Politik

Post-Kritik und Wert-Operaismus – oder wie? Ein Interview zum „… ums Ganze!“ Kongress vom 7. – 9.12. in Frankfurt am Main
1. Dezember 2007

Überall in Göttingen sind sie in letzter Zeit aufgetaucht: Die babyrosanen und himmelblauen Aufkleber und Plakate mit den seltsamen Fremdwörtern und dem Hinweis auf den Kongress des „… ums Ganze!“ Bündnisses, der Anfang Dezember in Frankfurt am Main stattfinden wird. Bei „… ums Ganze!“ handelt es sich um ein linksradikales Bündnis, dass sich anlässlich der G8 Proteste gegründet hat, im Frühjahr diesen Jahres mit einem längeren Text dazu an die Öffentlichkeit trat und auf der Großdemonstration in Rostock mit einem eigenen Block vertreten war, der mit ungefähr 3000 Menschen die Erwartungen weit übertroffen hat. Danach war von dem Bündnis einige Monate nichts zu hören und zu sehen, die Nachbereitung der G8 Mobilisierung ist erst vor einigen Tagen auf der Homepage des Bündnisses und bei indymedia, einer linken Info-Plattform veröffentlicht worden. Doch nun: der Kongress. In Göttingen ist das Bündnis gleich durch zwei Gruppen vertreten, durch Gegenstrom und die redical [m]. Um mal genauer herauszufinden, was es mit diesem Kongress eigentlich auf sich hat – und auch um den Göttingerinnen und Göttingern, die nach Frankfurt fahren, einen kleinen Eindruck von dem zu geben, was sie dort erwarten wird, habe ich Alexandra K. stellvertretend für die redical [m] zum Interview gebeten.


Keine Chance auf Schmusekurs mit der Justiz
12. November 2007

Im Juli diesen Jahres wurde ein Göttinger Student zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er auf einer Demonstration gegen Polizeigewalt einen Polizisten geohrfeigt haben soll. Die Frage, die heute morgen vor dem Landgericht beantwortet wurde, war folgende: kommt ein Richter damit durch, das Strafmaß von der Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppe, hier dem schwarzen Block, abhängig zu machen. Die Antwort: Ja, kommt er. Das Berufungsersuchen des Angeklagten wurde abgelehnt.


Alles Elite oder was? Kleine Anmerkung zur Exzellenzinitiative
4. November 2007

Die Uni Göttingen hat sich mit ihrem „Zukunftskonzept zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung“ bei der Exzellenzinitiative des Bundes beworben und konnte sich nun vor nicht all zu langer Zeit, auch durchsetzen. „Projektbezogener Ausbau der universitären Spitzenforschung“ zeigt an, in welche Richtung es geht: einerseits geht es um Forschung und nicht um die Lehre. Und andererseits geht es um projektbezogene Forschung, also nicht um ein durchgängig hohes Forschungsniveau, sondern um einzelne Spots, die aus der Masse herausragen.


Here we stay again
1. November 2007

Es kommt Bewegung in den Streit zwischen Studentenwerk und den Bewohner_innen der letzten selbstverwalteten Wohnheime der Stadt. Vor einigen Tagen erreichte uns ein offener Brief des Studentenwerkes an die Kampagne Here to Stay, dicht gefolgt von einer Antwort der Mieter_innen. Nun gab es ein Treffen der beiden Parteien unter unerwünschtem Polizeischutz mit beachtenswerten Ergebnissen. Wir fassen die Geschehnisse der vergangenen Tage zusammen.


Here to Stay 2.0
29. Oktober 2007

Seit einigen Monaten haben sich die Bewohner_innen der letzten linken Wohnprojekte in Göttingen in der Kampagne Here to Stay organisiert. Für diese vom Studentenwerk vermieteten Häusern gelten als letzte noch kollektive Mietverträge. Als Notwendigkeit für die Schaffung linker Freiräume finden die Bewohner_innen – als Relikt aus überholten Zeiten meint das Studentenwerk. Letzteres will die kollektieven Mietverträge in einzelne umwandeln, was die Bewohner_innen als Angriff auf ihre selbstverwalteten Strukturen empfinden. Sie organisierten bereits eine Demonstration, eine Wanderkundgebung und eine Ausstellung über Häuserkämpfe in Göttingen, um auf ihre Belange aufmerksam zu machen. Jetzt reagiert das Studentenwerk mit einem offenem Brief, in dem es jegliche politischen Absichten weit von sich weist und Here to Stay bittet, bei der Wahrheit zu bleiben. Wir dokumentieren an dieser Stelle diesen offenen Brief:


Aktionswochenende zum Erhalt linker Freiräume
17. Oktober 2007

Linke Freiräume sind dieses Jahr ein großes Thema in Göttingen. Im Sommer feierte das Jugendzentrum Innenstadt, welches sich als einen solchen Freiraum versteht, seinen 25. Geburtstag. Die Kampagne Here to Stay kämpft seit dem Frühjahr für den Erhalt selbstverwalteter Wohnstrukturen in Göttingen. Die Antifaschistische Linke International zieht nun nach und veranstaltet am kommenden Wochenende ein Aktionswochenende „Linke Räume erkämpfen und verteidigen“. In diesem Rahmen findet auch das Fire & Flames Festival statt.


Der Göttinger Literaturherbst sagt ab: Matinee mit Autor und Geschichtsverdreher Jörg Friedrich
13. Oktober 2007

Seit 1992 findet jährlich der Göttinger Literaturherbst statt, dessen selbstgesetzte Aufgabe es ist, „eine jährliche Momentaufnahme der Gegenwartsliteratur“ zu liefern. Daher werden von der Göttinger Literaturherbst GmbH die verschiedensten Literat_innen eingeladen, die dann vor Publikum aus ihren Werken lesen, Fragen beantworten und im Anschluß Widmungen in die verkauften Exemplare ihrer Bücher schreiben und was Literat_innen eben sonst noch so tun. Auch das diesjährige Programm wartet mit einiger Vielfalt auf. Inmitten dieser Vielfalt, von der der Göttinger Literaturherbst lebt, taucht jedoch ein Name auf der stutzig macht: Jörg Friedrich. Der Historiker Friedrich steht für seine Thesen bezüglich des alliierten Bombenkriegs gegen Deutschland in der Kritik und gilt als Geschichtsrevisionist und Holocaust-Relativierer. Die geplante Matinee-Veranstaltung wurde nun abgesagt.


Das letzte linke Uniseminar
10. Oktober 2007

Dem Studium haftet immer noch die Eigenschaft an, Bildung zu verbreiten. Bildung allerdings ist nicht immer gleich Bildung. Sie meint in der einen Variante die Auseinandersetzung des je einzelnen Menschen mit seiner Umgebung und seinen Mitmenschen, um so so tatsächlich zu einem Individuum zu werden. In einer anderen Variante meint sie allerdings die Unterordnung des Menschen unter die Anforderungen der Gesellschaft: sie ist nichts als pure Ausbildung. In der Geschichte der modernen Bildung haben sich beide Prinzipien immer ein hartes Gefecht geliefert. Zur Zeit sieht es so aus, als hätte das (neu-) humistische Bildungsverständnis keine Chance im Vergleich zur totalitären Anforderung der Gesellschaft, sich ihr und ihren Notwendigkeiten bedingungslos zu unterwerfen. Und so besteht das für den Bachelor durchstrukturierte Studium aus standartisierten Lernmodulen, die individualisierte Stundenpläne und autonomes Lernen schon von vornherein ins Reich der Phantasie verweisen. Dazu kommt, das die (auch unabhängig davon) angebotenen Lehrinhalte eher dazu tendieren, die bestehenden Verhältnisse zu stärken – anstatt sie zu hinterfragen. Was allerdings, und darum soll es hier gehen, nicht für alle Seminare gilt. In einem langwierigen Prozess haben wir uns daher aufgemacht, die letzten kritischen Uniseminare für euch rauszusuchen. Viel gefunden haben wir nicht. Aber immer. Wer also zwischendurch Bedarf nach
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Einheitsparty – Oder doch lieber Feiertag verschlafen?
30. September 2007

Es gibt Wörter, die sind im alltäglichen Gang von medialer Berieselung und privatem Getuschel einigermaßen selten anzutreffen. Das Wort „Revolution“ etwa dürfte dazugehören – erst recht in einer positiven Konnotation. In den letzten Tagen jedoch taucht es immer mal wieder mal auf. Möglich wird das nicht nur dadurch, das vom seit der französischen Revolution üblichen Sprachgebrauch (Revolution = gewaltsamer Umsturz) abgewichen wird, und von einer „friedlichen Revolution“ die Rede is. Geadelt wird die Revolution, von der hier die Rede ist, vor allem dadurch, das sie staatlicherseits als Feiertag begangen wird und uns einen zusätzlichen freien Tag beschert.


Die neue Radikalität – Strike-Bikes aus Nordhausen
22. September 2007

Streiken ist in Deutschland momentan nicht gerade besonders „in“. Die Streikquote liegt weit unterhalb derer Spaniens, Italiens und Frankreichs. Von einer eigenständigen Streiktradition und kann ebensowenig gesprochen werden wie von einem politischen Bewusstsein dafür, das sowas schon eigentlich auch okay ist. Das liegt sicherlich, wenn auch nicht ausschließlich, mit dem zusammen, was für gewöhnlich als „Korporatismus“ bezeichnet wird: das Gewerkschaften nämlich stets bemüht (und dazu auch qua Verfassung verpflichtet) sind, das große Ganze im Blick zu behalten. Gestreikt wird eben nur, wenn es dem Standort Deutschland nicht schadet und zudem die Interesse des Betriebes ebenso gewahrt bleiben wie die der ArbeitnehmerInnen. Was eine einigermaßen blödsinnige Regelung ist für ein politisches Kampfinstrument, das doch gerade darauf zielt, dem Betrieb wehzutun.