Rezensionen

Dinosaur Jr. – Revenge Of The Nerds?
2. Juni 2007

Bei manchen Bands, die plötzlich wieder da sind, da steht oft in großen Lettern: Sie Sind Wieder Daaaaaa! Man stelle sich folgenden Satz vor: Sie Sind Wieder Da – Dinosaur Jr.! Das klingt nach Energie, nach Elan, nach Überschwang, nach Pop, nach Wiederkehr, nach Action, aber nicht nach Dinosaur Jr. Joseph Donald Mascic, ein Mann, jetzt, wie eine Burg. Mascic ist groß, fett, nicht angezogen, die langen Haare hängen grau und unmotiviert herunter, die Augen schauen durch riesige Brillengläser. So schaut Mascic dieser Tage, meist freundlich verschmitzt, von den Titelblättern mancher Musikgazette. Es würde niemanden wundern, wenn dieser Mann abends Pfandflaschen aus Mülleimern sammelt. Mascic ist jetzt 41 Jahre alt, er sieht ungleich älter aus, und seine Band Dinosaur Jr. ist wieder da!


Helden der Arbeit?
28. Mai 2007

Nachdem Wir sind Helden im Sommer des Jahres 2003 ihr erstes Album „Reklamation“ veröffentlichten, schufen sie ganz nebenbei mit „Guten Tag“ und „Müssen nur wollen“ gleich die beiden inoffiziellen Hits der 2003er Studi-Proteste mit. Seitdem gelten die vier fröhlichen Menschen aus Berlin als „irgendwie politisch“ und Spiegel-Online fragte unlängst: „Wie klingt das linksalternative Milieu?„. Dabei hatte sich die Band mit ihrem zweiten Album „Von Hier an Blind“ doch ziemliche Mühe gegeben, das Polit-Label loszuwerden. Wer „Gekommen um zu bleiben“ als Polit-Song hören wollte, musste schon chronische Haubesetzerin mit Popmusik-Fable sein.


Nine – Wer Metal sagt muss auch…
15. Mai 2007

…core sagen. Nur gut das Nine nicht komplett in dieser Neurockerfindung hängen geblieben sind. In dem was sich Metalcore schimpft, gibt es Licht und Schatten. Sehr viel Schatten, sehr wenig Licht, dafür halbe Jogginghosen mit Beinprint und viele Tattoos. Das Licht von Nine ist wohl der überproportionalen Anwendung puren Rocks zu verdanken, genau das macht meiner Ansicht nach It’s Your Funeral aus. Nur ist das eben alles auch nichts besonderes, den die Grundrezeptur der Schweden stimmt von Anfang an. Das musikalische Grundgerüst vorangegangener Platten stimmte, Daniel Bergstrand produzierte – was zur Hölle hätte überhaupt schiefgehen sollen? Das ausgerechnet eine Platte einer Band die sich im Dunstkreis so vieler schwierigen Stile bewegt derartig groovt ist dann doch überraschend. Vor allem da mir gerade Nine doch etwas eintönig vorkamen auf den älteren Releases. Ein Funke davon ist auf It’s Your Funeral noch zu hören. Der Groove ist manchmal so bestimmend, dass die LP insgesamt an manchen, wenigen Stellen etwas konturlos wirkt. Trotzdem stimmt die verhaltene, sehr düstere Atmosphäre. Die Melodien sind der Hammer! Mit mehr Mut zum Experiment könnte die nächste Nine LP eine absoluter Hammer werden. Sollten es nicht mehr dazu kommen treten Nine dennoch würdevoll ab. Nine – It’s Your
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Unterbewertet oder vergessen – Aus John K.’s Plattenkiste. Teil 2: Abhinanda.
20. April 2007

Heute: Abhinanda „Rumble“ Die meisten Leute die ich kenne, die mit einer umfangreicheren Plattensammlung gesegnet sind, die stellen meistens einen Teil ihrer Platten gesondert ab. Das was mehr als zweimal im Jahr die kosmische Ehre erhält, auf den Plattenteller zu gelangen, wird einer besonderen Kaste zugeordnet. Hier muss man sich nicht die Hände waschen, aber doch die Platte mal abwischen vorm abspielen. Bei mir befindet sich diese besondere Plattenkaste lehnend an meinem Regal. Es sind die besseren Platten. Die besseren Platten des letzten Vierteljahres. Momentan steht ganz vorne die LP „Enter“ der Band „Russian Circles“. Dazu jedoch irgendwann anders mehr. 1998 stand bei den allermeisten Leuten eine Platte ganz weit vorne. Die Platte hieß „The Shape of Punk to Come“, die Band hieß Refused, sie kam aus einer Stadt im Norden Schwedens, die den wenig klangvollen Namen Umeå trägt. Umeå ist wirklich ein Scheißkaff!


Unterbewertet oder vergessen – Aus John K.’s Plattenkiste. Teil 1: Piebald.
12. April 2007

Heute: Piebald „If It Weren’t For Venetian Blinds It Would Be Curtains For Us All” Wer zur Hölle ist eigentlich Marcus Garvey? Und wer bitte heißt Assata Shakur? Ich kenne nur Tupac Shakur. Und der ist Tod. Aber bevor wir uns dieser Frage zuwenden, kommen wir zu etwas ganz anderem. Rock’n’Roll ist scheiße. Er hat oft schlechte Manieren, viele seine Kinder sind missratene Vollidioten, und zu allem Überfluss hat Rock’n’Roll ein leider nur dürftig ausgestattetes Gedächtnis. Es ist wie so oft, wenn man Ostern, oder an den Heiligen Drei Königen mit den Lieben beisammen sitzt und sich die Dias der vergangenen Jahre ansieht. Dann sieht man bei Keks und Kuchen plötzlich die doofe Tante Marta, die immer nur in die Backe gekniffen hat, während sie einen blöd anglotzte, und ihr Erbe später einer karitativen Organisation zur Verfügung stellte.


Matulas Kuddel – ein Album von Freunden
5. April 2007

Ich sah Matula zum ersten Mal letzten Dezember. Sie spielten eine von einem meiner besten Freunde organisierte Show gemeinsam mit den befreundeten Labelkollegen Kurhaus, begleitet vom befreundeten Labelchef. Und wenn ein Bandmitglied neben dir steht, Bier trinkt und erzählt, dass er sich von seinem Teleshoppingjob hat krank schrieben zu lassen, um mit seiner Band auf Tour zu gehen, dann sind diese Jungs schnell auch irgendwie deine Freunde. Freunde, die nun ihre erste Platte veröffentlichen.


31Knots – Musik geboren zum Streit.
4. April 2007

Es gibt Bands die gefallen. Die gefallen von der ersten verdammten Note. Sie gefallen allen, man merkt sich jede verdammte Note. Manche tanzen dann dazu, die Platten werden gekauft und mit hohlen Augen betrachtet man die Band dann irgendwo live, kauft das T-Shirt, geht nach Hause und wartet bis die nächsten Idioten kommen, die genauso klingen wollen (und dann auch werden). Fertig. Dann gibt es Bands die es einem von Anfang an schwer machen, die einen immer wieder neu in die Irre führen.


Some – Musik geboren im Streit
25. März 2007

Bei Göttinger „Kellerbands“ ist das ja immer so eine Sache: wirklich gut sind da die wenigsten, wenn wir mal ehrlich sind. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, wenn die plakatierte Ankündigung, „Some“ aus Göttingen spielen im Club XY erstmal nicht weiter für aufsehen sorgt und oftmals ignoriert wird. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nunmal nicht. Bei Some jedoch lohnt sich ein genauerer Blick, zumindest wenn man Gefallen an Postpunk und vertracktem, nichtbrachialen Hardcore findet.


Es geht doch! Korn unplugged
19. März 2007

Die meisten Reviews für das neue Korn-Album wurden – wie sollte es auch anders sein – von eingefleischten NuMetal-Fans geschrieben und entsprechend: ganz furchtbar, ein zu erwartender Trend fortgesetzt. Die letzten Alben waren ja schon lahm, das da noch unplugged draufgesetzt werden muss, war ja fast zu befürchten. Zu viel Mainstream, zu wenig abgefahren. Die Tendenz dürfte klar sein. Mein Verhältnis zum NewMetal war nun aber immer ein eher entspanntes. Weshalb ich mir auch ganz entspannt die Unplugged-Session von Korn reinziehen konnte. Und begeistert war. Gerade im Vergleich zum lahmarschigen Gezupfe so mancher anderer mtv-unplugged Produktion ist die Korn-Variante angenehm frisch und lebendig.


ten cities of green concorde
18. März 2007

“What would you choose not to loose?” Die Antwort auf diese Frage hängt wahrscheinlich immer davon ab, was man gerade verliert oder gerade verloren hat. Der Kranke möchten sein Leben nicht verlieren, der Verlassene möchte seine Liebe nicht verlieren und das Kind nicht seinen verbusselten Teddy. Die Band Green Concorde aus Kopenhagen fragt sich dies in einem ihrer nachdenklichsten Lieder auf ihrem ersten eigenen Album „ten cities“. Das Album handelt von ihrer Rastlosigkeit und der immerwährenden Suche nach Zufriedenheit. Aber sie hängen zwischen zehn verschiedenen Orten – ten cities eben. Sie scheinen niemals irgendwo anzukommen und befinden sich immer in einem Zustand der Unruhe.