Stromgitarren und wenn man 2+2 auf Anhieb zusammenrechnen konnte, landete man wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen. Was für eine beschissene Zeit.
Siebeneinhalbminuten dauert der Komplettausfall auf der Platte. Zumindest auf dem Ipod habe ich den Song entfernt, beim Vinyl ist das leider nicht so einfach. Ansonsten bleibt „Secret and Lies“ eine überzeugende Platte. The Taint eine Band, die ich jedem empfehlen möchte, der mal über den üblichen Konsenzmetal hinaus gucken will. Wenn nur diese schrecklichen siebeneinhalb Minuten nicht wären.

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