Zukunftsvertrag

Beschlüsse aus dem Hinterzimmer
von am 20. Mai 2012 veröffentlicht in Lokalpolitik, Rotstiftmilieu, Titelstory

Kürzungen im Bereich Kultur

Im Bereich der Kulturzuschussverträge mit diversen kulturellen Institutionen der Stadt, z.B. dem Apex, Rockbüro, KAZ, Musa, Lumiere, Literarisches Zentrum und Stadtradio, wird zukünftig auf eine Steigerungsklausel verzichtet. Diese Klausel basiert auf dem Lebenshaltungsindex. In den nächsten Jahren werden die genannten Institutionen also die steigenden Lebenshaltungskosten, also die Inflation, selbst tragen müssen. So kann die Stadtverwaltung weiter von Förderung sprechen, ohne das böse Wort „Kürzung“ in den Mund nehmen zu müssen. Auch dies ist ein Beispiel für die Rechenkünste der lokalen Behörden. Patrick Humke erwähnt, dass 2011 noch von direkten Kürzungen gesprochen wurde, die jeweils unterschiedlich hoch waren. Über die Steigerungsklausel werden zumindest alle gleichermaßen benachteiligt.

Die in den „Humke-Leaks“ von 2011 befürchtete Schließung des Jungen Theaters ist nach dem Ratsbeschluss eher unwahrscheinlich. Damals sei eine Kürzung des Zuschusses für das Junge Theater von 590.000 Euro im Gespräch gewesen. Statt zu kürzen, soll nun zusammengelegt werden (V054). Durch die geplante Kooperation mit dem Deutschen Theater stehen dem JT viele Änderungen ins Haus, auch wenn der „Theaterstandort Otfried-Müller-Haus“ erhalten bleibt und „auch die künstlerischen Ziele und Identitäten beider Theater gesichert “ werden solle, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Zu befürchten sind Entlassungen, in Folge der sogenannten „Synergieeffekte“, also der Zusammenarbeit und Zusammenlegung der beiden Theater. Humke kritisiert: Damit wolle man „mittelfristig die Anzahl der Ensemblemitglieder und der Theaterpädagogen reduzieren, um Kosten zu sparen. Das geht zum einen zulasten der Qualität und des Angebots und zum anderen werden die schon jetzt schlecht bezahlten Kulturschaffenden dort in die Armut getrieben.“

meyer zerknittert

Wolfgang Meyer nach dem Beschluss im April

Das Kapitel Rotstiftmilieu hat mit der Verabschiedung der Beschlussvorlage einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Da der Zukunftsvertrag aber erst im Juni zum endgültigen Abschluss kommt, sieht Humke noch Handlungsmöglichkeiten: Es sei notwendig „diesen Vertrag immer wieder anzugreifen, damit er gekippt wird und möglichst bei einem Politikwechsel im Land und Bund zurückgenommen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Einrichtungen bis dahin erhalten werden können.“ Vorhaben wie die Anhebung der Grundsteuer oder die Streichung der Schulessen-Zuschüsse wurden zwar im sogenannten Bürgerdialog diskutiert, letztendlich aber doch genauso beschlossen, wie sie im April 2011 im Hinterzimmer schon angedacht waren. Die Verantwortung einer drohenden, unpopulären Schließung des Freibads Weende konnte die Stadtverwaltung geschickt an den Förderverein abdrücken. Diese Fälle zeigen, dass den Bürger_innen im Rahmen des sogenannten Bürgerdialog lediglich die Gelegenheit gegeben wurde, zu bereits beschlossenen Kürzungsplänen ihre Meinung zu äußern – ohne Konsequenzen.

Text: Hank Scorpio
Fotos: Harvey

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