Platten zum Fest!
von John K. Doe am 18. Dezember 2007 veröffentlicht in Musik, TexteWeihnachten. Wer sich noch nicht mit den Eltern verkracht hat, weil man mit 15 schwanger geworden ist oder beschlossen hat sein Geld mit Vollzeitarbeit als Jongleur in der Fußgängerzone zu verdienen, der wird dieser Tage vielleicht angerufen von den verzweifelten Erzeugern und hört Sätze wie: „Wat willste denn zum Fest, Kind?!“
Es ist also Zeit nachzuholen und einige der Tonträger, Jahrgang 2007, nachzuordern, ohne selbst zu bezahlen. Ich alter Menschenfreund helfe dabei und schlage ein paar Scheibchen vor, die vielleicht unter den Tisch gefallen sind und wenigstens jetzt unter die Nordmanntanne gehören!
2007 war ein gutes Plattenjahr. Lassen wir mal ein paar Enttäuschungen beiseite, wie Jimmy Eat World’s belangloses Radio-Plättchen oder die unverfrorene Ode an die Langweile, dargeboten von The Killers. Und wem sitzt nicht noch das schockierend unnötige Werk der vormaligen Assis Muff Potter im Genick. Aber der Schatten im Plattenregal hielt sich in Grenzen.
Kommen wir zum Wunschzettel. Ganz klar, wer Blonde Redhead’s „23“ noch nicht hat, der weiß was zu tun ist. Mutti bekommt die Platte auch im Saturn. Genauso siehts mit „A New Beat From A Dead Heart“ von 108 aus, für mich eine der Platten des Jahres. Aber das hatten wir ja alles schon bei MoG! Hier das was unbedingt noch in den Plattenschrank gehört (neben der, der, der, der, der, der, und vor allem der!
Glös „Harmonium“
Eigentlich meine Überraschungsplatte, zu der ich kam, wie die bekannte Jungfrau zum Kinde. Hoffentlich werde ich nicht auch noch gekreuzigt. Auf der Schwelle des Plattenladens wurde sie mir quasi aufgeschwatzt und da ich nichts bezahlen brauchte, griff ich zu. Ganz ehrlich, normalerweise landen solche Platten in den Untiefen des Regals und verschwinden ungehört in alle Ewigkeit. Glös landeten in einem Anfall von Langweile auf dem Plattenteller – und dort verweilte die Platte. Lange! Glös bestehen aus Denali, Sparta und Engine Down-Personal und haben eine ganz grandiose Platten hingelegt, die unfassbar melancholisch geraten ist. Mal ganz nebenbei, auch Sparta waren ja nicht untätig. „Threes“ hätte man sich vielleicht an manchen Stellen sparen können, wäre da nicht ein Song wie „Crawl“. Gut, zurück zu Glös.
Da steckt so ein Funken Blonde Redhead drin, aber die Ideen sind anders umgesetzt und auf eine andere Weise dicht. Und irgendwie gingen Glös trotz dieser großen Platte etwas unter – trotz des Beifalls seitens der Indie-Presse. Es fällt schwer Glös zu vergleichen, man denkt manchmal an Hoover, aber die Idee geht schnell wieder unter. Eine ganz eigene Platte. Ein absolutes MUSS!
Lvmen „Mondo“
Überraschend an Lvmen war vor allem, dass die längst vergessene Band plötzlich wieder da war. Die Tschechen hatten Jahre zuvor schon mal alles richtig gemacht. Auf „Raison d’etre“ lieferten Lvmen ein ziemlich bedrohlich wirkendes Werk ab. Da steckte viel Neurosis drin, manchmal auch so ein Anflug Ambush. Die Platte war finster, von der Band hatte man danach Ewigkeiten nichts gehört. Dann plötzlich eine Tour 2006. Da verpasste ich das Comeback erstmal, als ich zu spät auf dem May Conspiracy Festival eintraf. Hier hatten Lvmen gerade ihren letzten Akkord gespielt. Dafür durfte ich eine kolossal miese Band sehen Namens Gregor Samsa, bei der es mir noch heute kalt den Rücken herunter läuft. „Mondo“ kam zwar schon 2006, aber sind wir mal nicht so. „Mondo“ führt den Weg von „Raison d’etre“ ganz konsequent weiter. Düster, schwerfällig mit reichlich Samples. Wer auf Isis steht bekommt hier ordentlich was auf die Ohren. Im Isis-Wahn gab es eine Unmenge von Klonen. Ich erinnere an Tephra’s „A modicum of truth“, ganz überragend produziert, voll auf den Punkt – aber man hört zuviel von den Vorbildern. Hier brillieren Lvmen. Ich bin geneigt zu sagen: Ein absolutes MUSS!
The Smackdown „Someone has to kill the handwriter“
Smackdown haben ihre letzte LP zwar ebenfalls bereits 2006 herausgebracht – aber mal ehrlich, angesichts der furiosen Live-Show, die Smackdown im nun fast vergangenen Jahr hingelegt haben, ist das völlig nebensächlich. Für viele war bereits 2 Minuten nachdem die Band die Bühne verlassen hatte klar: Das war das Konzert 2007. Daran besteht kein Zweifel. Trotzdem war 2007 für die Schweden kein gutes Jahr! Die Band hatte mit einem Krankheitsfall zu kämpfen, der die Band inzwischen auf Eis gelegt hat. Ein Schritt, vor dem ich großen Respekt habe! Was die Band auf der Bühne darbot, schafft die Platte natürlich nicht ganz. Aber der Wahnwitz bleibt schon irgendwie erhalten. „Someone has to kill the handwriter“ ballert wirklich erbarmungslos schnell aufs Trommelfell. Geklaut wird bei Black Flag, bei Slayer und bei Mötley Crüe, und wer da noch die Beine stillhalten kann, dem kann ich auch nicht mehr helfen!
Malkovich „Kings N’Bosses“
Immer gut, wenn man bei der Frage „Wie klingen die denn?“ erstmal nur gucken kann, wie die Kuh ins Uhrwerk. Malkovich ist eine Band, die sich größeren Kategorien entzieht. Irgendwie Metal, irgendwie Hardcore, irgendwie Punk, irgendwie Refused, irgendwie…ach scheiße, ich weiß auch nicht! Wer gerade den einen Pfad der Band unterstellen will, wird sogleich wieder überrumpelt von etwas ganz anderem. „Kings N’Bosses“ ist eine derart wuchtige Platte, dass man normalerweise befürchtet, die Band verrenne sich irgendwann in Stilen und Überproduktion. Und irgendwie haben Malkovich genau hier den Mittelweg gefunden. Die etwas andere Idee taucht immer dann auf, wenn sie auch notwendig ist. Kein sinnfreies „Hör mal was wir noch so können du Arschloch!“. Wer hier auf tumben Metalcore aus ist, wird herbe enttäuscht. Ganz hervorragend!
Just Went Black „Embrace Emptyness“
Nee, Old-School ist und bleibt eben Old-School. Auch wenn man bei Hardcore da kaum mehr mitkommt, was jetzt eigentlich schon wieder New-School ist. Oder sprechen wir nun von New-School-Old-School. Egal, das alles sind Zauberwörter für Experten, bei denen Hardcore in der Regel vor allem eines nicht darf: Sich unterscheiden! Geht es nicht mehr auf die bekannte Zwölf wendet man sich enttäuscht ab und wartet auf den nächsten Shai Hulud-Klon. Na gut, wer nun so naiv ist und schon bei Begriffen wie „Old-School“ auf etwas neues wartet, ist auch selber schuld. Und bisher konnten mich Just Went Black als immerhin nicht gehirnamputierte Vertreter des Genres nicht wirklich überzeugen – bis zu dieser 10″. Da gibt es zwar nun auch nichts aus der Abteilung „Heiße Neuigkeiten – noch nie gehört“, aber Just Went Black kurbeln auf dieser Platte ein wirklich ordentliches Brett. Genau richtig produziert zum mitwippen und ausrasten. Die Platte braucht nicht mehr als dieses kleine „Einfach nur geil!“
immer noch einwenig sprachlos ob des gelungenen auftrittes in braunschweig letzte woche, würde ich diese liste gern um die neue platte der ethnojazz combo the 244gl „today we become the enemy“ erweitern – live und auf platte wie aus einem guss – ebenfalls bedenkenlos an jung und alt fürs fest als geschenk einzuplanen 🙂
die sind mir zu ethno und zu jazz – reviewen darf ich die platte leider nicht, hahahaha.
hmm schade – dann einfach mal live abpassen und selber meinung bilden, die nehmen ja eigentlich jeden newcomer wettbewerb & band contest im landkreis mit …
und verlieren dann haushoch!
was heißt der name? die 244 greenlanterns?
was auch immer das heisst – sind eh trottel!