Ein würdiger Elch: Helge Schneider
von am 18. Dezember 2009 veröffentlicht in Fotos, Popkultur

Nicht irgend ein Quatschkopf, sondern der größte Quatschkopf des Landes sollte ihn bekommen: den 12. Göttinger Elch, den einzigen Satirepreis Deutschlands. Mit diesen Worten leitete Moderator Lars Wätzold von der Comedy Company die Gala am Abend des 5. Dezember im ausverkauften Deutschen Theater ein. Den größten Quatschkopf fand die Jury in Helge Schneider, der nun um 3333,33 Euro und 99 Dosen „original Göttinger Elch-Rahmsüppchen“ reicher ist und sich auch im Laufe des Abends mehr als würdig erwies, für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden.

Die Gala funktioniert nach Schema F, mehr oder weniger so wie wohl alle Preisverleihungen ablaufen. Oberbürgermeister Wolfgang Meier verliest sein Grußwort, sympatisch und mithin sogar etwas witzig. Der Onkel von der Sparkasse erzählt, dass seine Bank das Preisgeld gestiftet hat und überhaupt das tollste Geldinstitut der Welt ist (O-Ton des souveränen Wätzold: Wir paktieren mit den Krisengewinnern!). Die Biermösl Blosn, Preisträger aus dem Vorjahr, geben sich die Ehre und sorgen für einige Lacher.

Die Laudatio hält Rocko Schamoni, Dorfpunk, Pudelclubbesitzer, Musiker und Autor aus Hamburg, der im Schneider-Film Jazzclub einen Außerirdischen mimte. Hier wird es erstmals wirklich witzig diesen Abend. „Was ist ein Helge Schneider?“ fragt Schamoni. „Eine etwa 1,70m lange Rombe, mit verschiedenen zapfenartigen Gliedmaßen, die wie planlos am Körper anmontiert scheinen, mit langen fusseligen Haaren am oberen Rand und einem Einfüllstutzen gefüllt mit Esseneresten und Batteriesäure, umhült mit modischen Lederapplikationen der Marke Pirate Style, gefunden von einem Archäologen in einem alten Schuppen in der Nähe von Duisburg – ist das schon alles?“


Laudator Rocko Schamoni, Helge Schneider, Oberbürgermeister Wolfgang Meier. Im Hintergrund: Harry Rowohlt.

Nein, das ist es nicht. Helge Schneider ist mehr als seine bloße Erscheinung und Schamoni bringt es in seiner höchst amüsanten Laudatio auf den Punkt. 20 Jahre kennen die beiden sich, und alles begann mit der Platte Helge Schneider – seine größten Erfolge. „Spitzen Titel für einen, von dem noch nie einer irgendwas gehört hatte“, sagt das Hamburger Original. Kurz danach kam Katzenklo, „der Rest ist Weltgeschichte“, verbeugt sich Schamoni sodann. „Als ich dich vor 20 Jahren traf, wusste ich gleich, dass du mal ganz groß raus kommst“, soll Schneider im Vorfeld zur Verleihung zu Schamoni gesagt haben. „Und heute darfst du meine Laudatio halten.“ Und diese war dem Laudierten mehr als angemessen.

Helge Schneider selbst macht die Verleihung mit all ihren Peinlichkeiten zum Gegenstand seiner Satire. „Erst wollte ich den Preis zurückweisen“, sagt er. „Göttinger Elch? Was ist das? Will man mich verhonepiepeln?“ Ohnehin nehme er sonst eigentlich wenige Preise an, schwadroniert der Ausgezeichnete. „Man kommt sich immer doof vor. Die Leute geben einem Geld. Dann denkt man: schon wieder Geld! Schon wieder! Wieder das selbe: Geld. Aber da habe ich gedacht: Suppe!“ Helge Schneider, der nie aus seiner Rolle fällt, ja seine Rolle ist, sagt im Interview nach der Verleihung, er freue sich sehr über den Preis, denn jetzt wisse er, wofür er das alles gemacht hat. Und natürlich meint er das nicht ernst.

Eine Dreiviertel Stunde Bühnenprogramm gibt Helge Schneider im Anschluß an die Verleihung zum Besten, urkomisch, saugut. Auf dem Drahtseil zwischen Drehbuch und Improvisation bringt er sein Publikum zum Jauchzen – auch wenn er es immer wieder beleidigt. „Ich bedanke mich bei den Menschen, die in dieser Stadt leben müssen.“ urteilt er über die Preisgeberstadt: „In der Abgeschiedenheit, im politischen Outback, in der Wüste“, nur um die Situation betont ironisch wieder gerade zu rücken: „Ich liebe diese Stadt mehr wie mich selbst. Und das will was heißen!“

Schneider musiziert, interagiert mit dem Publikum, improvisiert, macht Stand-Up-Comedy. „Ich könnte noch stundenlang mit euch Quatsch machen – ich hab‘ aber keine Lust mehr!“ sind Helges letzte Worte. Für’s erste: im März kommt er mit seinem neuen Bühnenprogramm in die Stadthalle.

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Ein Kommentar auf "Ein würdiger Elch: Helge Schneider"

  1. Rakete sagt:

    Beim NDR gibts nen kurzen Videomitschnitt der Verleihung nebst einen mäßig spannenden Beitrag über den Künstler himself: http://www.youtube.com/watch?v=mZfUtFk2Zt4

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