Ärger im Revier. Presse und Polizei schweigen über Demos.
von am 25. März 2007 veröffentlicht in in eigener Sache, Lokalpolitik

Die Polizei hat ja bekanntlich alle Hände voll zu tun, „Recht und Ordnung“ durchzusetzen und gegebenenfalls auch wiederherzusetellen. Das gestaltet sich in der Regel recht abwechslungsreich, was angeblich ja auch den Reiz des Berufs der Polizistin ausmacht. Wenn es mal grade nicht darum geht, mit Mehrzweckeinsatzstock oder Tränengas unmittelbaren Zwang auszuüben oder politische Demonstrationen zu behindern, plagt die Polizei sich mit allerhand Fällen herum, die dann in einer kleinen (manchmal sogar ein wenig lustigen) Pressemitteilung erscheinen. So hält sie die Bevölkerung einigermaßen über ihre Tätigkeiten und Geschehnisse auf dem laufenden und sorgt für einen gewissen Grad an Transparenz ihrer Arbeit.

Wenn man diese Mitteilungen liest, erfährt man also von allen möglichen Aktivitäten. So konnte dem Himmel sei Dank ein Ampelausfall, verursacht durch einen Bauarbeiter, der Strom für sein Radio angezapft hatte, schnell aufgeklärt werden. Regelmäßig wird auch über Alkoholkontrollen und ertappte Radfahrer ohne Licht berichtet. All diese Dinge werden also für absolut erwähnenswert erachtet, so sieht es auch das GT und berichtet dann fleißig darüber. Bis vor kurzem gehörten Mitteilungen über Demonstrationen im Stadtgebiet auch zum Inhalt der Polizei-Pressemappe. Offenbar ist das der Polizei aber zu langweilig geworden. Die Meldungen sahen ja auch irgendwie immer gleich aus: „Der Aufzug bewegte sich unter Mitführung themenbezogener Transparente durch die X-Straße, den Y-Weg, … (…)“, „(…), …die polizeilichen Maßnahmen beschränkten sich auf die Regelung des Verkehrs und Präsenz.“ Erstaunlicherweise gab es keine solchen Meldungen in letzter Zeit, obwohl es erwähnenswerte Anlässe dazu gab:

1. Die spontane Demonstration durch die Göttinger Innenstadt wegen der gewaltsamen Räumung des Jugendzentrums „Ungdomshuset“ in Kopenhagen am 1.3.2007. An dieser nahmen immerhin 50 – 60 Personen teil, die lautstark durch die Stadt zogen. Das Göttinger Tagblatt berichtete nicht darüber. Möglicherweise weil eine entsprechende Polizeimeldung fehlte? In der Vergangenheit war oft zu beobachten, dass das GT wenigstens die Pressemitteilung, wenn auch völlig unkritisch, übernommen hat…

2. Die Demonstration „Refresh the F-Word“ am 10.3.2007. Diese Demo, die bunt, laut, kreativ (also unübersehbar) und friedlich durch die City ging, blieb von der Polizei in ihrer Pressemappe unerwähnt. Und das, obwohl bis zu 350 Menschen auf der Straße waren. Möglicherweise liegt auch hier der Fall so, dass das GT nicht berichtete, da ihm keine entsprechenden Meldungen vorlagen.

Dem Fehlen dieser Meldungen scheint eine politische Entscheidung zugrunde zu liegen, „linken“ Demos keine mediale Beachtung zukommen zu lassen. Leider kann man der Polizei schlecht vorschreiben, zu welchen Vorkommnissen sie Pressemitteilungen veröffentlicht. Das Göttinger Tageblatt, zwar ohnehin nicht als Leuchtturm kritischen Investigativjournalismus‘ bekannt, stellt hier jedoch offen seine Ignoranz zur Schau. Wichtige lokale Ereignisse, wie die oben beschriebenen, werden offensichtlich absichtlich ausgeblendet. Dies ist umso schlimmer, als das GT, nach dem „Ableben“ der Neuen Göttinger Wochenzeitung, als einzige Lokalzeitung quasi das Monopol auf die Berichterstattung über diese Themen hat. So hat es die Möglichkeit, unliebsame Ereignisse einfach zu verschweigen und beeinflusst damit auf sehr dreiste Art die Meinungsbildung seiner Leser.

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5 Kommentare auf "Ärger im Revier. Presse und Polizei schweigen über Demos."

  1. Schmendi sagt:

    Ich glaube zumindest von der Feminism-Demo hätte das GT durchaus auch ohne Polizei-Pressemitteilung Wind kriegen können. Wobei es sicherlich häufig eine schwäche linker DemomacherInnen ist, das sie sich um die Vor- und Nachbereitung in der Presse eher am Rande kümmern – wenn überhaupt. Insofern würde ich den Zusammenhang von polizeilicher Pressemappe und der Tageblatt-Berichterstattung vielleicht nicht so ganz unmittelbar sehen wollen…

  2. Fernseherin sagt:

    @ schmendi:

    angeblich gab es sogar eine pressemitteilung durch die veranstalter_innen. aber sicher weiss ich das nicht.

  3. spiegelbruch sagt:

    nach beiden demos sind pressemitteilungen an die medien verschickt worden, bei der f-word-demo gab es auch im vorfeld medieninfos – immerhin sind beide veranstaltungen in den stadtradio-nachrichten aufgetaucht. es ist halt die sichtweise der gt-redaktion, ob die kleintierausstellung oder politische inhalte wichtiger sind. und mal ehrlich: das gt wird viel zu oft viel zu überbewertet…

  4. die Flamme der Aufklärung – Ick liebe dich!

  5. Rakete sagt:

    was heisst hier monopol wofür gibt es denn MOG? 😉

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