Im Weltraum hört dich niemand schreien – Pandorum
von am 13. Oktober 2009 veröffentlicht in Leinwand, Texte

Schon mal was von Pandorum gehört? Nein? Kein Wunder. Wie sollen Normalsterbliche der Gegenwart auch jemals von einer psychischen Störung gehört haben, die sich gelegentlich bei längeren Flügen durch den tiefen Weltraum einstellt? Zumal diese Krankheit auch noch fiktiv ist. Psychologie mal beiseite, Pandorum ist auch der Titel eines aktuellen Science Fiction- / Horrorfilms, der vom Schicksal der Besatzung des Kolonisierungsschiffs Elysium handelt. Dieses wird in ferner Zukunft gestartet, um den erdähnlichen Planeten Tanis zu besiedeln. Warum? Klaro, die Erde ist natürlich im 22sten Jahrhundert überbevölkert wie die U-Bahn in Tokio. Wer schon mal mehr als zehn brauchbare Science Fiction-Filme gesehen oder -Bücher gelesen hat, wird mit dem Szenario vielleicht vertraut sein.

Die Elysium ist also der Schauplatz der Handlung, ein gigantisches Raumschiff voll mit menschlichen Siedlern im Kälteschlaf und DNS-Material sämtlicher Arten der Erde, welche unglücklicherweise kurz nach dem Start der Mission das zeitliche gesegnet hat. Das Schiff wird in Schichten von jeweils zwei Jahren von einer je dreiköpfigen Flugcrew gesteuert, die jeweils die nächste Crew aus dem Kälteschlaf weckt. Als die Piloten Bower und Payton aufwachen stellt sich schnell heraus, dass einiges schiefgelaufen sein muss an Bord: kein Strom, keine Crew weit und breit, und erinnern können sie sich auch an fast nichts. Offenbar ist mehr Zeit verstrichen als geplant. Unter Gedächtnisverlust leidend macht sich Bower auf, den endgültig in der Abschaltung begriffenen Reaktor des Schiffes neuzustarten, um wieder die Kontrolle über die stahlgewordene Arche Noah zu erlangen, während Payton ihn per Funk dirigiert – ein Wettlauf gegen die Zeit. Er trifft im beklemmenden Labyrinth des Schiffsinneren auf andere Überlebende und seltsame Mutanten, die, mit übermenschlichen Kräften ausgestattet, in bester Steinzeitmanier Jagd auf alles machen was sich bewegt. Bower schliesst sich mit der Biologin Nadia und dem Agrararbeiter Nanh zusammen, die ebenfalls nicht wissen, was mit der Elysium passiert ist. Erst der Koch Leland (eine Anspielung auf die Figur aus Twin Peaks?), der schon erheblich länger wach ist, kann ihnen berichten was sich während der langen Reise durchs All an Bord schreckliches zugetragen hat…

Pandorum dürfte Sci-Fi- und Horror-Fans gleichermaßen irritieren. Während die deutsch-amerikanische Co-Produktion gleich zu Anfang durch filmisch erzeugte beklemmende Atmosphäre und düstere Kulissenoptik a la ALIEN oder Resident Evil besticht, gleitet sie zwischenzeitlich in ein Tal der Langeweile und Vorhersehbarkeit ab. So überraschen Genrevertraute die meisten der immerhin zahlreichen Wendungen des Films wohl nicht unbedingt. Erst ganz am Ende wird noch einmal das Tempo angezogen und die Story gebrochen, was den Mittelteil fast schon wieder entschuldigt. Sogar das Happy End kann noch überzeugen, einfach weil es in der Form mittlerweile so untypisch für dieses Genre ist.
In puncto special effects muss sich Pandorum nicht verstecken. Im Vergleich zu anderen Produktionen kommt der Film sogar mit relativ wenig Spektakel aus. Wenn man von den etwas hölzern wirkenden Klischee-Mutanten einmal absieht, deren Aussehen, Haltung, Mimik und Gehabe an die Orks aus Peter Jacksons Verfilmung von „Herr der Ringe“ gemahnt. Die Mutanten sind einfach unnötig hässlich und böse, und wirken streckenweise wie übermenschliche Südseekannibalen, die mit Speeren und Klingen bewaffnet arme Menschen abmetzeln um sie zu essen, oder albernerweise einen ehrenhaften Kampf Mann gegen Mann fordern. Dennoch ist Pandorum was Spezialeffekte angeht optisch absolut auf der Höhe der Zeit.
Abzüge gibt es dann wieder bei den Charakteren: zwar darf in dem Wahnsinnsfilm auch endlich mal eine Frau diejenige sein, die als einzige bis zum Schluss richtig bei Verstand bleibt und weiss was zu tun ist, dennoch lösen sich die Figuren insgesamt nicht wirklich von den bekannten Klischees: der weisse mutige Weltraumheld Bower, die toughe und attraktive weisse Biologin Nadia, der indigen-südamerikanische Agrartechniker (Bauer) Nanh, der aus irgendeinem Grund nicht die Sprache beherrscht, die alle anderen sprechen, dafür aber tapfer mitkämpft und am Ende stirbt, der durchgeknallt-lustige alte Schwarze Leland in seiner improvisierten Voodoo-Küche im Herzen der Elysium, dessen humpeliges Bein uns schon verrät, dass er nicht nur gutes im Schilde führt, und natürlich der erfahrene Weltraumfahrer-Haudegen Payton, der sich dann doch als der größte Weltraumpsycho von allen entpuppt.

Alles in allem ist Pandorum ein typischer Sci-Fi-Horrofilm der etwas besseren aber nicht richtig guten Sorte, dem man an einigen Stellen anmerkt, dass er besser gedacht als gemacht ist. Während er es vor allem zu Beginn schafft durch atmosphärische Dichte und Hochspannung zu überzeugen, gelingt es ihm leider nicht dieses Niveau über seine 109 Minuten zu halten. Die optische Verwandschaft mit der ALIEN-Reihe sowie Filmzitate aus anderen Klassikern stellen den Film zwar in ein gutes Licht, leider blamiert sich diese Coolness aber gelegentlich an kleinen Albernheiten, die eher in Filme von George Lucas gehören. Sicher kein Meilenstein, aber für Fans des Genres keine schlechte Unterhaltung.

Der Kinostart von Pandorum war am 1.10. Der Film läuft zur Zeit im Cinemaxx in der Spätvorstellung.

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