Von Brettern und Gitarren – Konzertkultur in Göttingen
von am 7. Oktober 2007 veröffentlicht in Musik, Neu in dieser Stadt

Mit der Konzertkultur ist das in Göttingen so eine Sache. Die Stadt habe diesbezüglich nichts zu bieten behaupte die einen, die anderen fühlen sich mit der Konzertauslastung pudelwohl. Das mag in dem engen Kreis der Lokalitäten begründet sein, die überhaupt Konzerte veranstalten, wohl aber auch an der zuweilen auffallenden Einseitigkeit des angebotenen Bühnenprogramms. Dennoch: wer genau hinschaut, findet eine Menge. Fast jede Woche des Jahres hat mehrere Konzerte zu bieten.

Fangen wir mit dem alteingesessensten Laden an: dem Nörgelbuff. Der sympatische Kellerladen in der Groner Straße hat eine lange Tradition, er wurde das erste Mal 1950 als Liveclub eröffnet. Im Jahr 2005 hatten die Betreiber bei über 200 Konzerten im Jahr auf die Sparten Rock, Jazz, Folk und Blues gesetzt. Dann musste eine Zwangspause eingelegt werden, bis das Nörgelbuff in diesem Frühjahr wieder eröffnen konnte. Die Neueröffnung wurde von der Ankündigung begleitet, man wolle das Programm erweitern. Und so kam es auch: neben Liedermachern und der immer montags auftretenden NB Houseband finden mittlerweile sogar erste Versuche statt, im Nörgelbuff Punkrock Konzerte zu veranstalten. Eigentlich gibt es dort nun fast alles: Electropop, Jazz, Funk, Indie, Rock und Pop.

Die zweitälteste Location der Stadt ist der Theaterkeller in der Geismar Landstraße. Das Reportoire des regelmässigen Treffpunktes vieler linker Menschen der Stadt erstreckt sich von anspruchsvollem Punkrock über Rock’n’Roll bis hin zu Independent und manchmal gar elektronischen Tönen. Zuletzt zu Gast waren Bands wie Against Me!, Bernadette La Hengst, Sixtie Stories oder Egotronic. Fast schon regelmässig tritt die Kapelle The Robocop Kraus im T-Keller auf. Sympatisch verkommenes Ambiente und mehr als faire Preise runden das Bild ab und wem mal 20 Cent fürs nächste Getränk fehlen, greift einfach in das Umverteilungsglas. Mehr als 5 Euro kosten die Konzerte hier übrigens nie.

Gleich über dem T-Keller befindet sich das Café Kollektiv Kabale, welches in den selben politischen Kontext wie sein Nachbar einzuordnen ist: Sexismus und Rassismus werden hier nicht gedultet. Dafür aber von Zeit zu Zeit nette kleine Konzerte aus den Bereichen Indie und Pop. Auf dem alljährlichen Sommerfest war in diesem Jahr beispielsweise Der Tante Renate zu Gast. Ausflüge in Richtung Elektropunk und Jazz bereichern ebenso den Terminkalender. Das Kabale veranstaltet eher selten Konzerte, ist aber trotzdem jeder Zeit einen Besuch wert.

Musikalisch eher schwierig einzuordnen ist das Exil in der Prinzenstraße. Der eher klein geratene Rest einer ehemaligen Großraumdisco namens Outpost, in welcher häufiger Bands wie die Sportfreunde Stiller oder Mad Caddies zu Gast waren, zeigt sich bei seinem Konzertangebot vielseitig. Haftet dem Laden eigentlich ein eher düsterer Touch an, die eher selten stattfindenen Konzerte richten sich jedoch an ein anderes Publikum. Zuletzt war beispielsweise die Indiepopband Pale zu Gast. Jeden dritten Donnerstag findet eines der Highlights der Göttinger Konzertlandschaft statt: die Boogie’n’Blues Küche. Reichlich mit Talent beseelte Musiker präsentieren alte Boogie-, Blues-, Jazz- und Rock’n’Roll-Stücke, dass einem die Kinnlade runter fällt. Empfehlenswert!

Wöchentlich gleich mehrere Konzerte hat das uninahe Café Kreuzberg am Kreuzbergring zu bieten. Zumeist freitags und samstags spielen hier Bands aus den Bereichen Punkrock, Ska, Emo und weiteren Spielarten des Rocks. Die hier auftretenden Künstler sind allzuoft nicht wirklich bekannt, jedoch trotzdem häufig sehenswert. Leider sind die Konzerte oft nicht gut besucht und Plakate findet man selten, aber wer die Augen und Ohren offen hält kann es vermeiden, die eine oder andere gute Band zu verpassen. Als eine Art Institution hat das Café Kreuzberg das alljährliche Liedermaching Festival zu bieten: an jeweils zwei Tagen spielen hier zahlreiche Liedermacher aus Göttingen und anderswo.

Eher selten bietet die kleine Rodeo Bar in der Jüdenstraße Konzerte an. Zu allem Übel lassen sich diese wenigen Konzerte auch nicht in eine Schublade stecken. Mal Psychobilly, mal Rock’n’Roll, mal Alternative. Aber auch ohne Konzerte schmecken die Cocktails hier famos.

Regelmässig finden hingegen Konzerte im Jugendzentrum Innenstadt – kurz JuZI – statt. Das selbstverwaltete linke Zentrum hält die Do-it-yourself-Fahne hoch und läd Punkrock-, Ska- und Hardcoreformationen aus aller Welt zu sich ein. Einige namhafte Bands haben im Laufe ihrer Karriere im JuZI halt gemacht. Da wäre zum Beispiel die schwedische Hardcoreformation Refused, Walter Schreifels Bandprojekt Rival Schools und viele andere. Erst kürzlich spielten die nun im Musikfernsehen präsenten Turbostaat dort eine Show. Ein genauer Blick auf die dort spielenden Bands kann sich also durchaus lohnen. Und trotz verschlossen wirkender Behausung sind die Leute hinter der Theke meisstens ganz nett.

Das (für zentralistische Göttinger Verhältnisse) etwas ausserhalb gelegene Kulturzentrum musa feiert in diesem Herbst 30-jähriges Jubiläum und kündigt gleich mehrere Feierwochen an. Zur Unterhaltung werden im Herbst zahlreiche Bands geladen, darunter Rantanplan und Bastards Sons of Johnny Cash. Aber auch ohne Geburtstag finden hier regelmässig Konzerte, meisst aus den Bereichen Ska und Punkrock, statt. Auch neben den Konzerten bietet die musa vielfältige Kulturangebot.

Kommen wir zu den großen Hallen. Derer hat Göttingen gleich zwei: Die Lokhalle und die Stadthalle. Beiden ist gemein, dass sie eher selten relevante Künstler aus der Popkultur auf die Bühne holen. In der Lokhalle schauten in den letzten Jahren Die Toten Hosen und Die Ärzte vorbei, die Stadthalle hatte Wir sind Helden zu Gast. Ansonsten lassen sich dort auch schonmal Jeanette Biedermann und Hannes Wader blicken. Die Eintrittspreise scheren sich hier nicht viel um den in Göttingen etablierten Grundsatz, nicht mehr als fünf Euro Eintritt zu nehmen. Sie messen sich vielmehr am bundesweiten Durchschnitt. So wird man hier auch schon Mal über 20 Euro los.

Ein unregelmässiges Spektakel ist die Night of the Clubs. Viele Clubs der Stadt, in diesem Jahr waren es 12, schliessen sich zusammen und verwandeln die Göttinger Innenstadt in ein großes Festivalgelände. Als „Stargast“ traten im April 2007 Chumbawamba im Jungen Theater auf. Bei der Night of the Clubs werden auch schonmal Lokalitäten zum Schauplatz von Konzerten, in denen sonst keine Konzerte stattfindenen.

Was Göttingen seit der Verwandlung der oben erwähnten Outpost in einen Supermarkt fehlt, ist eine Location für Konzerte der Größenordnung 200 Besucher aufwärts. Aber nichts desto trotz gibt es anderweitig nicht viel zu meckern: es dürften schliesslich einige hundert Konzerte sein, die in dieser Stadt alljährlich gegeben werden. Die Termine erfahrt ihr, versteht sich von selbst, auf dieser Internetseite.

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4 Kommentare auf "Von Brettern und Gitarren – Konzertkultur in Göttingen"

  1. Leserin sagt:

    Nicht zu vergessen das alljährlich stattfindende Fire&Flames Festival: http://www.fireandflames.com

  2. irrgärtnerin sagt:

    dann sollte aber auch das „antifee“ nicht unerwähnt bleiben!
    dieses jahr war s TOLL und nächstes jahr findet es hoffentlich wieder statt!

  3. Aktuelles sagt:

    hi, wenn ihr den Artikel schon empfehlt, sollte er vielleicht aktualisiert werden.??
    rodeobar und cafe kreuzberg (in der alten form) gibt es doch gar nicht mehr oder? viele grüße..

  4. Rakete sagt:

    Du hast vollkommen recht. Sobald Zeit dafür gefunden wird, ändere ichs. Kann sich nur noch um Jahre handeln…

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