Bündnisstreit

Spaltung gegen Rechts
von am 22. Mai 2011 veröffentlicht in featured, Soziale Bewegungen

In den Northeimer und Göttinger Bündnissen gegen Rechts sind nach den Demonstrationen am Sonntag in Northeim Streitereien ausgebrochen. Dass die Bündnisdemonstration nicht auf die am Northeimer Bahnhof eingekesselten AntifaschistInnen gewartet und energischer auf deren Freilassung gedrängt hat, sorgt für Zwist. Bereits im Vorfeld gab es Streit. Update: Grüne Jugend fordert personelle Konsequenzen.

„DGB-Chef spaltet die Bewegung

Horst Reinert

„Die Demoleitung in Northeim hat versagt, weil sie die vierstündige Einkesselung der ca. 300 Menschen auf dem Northeimer Bahnhof zugelassen hat“, sagte Göttingens SPD-Stadtverbandsvorsitzende Horst Reinert und kritisiert damit den DGB-Regionsvorsitzenden Lothar Hanisch. „Zahlreiche SPD-Mitglieder, Jusos, Grüne, Gewerkschafter und andere friedliche Personen wurden somit unter den Generalverdacht der Gewaltbereitschaft gestellt.“ Die Polizei hatte sich geweigert, die AntifaschistInnen ohne individuelle Kontrollen in die Northeimer Innenstadt zu lassen. Hanisch hatte nach kurzen Verhandlungen mit der Polizei resigniert und war mit der Bündnisdemo weiter gezogen. „Es tut mir leid, aber der Druck war zu groß“, entschuldigte Hanisch sein Vorgehen in Northeim. Dies müsse in den nächsten Tagen aufgearbeitet werden, „damit es künftig nicht wieder zu solchen Situationen kommt, die das Bündnis gegen Rechts spalten“, sagte Reinert.


Polizeichef Rusteberg und Gewerkschafter Hanisch im Gespräch

Auch die Verdi-Jugend kritisiert das Vorgehen der Demoleitung „aufs Schärfste“, sagt Verdi-Jugendsekretär Moritz Braukmüller. „Die Kolleginnen und Kollegen am Bahnhof wurden im Stich gelassen.“ Die Antifa-Gruppe Redical M twitterte am Sonntag Nachmittag: „DGB-Chef spaltet Demo. Beteiligt euch daher nicht weiter an dieser Demo, sondern supportet die Menschen vor & am Bahnhof.“

Die Antifa-Gruppe A.L.I. kritisierte einzelne RepräsentantInnen aus dem Northeimer Bündnis. „Deren Ankündigung im Vorfeld, die Polizei werde sich ‚um die DemonstrationsteilnehmerInnen aus Göttingen kümmern‘, ist offenbar von der Polizeiführung als Freifahrtschein für eine Verhinderung einer gemeinsamen Demonstration gewertet worden“, heißt es in einer A.L.I.-Mitteilung. „Dem Gedanken der antifaschistischen Solidarität wurde am heutigen Tag in Northeim großer Schaden zugefügt“, erklärte eine Sprecherin.

Bereits im Vorfeld kam es zu Streit in den Bündnissen, weil sich Einzelpersonen aus dem Northeimer Bündnis, die auch dem Göttinger Bündnis angehören, von den Aufrufen von Antifa-Gruppen distanziert hatten. Mehrere Gewerkschaften überlegen indes, das Northeimer Bündnis gegen Rechtsextremismus aufgrund der als undemokratisch empfundenen Entscheidungsfindungen zu verlassen.

Update 24.5.:

Die Grüne Jugend Northeim fordert mittlerweile den Rücktritt des DGB-Regionsvorsitzenden Lothar Hanisch und der Vorsitzenden des Northeimer DGB-Ortsverbandes, Erika Goebel, von ihren Posten als Vorsitzende des Northeimer Bündnisses gegen Rechtsextremismus. In Northeim sei am Sonntag „eine Spaltung der Demo in Kauf genommen“ worden, da die Versammlungsleitung nicht auf die am Bahnhof festgehaltenen gewartet hatte. „Desweiteren sind wir mit den Dingen, die im Vorfeld im Northeimer Bündnis gegen Rechts abliefen, nicht einverstanden“, schreibt die Grüne Jugend. „Die Distanzierung von ALI und JAG, die an die Presse weitergegeben haben, war nicht im Bündnis abgesprochen und wir fanden diese sehr bedauernswert.“

Auch von der Landesarbeitsgemeinschaft Rechtsextremismus/Antifaschismus der niedersächsischen Linksfraktion kommt Kritik. Es sei „besonders tragisch“, dass der „brutale Polizeieinsatz nur dadurch ermöglicht wurde, weil die Demonstrationsleitung unfähig war, die auf dem Bündnistreffen beschlossene Einheit des antifaschistischen Widerstandes umzusetzen“, heißt es in einer Stellungnahme.

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2 Kommentare auf "Spaltung gegen Rechts"

  1. Antiatomico sagt:

    Nächte Bewährungsprobe:

    [..]
    Und so meldete sich die Northeimer Verwaltung am vergangenen Donnerstag bei der NPD . Noch am selben Nachmittag trafen der Vorsitzende des NPD – Unterbezirks Göttingen, Marco Borrmann, und das NPD – Landesvorstandsmitglied Ricarda Riefling im Rathaus ein. Die Vertreter der nationalen Partei hatten dem stellvertretenden Bürgermeister, der Polizei und weiteren Anwesenden klar gemacht, daß von nun an regelmäßig in Northeim demonstriert wird. Die Kundgebung am Sonntag unter dem Motto „Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen“ ist nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Veranstaltungen in Northeim. Es sei denn, man geht mit der Kaution runter und legt der NPD keine Steine mehr in den Weg zum Landesparteitag. Die Verwaltung blieb hart, die NPD auch. Und so verblieb man, so oder so, bis Sonntag.
    Und damit die Stadt Northeim auch versteht, wie die NPD das meint, meldete die NPD Göttingen gleich die nächste Kundgebung für den 28.05.2011 an.
    [..]
    N.S.[sic!]: Die Kundgebung am 28.05.2011 in der Innenstadt von Northeim findet trotzdem statt. Wir sind weiterhin der Auffassung, daß die Rechtsstaatlichkeit in Northeim immer noch nicht hergestellt ist.
    Aus:
    http://www___npd-niedersachsen___de/index.php/menue/24/thema/725/id/2508/anzeigemonat/05/anzeigejahr/2011/infotext/Der_Weg_zum_Parteitag/Aktuelles.html

  2. mussausgefuelltwerden sagt:

    Und wie ist es nun aus Teilnehmendensicht gelaufen? „Gelaufen“ ist eigentlich gar nichts – aber mal der Reihe nach. Aus Sicht des Göttinger Bündnisses gegen Rechts, das gemeinsam mit ca. 400 Aktivist*innen dorthin gefahren ist, war es wohl eine echte Pleite: Wir wurden am dortigen Bahnhof sofort von massiver Bundespolizei gestoppt, sollten uns alle einzeln einer Personenkontrolle und Durchsuchung unterziehen, bevor wir überhaupt das Bahnhofsgelände hätten verlassen und Richtung Innenstadt hätten gehen dürfen. Damit waren wir nicht einverstanden – und durften dann volle vier Stunden in praller Sonne auf dem Bahnhofsvorplatz rumstehen. Bewacht von immer wieder bedrängenden und auch mal reinstürmenden Bundespolizisten (u.a. aus Hannover und Köln, „BPH II“). Begründung dafür war: „Vorfelderkenntnisse“ hätten zur Anordung dieser Vorkontrollen für alle geführt, würden von „ganz oben“ kommen und damit seinen individuelle Gefahrenprognosen nicht mehr nötig (so einer der polizeilichen Konfliktbeamten, die sich wie immer nur am Rande und abseits vom Geschehen rumdrückten). Andererseits meinte er dann, daß „sicher 95% der Leute hier friedlich demonstrieren“ wollen würden – auf die Gegenfrage, wo dann die Verhältnismäßigkeit des Ganzen bliebe, schwieg er nur noch.

    Das sogenannte Northeimer Bündnis gegen Rechts hat sich super-solidarisch gezeigt: nachdem deren Demo-Anmelder bereits sofort von dieser Schikane unterrichtet wurde, ließ er uns nach eineinhalb Stunden mitteilen, daß er mittlerweile „überlegen“ würde, vielleicht die Demoroute dann bei uns am Bahnhof vorbei zu führen, um uns abzuholen, wenn wir schon nicht zum eigentlichen Demo-Ort gelassen würden. Nach über zwei Stunden kam dann die Meldung, daß sie nun tatsächlich in unsere Richtung aufbrechen würden – in der Folge dann zog deren Demo mit ca. 1000 Leuten jedoch nicht zu uns, sondern auf die andere Bahnhofsseite, um dort „auf uns zu warten“ – was den Polizei-Einsatzleiter zu der hämischen (weil mehrfach wiederholten) Durchsage verleitete, wir könnten uns nun alle der Demo anschließen, wenn wir doch nur noch schnell die Einzelkontrollen und Durchsuchungen hinter uns brächten, um dann zur Demo zu gelangen, die doch schon auf uns warten würde. Nach ein paar Minuten Warten spaltete sich auch schon diese tolle Northeimer Bündnis-Demo, weil es deren Anmelder angeblich nicht gelang, seine Leutchens „noch länger“ zum Warten zu bewegen – in der Folge soll ein Drittel einfach weitergezogen sein, während die anderen sich noch für über eine weitere halbe Stunde auf die Straße setzten. Den Versuch, eine Parallelstraße weiter zu uns zu ziehen, hat das Northeimer Bündnis nie unternommen. Bei uns war dann nach vier vollen Stunden Sonnenbad die Entscheidung, wieder geschlossen in den nächsten Zug nach Göttingen zu steigen und gemeinsam und ungefilzt den Rückweg anzutreten. Bis dahin hatte es schon mehrfaches gezieltes Herausgreifen einzelner Personen aus unserem Block durch BFEs gegeben.

    Der Rückweg der ganzen 30 Meter Northeim in den Zug ging ganz gut, allerdings bekamen wir massive Bundespolizeipräsenz im selben Zug in allen Einstiegsbereichen mit auf den Weg. Und direkt beim Halt auf dem Göttinger Bahnhof erfolgte beim Aussteigen ein erneuter Zugriff direkt in der Zugtür! Auch zeigte sich, daß wir auch sonst schon gut vorbereitet empfangen wurden: wir wurden durch BFE sofort ruppig aus dem Bahnhof gedrängt – hinein in eine Wagenburg aus Stoßstange an Stoßstange an den Bahnhofsausgang aufgereihten Wannen. Dort sollte nun die Einzelkontrolle und Durchsuchung stattfinden, die ihnen in Northeim nicht gelungen war!

    Unterschied in der Situation zu vorher: in Northeim war längere Zeit ein Kamerateam vom NDR bei uns, ebenso diverse Pressevertreter, mehrere Fotografen und auch live Hörfunk – nun in Göttingen jedoch niemand mehr davon. Erst nach einiger Zeit, während der den Staatsbütteln eine wirklich eindrucksvolle Demonstration ihrer Polizeistaatsverhältnisse an die zahlreichen sonstigen Reisenden am und um den Göttinger Bahnhof gelungen war, und der Anmeldung einer Spontandemo in die Innenstadt wurde diese Wagenburg geöffnet (draußen zeigte sich dann auch, wer uns hier begrüßte: die Hundertschaften aus Braunschweig, Hannover, Göttingen und Oldenburg – in der Reihenfolge ihres Auftauchens) und wir konnten unter massiver Polizeibegleitung von dort Richtung altes Rathaus in die Stadt ziehen. Dort „verflüchtigte“ sich unsere Demo dann plötzlich durch eine spontane Richtungsänderung und die Auflösung in einen großen Innenhof … die Polizei blieb allerdings mit einem massiven Wannenaufgebot in der gesamten Stadt noch Stunden länger präsent.

    Oh, und wenn die Meldung in Kommentar 1 stimmt, „NPD kündigt ‚REGELMÄßIGE‘ DEMOS IN NORTHEIM an – Start schon am nächsten Samstag, 28.5.“ !! – dann unter den Northeimer Bürgerlichen der ganzen Sache mit ihrem Auftreten heute und in den letzten Tagen ja

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