Inglourious Basterds: Killing Nazis
von am 25. August 2009 veröffentlicht in Leinwand

In deutschen Kinos ist gerade starker Ansturm. Die Antifa macht sich zu einem cineastischen Vergnügen auf. Quentin Tarantinos Nazi-Killer-Movie „Inglourious Bastards“ macht nicht nur Nazis wütend sondern auch Antifas glücklich. Eine Gruppe kampferprobter jüdischer Amerikaner wird hinter die Kampflinien in das von deutschen besetzte Frankreich geschickt, um unter dem gemeinen Nazi Furcht und Schrecken zu verbreiten.

Wer den Trailer gesehen hat, wird es kaum erwarten können, ins Kino zu kommen:

Wer dann im Kino war, dürfte in weiten Teilen zufrieden sein. Ja, es ist ein typischer Tarantino. Und ja, es werden Nazis getötet. Viele Nazis. Sehr viele Nazis. Und sie werden tarantino-like getötet. Wir kennen es aus anderen Filmen von ihm: erst kommt die Ruhe vor dem Sturm, das beiläufige Gespräch, die freundliche Geste. Und dann – razz-fazz – is die Rübe zertrümmert, der Körper durchlöchert, der Skalp entfernt. (Ja, es werden Nazis nicht nur getötet, sondern auch skalpiert).

Matthias Dell schrieb im Freitag, der Film sei langatmig und lahm, lasse den früheren Spirit von Tarantino vermissen und werde durch miese Schauspieler zudem noch doppelt überflüssig. Dem kann ich mich beileibe nicht anschließen. Eher schon dem bekannten kritischen Psychoanalytiker Helmut Dahmer, der in der Jungen Welt in seiner sehr lesenswerten Rezension zurecht auf die vielfältigen Umkehrungen verweist, wie sie etwa in Bezug auf die von den Basterds vorgenommenen Foltermaßnahmen zu beobachten sind. Die Nazipraktiken aus dem 2. Weltkrieg werden hier gegen sie gewendet. So wie Dahmer die Fantasien des Films den potentiellen Alpträumen verstörter Nazis zuschreibt, so könnten sie auch der Fantasie jüdischer Migrantinnen entstammen. Was wäre gewesen, wenn wir das versucht hätten…. So zumindest berichtete es Basterds-Schaupieler Eli Roth unlängst von Gesprächen mit seinen während des NS in die USA migrierten Verwandten.

Aber das ist nicht alles. Eli Roth, der im Film den „Bärenjuden“ spielt, der mit seinem Baseballschläger widerspenstige Nazis zu Tode prügelt, hat nicht zu unrecht darauf hingewiesen, das die Basterds im Film im Grunde nur eine Nebenrolle spielen. Ermöglicht wird das gelunge Ende erst durch den furchtlosen Einsatz von Shosanna, die von Mélanie Laurent wie ich finde brilliant (Dell fand sie pomadig) gespielt wird.

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6 Kommentare auf "Inglourious Basterds: Killing Nazis"

  1. doppelell sagt:

    Stimmt schon, der Film ist ziemlich lang(-atmig). Das mag aber daran liegen, dass er eben nicht der Nazislasher geworden ist, den nach Kill Bill offenbar alle (zu unrecht) erwartet haben. Guten Morgen: Tarantino ist kein Action-Regisseur. Es wird zwar in fast jeder Episode irgendjemand umgelegt, aber darum geht es eigentlich gar nicht. Vorher wird viel geredet, in den verschiedenst möglichen Konstellationen. Gemordet wird, weil unter den historischen Voraussetzungen jede dieser Konstellationen nur in Gewalt enden kann. Gäbe es diese Dialoge nicht, in denen die Fronten sich darstellen und verhärten, wäre die Gewalt stumpf. So ist sie begründet. Geradezu kathartisch. Angesichts dessen ist der Trailer natürlich kulturindustrielle Verarsche. Denn bis auf die letzte Szene, in der das versammelte Nazipack die Schiesserei hinter der Bühne und damit seinen drohenden Untergang schlicht überhört, weil ihr Propagandafilm selbst nur aus Geballer besteht (geile Metapher), kommen eigentlich nur ziemlich wenig Nazis um. Jedenfalls sehr viel weniger als acht mal einhundert Skalps. Nachdem man Inglorious Basterds also das erste mal gesehen und eingesehen hat, was für ein Film er nicht ist, kann man ihn noch einmal mit anderen Augen betrachten. Man wird einen anderen Film sehen, einen, der einige der wichtigen Konflikte des WWII auf den Punkt bringt, in zugespitzter Form. Einen, der im Ergebnis keineswegs unhistorisch ist: Ziemlich viele der Guten kommen um, das größte Arschloch aber kommt davon. Schade nur, dass Tarantino die Crazy 88 in den falschen Film geschrieben hat. Es hätte so schön gepasst.

  2. Gandalf sagt:

    Ein Regisseur über den Sätze geschrieben werden können wie

    „Es wird zwar in fast jeder Episode irgendjemand umgelegt, aber darum geht es eigentlich gar nicht.“

    ohne dass das komisch wirken würde – hat der nun eigentlich alles richtig oder alles falsch gemacht? *ggg*

  3. Schmendi schäm dich! Geh gefälligts am Freitag auf den Wagenplatz und nimm an dem Workshop „Antifa und Männlichkeit“ teil. Und dann ist Läuterung angesagt! Unglaublich wie du hier so nen Macker-Antifa-Zeug abfeierst.

  4. doppelell sagt:

    Der hat auf jeden Fall verstanden, was andere falsch machen und kann damit spielen.

  5. ich sagt:

    ach dorfi das ist doch am sonntag…
    solltest du doch eigentlich wissen schließlich gehen wir beide da ja hin! [haha das wird ein spaß]

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