NPD Parteitag in Northeim

Viele gegen Nazis
von am 22. Mai 2011 veröffentlicht in Neonazis, Soziale Bewegungen

Über 1000 Menschen haben am Sonntag in Northeim gegen den Parteitag der NPD demonstriert. 300 GöttingerInnen wurden von der Polizei am Northeimer Bahnhof aufgehalten und sind nach Stunden zurück nach Göttingen gefahren. In den Northeimer und Göttinger Bündnissen gegen Rechts brodelt es gewaltig.

Rund 1500 Menschen haben am Sonntag im südniedersächsischen Northeim gegen den Landesparteitag der NPD demonstriert. Allein 1100 TeilnehmerInnen hat die Polizei bei einer Demonstration des Northeimer Bündnis gegen Rechtsextremismus gezählt. „Das war die machtvollste Demonstration, die Northeim je gesehen hat“, kommentierte Northeims Bürgermeister Harald Kühle (SPD) den Protestzug. Machtvoll war auch das Auftreten der Polizei: sie war mit rund 1000 BeamtInnen aus mehreren Bundesländern im Einsatz.


Die Bündnisdemo mit LokalpolitikerInnen an der Spitze

Im Vorfeld ging in Northeim die Angst vor gewalttätigen Protesten gegen den Parteitag in der Stadthalle um. Bei einigen Geschäften in der Innenstadt waren sogar die Schaufenster vernagelt worden. „Es war im Großen und Ganzen eine friedliche Veranstaltung“, resümierte dann aber Polizeisprecher Uwe Falkenhein. Bürgermeister Kühle warb um Verständnis für seine BürgerInnen. „In einer Kleinstadt hat man größere Angst vor Demonstrationen“, sagte er. „Wir sind das ja nicht gewohnt.“

Antifaschistischer Sonnenbrand

Nicht an den Protesten teilnehmen konnten hingegen etwa 300 Linke aus Göttingen, hauptsächlich aus dem Antifaspektrum. Sie wurden von der Polizei am Northeimer Bahnhof eingekesselt. Nachdem viele von ihnen bereits am Göttinger Bahnhof durchsucht worden waren, wollten sie diese Prozedur nicht erneut über sich ergehen lassen. „Während zeitgleich Verhandlungen mit der Polizeiführung liefen, in denen die Maßnahmen als reine Formalie herunter gespielt wurden, stürmten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) in die Menge und griffen ohne erkennbare Anlässe einzelne Personen brutal aus der Menge“, schreibt die Göttinger Antifa-Gruppe A.L.I. in einer Mitteilung. Stundenlang standen die AntifaschistInnen vor dem Bahnhof, um schließlich mit dem Zug zurück nach Göttingen zu fahren. „Die Antifa wurde in Northeim in der Sonne gebraten“, hieß es in einem Redebeitrag. Dadurch sei der Parteitag ermöglicht worden.


Rangeleien zwischen Polizei und Linken am Bahnhof

Scharfe Kritik an dieser Polizeitaktik kommt von den Göttinger Jusos. „Die Polizei hat bewusst einen Konfrontationskurs gegenüber den friedlichen DemonstrantInnen gefahren“ , erklärte der Juso-Landesvorsitzende Benjamin Köster. „Von Seiten der Polizei wurden keine Versuche unternommen eine annehmbare Lösung zu finden, stattdessen wurden immer wieder Einzelne aus den Reihen der Demonstration herausgegriffen und in Gewahrsam genommen“, so Köster weiter. Ins gleiche Horn stößt die A.L.I.: „Die Polizei hat heute eindrucksvoll vorgeführt, welchen antidemokratischen Charakter das neue Niedersächsische Versammlungsgesetz hat und welches Gewaltpotential polizeiliche Spezialeinheiten wie die BFEs in sich tragen“, kommentierte eine Gruppensprecherin. „Mehr als enttäuschend und schockierend“, fand das Vorgehen der Polizei auch Verdi-Jugendsekretär Moritz Braukmüller.

Die Bündnisdemonstration mit über 1000 TeilnehmerInnen war um kurz nach 11 Uhr auf dem Mühlenanger gestartet. Zunächst wurde im Northeimer Bündnis über eine mögliche Änderung der Demonstrationsroute debattiert, um die GöttingerInnen vom Bahnhof abzuholen. Dies wurde allerdings verworfen. Rund 200 Demonstrierende schafften allerdings Fakten und liefen die Bahnhofsstraße hinunter, wo sie ruppig von der Polizei gestoppt wurden. Die Bündnisdemonstration schloß sich ihnen nach einigem Zögern an. Schließlich wartete der Demonstrationszug auf der Rückseite des Bahnhofs in der Güterbahnhofsstraße auf das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Polizei und Demoleitung über die Kontrollen am Bahnhof. Als Northeims Polizeichef Hans-Walter Rusteberg nocheinmal unterstrich, niemanden ohne Kontrolle vom Bahnhof in die Innenstadt zu lassen, zog die Demonstration unter Anleitung von Anmelder und DGB-Regionsvorsitzendem Lothar Hanisch weiter. Dies sorgt nun für Streit in den Bündnissen.

Demo in Göttingen

Die vorm Northeimer Bahnhof gekesselten AntifaschistInnen wurden nach ihrer Ankunft in Göttingen erneut im Bahnhof von der Polizei gekesselt. Bereits im Metronom soll es zu Übergriffen durch PolizistInnen gekommen sein. „So wurde ein junger Antifaschist von der Bundespolizei wegen vorgeblicher „Beleidigung“ in den Kupplungsbereich zweier fahrender Zugwaggons geschleppt und auf die sich bewegenden Metallbleche gedrückt“, heißt es in der A.L.I.-Mitteilung.


Auseinandersetzungen in der Roten Straße (Foto: Budler)

In der Göttinger Innenstadt kam es dann noch zu einer Demonstration gegen das Vorgehen der Polizei. In der A.L.I.-Mitteilung ist von weiteren Übergriffen durch BFE-Beamte und Verletzten die Rede. Die Polizei beklagt, in der Roten Straße „unvermittelt mit Fußtritten und Faustschlägen sowie Schlägen mit Transparentstangen und Fahnenstangen auf die getragenen Einsatzhelme“ von VersammlugnsteilnehmerInnen angegriffen worden zu sein. Drei Beamte seien dabei verletzt worden. Die Polizei hatte sich ohne ersichtlichen Grund vor den linken Hausprojekten in der Roten Straße aufgestellt, was für Unmut unter den Demonstrierenden sorgte.

Bratwurst gegen Rechts

„Ich überbringe Grüße der Göttinger Bündnispartner“, sagte DGB-Regionsvorsitzender Lothar Hanisch beim BürgerInnenfest auf dem Northeimer Marktplatz. Hier traten verschiedene Bands und Redner auf, während die Gäste sich mit Brat- und Currywürsten füllten. „Kommt nie wieder in unsere Stadt!“ rief Superintendent Heinz Behrens den Nazis entgegen. Die konnten das aber nicht hören: Proteste in Sicht- und Hörweite der Stadthalle waren im Vorfeld von Stadt und Polizei verboten worden. Auch die Verdi-Kundgebung nahe dem Münster war nur spärrlich besucht und entwickelte keine für die Nazis hörbare Lautstärke. „Unser Vorhaben, lautstarken Protest in der Nähe der Stadthalle zu äußern, war aufgrund des Vorgehens der Polizei am Bahnhof nicht möglich“, sagte Kundgebungsanmelder Moritz Braukmüller.


NPD-Chef Voigt auf dem Weg in die Stadthalle (Foto: Budler)

Zu dem Parteitag der NPD kamen knapp 100 Mitglieder aus dem Raum Niedersachsen. Auch NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt zählte zu den Gästen. Der ehemalige Vorsitzende der niedersächsischen NPD, Adolf Dammann, hat nicht erneut für den Vorsitz kandidiert. Wer seine Nachfolge antritt, war bis Redaktionsschluß unbekannt. Die Presse hatte die Partei ausgeschlossen.

Bereits am Samstag Abend wurde in der Northeimer Innenstadt ein Feuer in einem türkischen Gemüseladen gelegt, bei dem Sachschaden von mehreren zehntausend Euro entstand. „Das hat aber nichts mit dem NPD-Parteitag zu tun“, vermutete Polizeisprecher Falkenhain.

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3 Kommentare auf "Viele gegen Nazis"

  1. Antiatomico sagt:

    [..]
    Und so meldete sich die Northeimer Verwaltung am vergangenen Donnerstag bei der NPD . Noch am selben Nachmittag trafen der Vorsitzende des NPD – Unterbezirks Göttingen, Marco Borrmann, und das NPD – Landesvorstandsmitglied Ricarda Riefling im Rathaus ein. Die Vertreter der nationalen Partei hatten dem stellvertretenden Bürgermeister, der Polizei und weiteren Anwesenden klar gemacht, daß von nun an regelmäßig in Northeim demonstriert wird. Die Kundgebung am Sonntag unter dem Motto „Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen“ ist nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Veranstaltungen in Northeim. Es sei denn, man geht mit der Kaution runter und legt der NPD keine Steine mehr in den Weg zum Landesparteitag. Die Verwaltung blieb hart, die NPD auch. Und so verblieb man, so oder so, bis Sonntag.
    Und damit die Stadt Northeim auch versteht, wie die NPD das meint, meldete die NPD Göttingen gleich die nächste Kundgebung für den 28.05.2011 an.
    [..]
    N.S.[sic!]: Die Kundgebung am 28.05.2011 in der Innenstadt von Northeim findet trotzdem statt. Wir sind weiterhin der Auffassung, daß die Rechtsstaatlichkeit in Northeim immer noch nicht hergestellt ist.
    Aus:
    http://www.npd-niedersachsen.de/index.php/menue/24/thema/725/id/2508/anzeigemonat/05/anzeigejahr/2011/infotext/Der_Weg_zum_Parteitag/Aktuelles.html

  2. death_souls sagt:

    stimmt das eigentlich, dass dieser eine PHK wirklich „straßenköter“ heißen soll? das gerücht geht seit ner weile rum, im bahnhof soll er seinen namen wieder zum besteh gegeben haben. …was ihm wohl peinlich war …

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