Post-Kritik und Wert-Operaismus – oder wie? Ein Interview zum „… ums Ganze!“ Kongress vom 7. – 9.12. in Frankfurt am Main
von am 1. Dezember 2007 veröffentlicht in Lokalpolitik, Politik, Themen

Überall in Göttingen sind sie in letzter Zeit aufgetaucht: Die babyrosanen und himmelblauen Aufkleber und Plakate mit den seltsamen Fremdwörtern und dem Hinweis auf den Kongress des „… ums Ganze!“ Bündnisses, der Anfang Dezember in Frankfurt am Main stattfinden wird.

Bei „… ums Ganze!“ handelt es sich um ein linksradikales Bündnis, dass sich anlässlich der G8 Proteste gegründet hat, im Frühjahr diesen Jahres mit einem längeren Text dazu an die Öffentlichkeit trat und auf der Großdemonstration in Rostock mit einem eigenen Block vertreten war, der mit ungefähr 3000 Menschen die Erwartungen weit übertroffen hat. Danach war von dem Bündnis einige Monate nichts zu hören und zu sehen, die Nachbereitung der G8 Mobilisierung ist erst vor einigen Tagen auf der Homepage des Bündnisses und bei indymedia, einer linken Info-Plattform veröffentlicht worden. Doch nun: der Kongress.

In Göttingen ist das Bündnis gleich durch zwei Gruppen vertreten, durch Gegenstrom und die redical [m]. Um mal genauer herauszufinden, was es mit diesem Kongress eigentlich auf sich hat – und auch um den Göttingerinnen und Göttingern, die nach Frankfurt fahren, einen kleinen Eindruck von dem zu geben, was sie dort erwarten wird, habe ich Alexandra K. stellvertretend für die redical [m] zum Interview gebeten.

irrgärtnerin: Ihr organisiert als Teil des „… ums Ganze! Bündnisses“ vom 7. bis zum 9. Dezember den Kongress „No way out? Von (Post-) Operaismus bis Wertkritik“ in Frankfurt am Main mit. Erklärt uns doch mal kurz, warum ihr diesen Kongress veranstaltet?

Alexandra K.: Nach unseren Erfahrungen bezüglich der G8 Proteste in Heiligendamm und der Zeit davor halten wir es nach wie vor für sinnvoll, eine theoretische Hinterfragung der kapitalistischen Gesellschaft und die durch sie entstehenden Probleme zu ermöglichen. Uns erschien hierfür die Option eines Kongresses als die angebrachteste Form, da diese es ermöglicht, viele relevante Themenfelder aus verschiedenen theoretischen Blickwinkeln zu betrachten.

irrgärtnerin: Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte und wie ist der Kongress aufgebaut?

Alexandra K.: Wie der Titel schon sagt, dreht es sich um die beiden linken Theorieströmungen (Post)Operaismus und Wertkritik, aber nicht ausschließlich. Diese beiden Erklärungsansätze haben wir allerdings als Schwerpunkt gewählt, da wir sie für die Ansätze halten, die sowohl zum gegenwärtigen Zeitpunkt am bedeutendsten für die Linke als auch in der Lage sind, gesellschaftliche Probleme zu erklären.

Der Freitag beginnt mit Einführungen in eben jene Theorierichtungen, um alle TeilnehmerInnen auf einen möglichst gleichen Wissensstand zu bringen und somit die folgenden Veranstaltungen für alle verständlich zu gestalten. Diesem Anspruch versuchen wir auch bei jeder einzelnen der Veranstaltungen gerecht zu werden. Außerdem wird es beim Kongress auch einen Reader geben, der ebenfalls Erläuterungen zu den Veranstaltungen anbietet. Es muss also niemand fürchten, aufgrund mangelnden Vorwissens nichts zu verstehen oder nicht mithalten zu können.

Samstags gibt es Veranstaltungen, die sich mit gesellschaftlichen Grundkategorien wie Staat, Recht, Arbeit und der Krise der kapitalistischen Produktion beschäftigen. Am Sonntag finden verschiedene Workshops sowie große Podiumsdiskussionen darüber statt, was das all das in den vorigen Tagen diskutierte nun für eine linke Bewegung bedeuten könnte. An dieser Stelle möchten wir auch auf die von uns moderierte Veranstaltung „Neue Imperialismustheorien/ Globalisierung/ Empire“ am Sonntag um 12.30 Uhr hinweisen. Wird sicherlich spannend!

irrgärtnerin: Und wie ist bisher so die Resonanz auf eure Initiative?

Alexandra K.: Die umfangreiche Resonanz erfreut uns und zeigt auch, dass der Wunsch nach einer inhaltlichen Debatte durchaus vorhanden ist. Dies zeigt sich sowohl an den Erfahrungen der „…ums Ganze!“ Gruppen vor Ort als auch an Diskussionen über den Kongress, die z.B. in der „Jungle world“, einer linken Wochenzeitung, seit einigen Wochen geführt werden.

Wenn beim Kongress die Erwartungen genauso übertroffen werden, wie dies bei unserem Block auf der Grossdemonstration in Rostock der Fall war, wäre es wohl ganz gut, sich vorher über die anzumelden, damit alles gut geplant und organisiert werden kann. Die Anmeldung für den Kongress, der übrigens auch keinen Eintritt kostet, ist über die Kongresshomepage möglich.

irrgärtnerin: Könnt ihr vielleicht noch ein paar Worte zum Organisatorischen verlieren? Was müssen potentielle TeilnehmerInnen denn beachten?

Alexandra K.: Wie bereits gesagt, der Kongress an sich ist kostenlos. Es wird einen Infopoint geben, an dem auch Schlafplätze vermittelt werden. Es ist sicher sinnvoll, Schlafsack und Isomatte mitzubringen. Eine Anfahrtsbeschreibung findet sich ebenfalls auf der Kongresshomepage. Nicht zu kurz kommt natürlich auch das Vergnügen, am Samstagabend wird eine rauschende Kongressparty stattfinden.

irrgärtnerin: Gibt es denn schon Planungen für die Zeit nach dem Kongress? Wie soll es mit „…ums Ganze!“ weitergehen?

Alexandra K.: Auch wenn wir natürlich noch keinen festen Jahresplan für 2008 haben, sind sich alle im Bündnis vertretenen Gruppen darüber einig, dass es gemeinsam weitergehen wird. Hierbei wird es darum gehen, aus den Erkenntnissen des Kongresses zu lernen und diese auch auf die konkrete politische Arbeit zu beziehen. Wie dieses weiter aussehen wird, wird sich in nächster Zeit zeigen, man darf also gespannt bleiben und einiges erwarten.

irrgärtnerin: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem Kongress.

Alexandra K.: Wir bedanken uns ebenfalls. Ich hoffe, wir sehen uns beim Kongress.

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11 Kommentare auf "Post-Kritik und Wert-Operaismus – oder wie? Ein Interview zum „… ums Ganze!“ Kongress vom 7. – 9.12. in Frankfurt am Main"

  1. SmashPatriarchy sagt:

    klingt alles nach „revival-of-the-hauptwiderspruch“. da war die linke schon mal weiter…

  2. @SmashPatriarchy

    Hahaha! Die Stunde des uninformierten Pöbels ist gekommen oder was?

    Hier mal ein kleines Zitat aus dem UmsGanze :

  3. doctor know-it-all knows even better... sagt:

    naja, nichtsdestotrotz fällt ja schon ein wenig auf, dass sämtliche Veranstaltungen auf dem Kongress ziemlich ökonomistisch unterwegs zu sein scheinen… nix zu rassismus, antisemitismus, patriarchat (zugegeben: einen! workshop gibt´s, in dem es um geschlecht und arbeit geht), homophobia, ideologie etc. lässt sich da finden…. daher kann mensch durchaus das gefühl bekommen, dass dieses „Berücksichtigen von anderen Herrschaftsmechanismen“ zwar immer schön mit aufgesagt wird, aber in der Praxis und in Theoriedebatten erstmal außen vor bleibt…. da scheinen dann Anspruch (der von doofdisco zitierte Grundlagentext) und Realität (das Programm des Kongresses) doch etwas außeinanderzugehen… und das sollte man schon auch mal reflektieren, denke ich.

    Nichtsdestotrotz finde ich ja den Kongress erstmal unterstützenswert, und ich lasse mich dort auch gerne noch positiv überrascheln.

  4. @dorfdisco

    worte sind schall und rauch. an ihren taten werdet ihr sie erkennen!

  5. Tja da war die Linke tatsächlich schon mal weiter und hatte, in einigen Teilen zumindest, erkannt, dass es für die richtige Tat schon einer richtigen Kritik bedarf. Von daher sind die Worte die den Taten vorausgehen nicht ganz unwichtig.
    Gute Nacht!

  6. nur das es hier scheinbar zu der richtigen tat gar nicht kommt… insofern sind die worte die den taten vorausgehen auch nicht alles.

  7. einer sagt:

    was ist den die richtige tat? steht die irgendwo geschrieben, sorry habe gerade keine bibel für linksradikale zur hand. mich interessiert vielmehr ob theoretiker_innen des postoperaismus sich mit auschwitz auseinandergesetzt haben. immer wenn ich von denen was lese scheint der ns bei ihnen gar nicht vorzukommen. mag daran liegen, dass ich die falschen einführungen gelesen habe, aber auch bei holloway, der ja angeblich aus der kritischen theorie viel mitgenommen hat, habe ich da noch nix entdeckt. da postoperaismus ja in teilen der gö-linken en vogue ist, wäre ich über einen sachdienlichen hinweis dankbar.

  8. @ SmashPatriarchy

    Ich habe gewiss nichts gegen Rumstänkern und Pöbeln, aber bitte mit ein wenig mehr Stil!
    Gehts dir jetzt eigentlich darum, dass du kein All-Inclusive-Pauschalangebot bekommst wo der der gute Linke in 2 Tagen mal kurz ne Habhandlung über alles schlechte in der Welt bekommt? Dann musste wohl doch eher zu irgendwelchen noG8-Camps in die Pampa fahren, die haben für alle was dabei: AntiPatriachat, Clowns, Veganerei oder AntiNazis und bestimmt auch nen ganz duften Sitzkreis mit Handzeichen ( voll so anti-hirachisch). Ob es allerdings Sinn macht Möglichst viel Themen in wenigen Tagen zu diskutieren stelle ich mal schwer in Frage, ich finde sogar, dass beim UG-Kongress eher zu viel vorkommt und vermisse ein, zwei Fragestellungen die sich als roter Faden durch die gesamte Veranstaltung ziehen – und angesichts der in letzter Zeit formulierten Ökonomiekritiken innerhalb der Linken (Siehe G8) kann es bestimmt nicht schaden genau dort einen Schwerpunkt zu setzten. Den generellen Ausschluß (also auch außerhalb des Kongress) von anderen Themen unterstellst übrigens du, ich habe bei UG noch nichts in diese Richtung gelesen oder gehört.
    Und lieber/s „SmashPatriarchy“ immer nur darauf zu verweisen was fehlt, ohne auch nur im Ansatz zu erklären WARUM dies fehlt bringt die Diskussion nun auch nicht wirklich weiter.
    Für Interessierte empfehle übrigens den bei EoB, da kommt ein wenig mehr bei rum. Tschüssi!

  9. Also tut mir leid, aber da spricht ja das Ressentiment nur so raus, aus dem was du schreibst. Du kannst ja gerne deinem Antifeminismus und deiner Fleischfresserei fröhnen, Aber dann steh wenigstens dazu und tu nicht so, als ginge es dir in Wirklichkeit um Emanzipation.

    Auf dem Niveau tut das echt nicht Not, da gehe ich doch !

  10. mobster sagt:

    Dorfdisco: Also ich würde Dich sofort auf eine leckere Currybrat einladen 😉
    Und dann nachher zur LAG?

  11. double f sagt:

    Nach Gründen zu Fragen, warum ein Thema wichtiger als das andere ist, ist ressentimenthaft? Du kannst ja Dorfdiscos Polemik scheiße finden, aber deine Reaktion entspricht einfach der beleidigten Leberwurst die sich angegriffen fühlt und sich deshalb auf den Planeten Nett zurückzieht. Wer so schnell mit Urteilen wie „Hauptwiderspruchslogik“ dabei ist, sollte auch eine Antwort ertragen können, die vielleicht nicht so freundlich, inhaltlich aber trotzdem nicht falsch ist. Guck dir einfach mal die Kongress- und Bündnisseite an oder ließ dir, wie gesagt, die Debatte bei eob durch.

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