Alles Elite oder was? Kleine Anmerkung zur Exzellenzinitiative
von am 4. November 2007 veröffentlicht in Hintergrund, Unipolitik

Die Uni Göttingen hat sich mit ihrem „Zukunftskonzept zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung“ bei der Exzellenzinitiative des Bundes beworben und konnte sich nun vor nicht all zu langer Zeit, auch durchsetzen. „Projektbezogener Ausbau der universitären Spitzenforschung“ zeigt an, in welche Richtung es geht: einerseits geht es um Forschung und nicht um die Lehre. Und andererseits geht es um projektbezogene Forschung, also nicht um ein durchgängig hohes Forschungsniveau, sondern um einzelne Spots, die aus der Masse herausragen.

Das hat der Universitätspräsident Kurt von Figura dann auch bestätigt: „Wir sind glücklich und stolz auf diesen Erfolg. Es ist uns gelungen, die Kräfte innerhalb der Universität und am Wissenschaftsstandort in einmaliger Weise zur gemeinsamen Arbeit an unserem Zukunftskonzept zu versammeln.“ Kräftebündelung heißt dabei in erster Linie: Umstrukturierung. Alte, bewährte Forschungs- und Lehrkonstellationen wurden auseinandergerissen und zu einer Form ganz besonderer Effizienzsteigerung neu zusammengefügt: Wo Interdisziplinarität zum Modewort wird, müssen alle immer ihre Anschlussfähigkeit an andere Forschungsbereiche nachweisen. Die vielgerühmte Fächervielfalt ist dann allerdings eher Mythos: die Politikwissenschaft etwa wurde unlängst mehr oder weniger abgewickelt und soll lediglich zur ergänzenden Ausbildung von Lehramtsstudierenden dienen. Das dadurch die Interdisziplinarität in anderen Fächer (Soziologie, Geschichte, VWL, Jura, Geschlechterforschung… ) geschädigt werden könnte, spielte dabei keine Rolle.

Ganz ähnlich lief der Hase vor einigen Jahren, als der tatsächlich Exzellente Studiengang der Medien- und Kommunikationswissenschaften geschlossen wurde. Bestens evaluiert musste er doch ins Gras beißen. Grund: die angesetzten Mittel waren zu gering, um das Niveau langfristig halten zu können, hätte mehr investiert werden müssen. Dafür wollte aber niemand Geld ausgeben – so das der Laden der einfachheit halber geschlossen wurde.

An diese und ähnliche Scherze erinnert sich heute niemand mehr und sogar der AStA der Universität gratuliert dem Präsidium zu seinem Erfolg. Die Ergänzung, es müsse nun alles getan werden, neben der Forschung auch in der Lehre Exzellenz zu werden, ist zwar nett gemeint, dürfte an der universitären Realität wohl aber deutlich vorbeigehen. Schließlich hat der Präsident bereits betont, auch weiterhin auf die „Stärken als Forschungsuniversität“ bauen zu wollen. Und das heißt eben im Umkehrschluss, das die Lehre ein eher notwendiges Übel darstellt.

Die weiterhin in überfüllten Hörsäälen versammelten Studierenden, die trotz Studiengebühren mit einem stets kleiner werdenden Veranstaltungsangebot klarkommen sollen, werden also nichts davon haben, das sie jetzt Elite sind. Ganz im Gegenteil: auch für die Zukunft können sie sich darauf gefasst machen, das der eine oder andere Euro in Richtung Forschungsoptimierung umgeleitet wird – was sich dann aber praktischerweise durch höhere Studiengebühren ausgleichen ließe. Alles im Lot auffem Boot!

Entsprechend gibt es auch durchaus grundsätzlichere Kritik an der Idee von Elite-Universitäten im Allgemeinen und der Exzellenzinitiative im Besonderen. Der AStA der FU Berlin etwa bezeichnete sie als Versuch, „einzelne Universitäten zu vermeintlichen Leuchttürmen aufzubauen“ und forderte statt dessen „eine umfangreiche Ausfinanzierung aller Bildungsbeteiligten“. Und tatsächlich ist schon die Grundidee dieses neuesten Schreis wissenschaftspolitischer Verschlimmbesserungen nicht unproblematisch. Schließlich beruht sie auf der ganz grundsätzlichen Auffassung, das sich eine Gesellschaft sinnvollerweise in „Elite“ und „Masse“ aufteilen ließe. Wobei die Elite voranzuschreiten und die Masse zu Folgen habe. Hier geht es nicht mehr um sachbezogene Überlegungen, sondern um die Durchsetzung bestimmter gesellschaftspolitischer Vorstellungen.

Die Unterschiede zwischen „guten“ und „schlechten“ Universitäten, die aus einer langjährigen Entwicklung von unterschiedlicher Ausfinanzierung, wissenschaftspolitischen Entscheidungen, Verflechtungen mit Politik und Ökonomie etc. entstanden sind, werden so als geradezu natürliche Überlegenheit dargestellt – und durch die Zusatzförderung noch verstärkt. Mit dem Erwerb und der Weitergabe von gesellschaftlich sinnvollem Wissen, mit Bildung und demokratischer Teilhabe in einem emphatischen Sinn hat es allerdings nicht viel zu tun.
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Georgia Augusta ist mit „Zukunftskonzept“ in der Exzellenzinitiative erfolgreich
http://www.uni-goettingen.de/de/sh/32632.html

AStA gratuliert, mahnt aber gleichzeitig
http://asta.uni-goettingen.de/index.php?id=928

FU wird Eliteuni – kein Grund zum Feiern
http://www.astafu.de/aktuelles/archiv/a_2007/presse_10-19

»Elite«: Ein anti-egalitaristischer Kampfbegriff
http://www.linksnet.de/artikel.php?id=1463

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2 Kommentare auf "Alles Elite oder was? Kleine Anmerkung zur Exzellenzinitiative"

  1. ri0t sagt:

    eine frage: du wunderst dich nciht wirklich über die gratulation des asta’s an die uni oder?

    ansonsten guter artikel. klar sollte sein, dass die elite-unis die nächste stufe in bezug auf umstruktierung der unis, nach der einführung von studiengebühren sind. und das eben diese, die erwähnte umverteilung zwischen den studiengängen weiter forcieren.
    ein nettes detail ist nämlich, dass der status ja nur befristet ist und die förderung durch den elite-status nur kleine fachbereiche trifft. diese müssen aber, damit die förderung nach 5jahren fortgesetzt wird forschungsfortschritte aufweisen, die schöen bezeichnung „nachhaltigkeit“ trifft hier relativ gut zu.

    ansonsten kann ich nur die texte der sinistra aus ffm empfehlen, besonders die folgenden:
    – An die ehemals bunten Aktionärinnen und zukünftigen Fachidiotinnen
    http://www.copyriot.com/sinistra/reading/studi9.html
    – Fin de l’université
    http://www.copyriot.com/sinistra/reading/texte/fin.html

  2. ... sagt:

    ich verstehe das argument hier nicht wirklich… wieso sollte eine umerteilung der lehrmittel in richtung der forschungsmittel gehen? es mag durchaus stimmen, dass vom zusätzlichen geld ein hoher anteil in die forschung geht (was ansich ja auch erstmal nicht dumm ist…), jedoch bezweile ich, dass die lehrmöglichkeiten sich durch diese förderung ansich verschlechtern…

    der hinweis darauf, dass eine allgemein bessere bilungsförderung nötig wäre ist richtig und würde ich auch teilen, jedoch sehe ich nicht, inwiefern diese entscheidung – für mich! – negative konsequenzen hat, und das kann man dann auch erstmal so sagen.

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