Flüchtlinge willkommen, Tische nicht
von am 2. April 2015 veröffentlicht in Kurzmeldungen, Lokalpolitik, Migration

Das Bündnis „Abschiebungen stoppen“ hatte für Dienstag aufgerufen, Geflüchtete bei ihrem Gang zur Ausländerbehörde begleiten. Es sollten Sozialleistungen ausgezahlt und auch Duldungen verlängert werden. Bei stürmischem Wetter kamen über 60 Geflüchtete und ein Dutzend Unterstützer_innen am neuen Rathaus zusammen. Als diese einen Infotisch im Rathaus-Foyer aufbauten, war es der Stadtverwaltung zu viel – sie schaltete die Polizei ein.

Ab 8 Uhr morgens hatten die Unterstützer_innen einen Tisch für das Anbieten von Infomaterialien und heißen Getränken genutzt. Nach einer halben Stunde ließ der Hausmeister mit Unterstützung der Polizei, die ebenfalls ab 8 Uhr zugegen war, das Hausrecht des Oberbürgermeisters geltend machen und forderte die erstaunten Unterstützer_innen dazu auf den Tisch wieder abzubauen. Oberbürgermeister Köhler hatte vor 4 Wochen dem AK Asyl untersagt einen Infotisch im oder vor dem Gebäude einzurichten. Mitglieder des AK Asyl waren an dem Morgen aber nicht zugegen, nach Auskunft einiger Aktivist_Innen sei man lediglich dem Aufruf des Bündnisses gefolgt. Ein Mitglied des Stadtrats versuchte noch Köhler zu kontaktieren, um den Tisch erlauben zu lassen. Er konnte aber weder den Oberbürgermeister noch eine andere Vertretung als den Hausmeister erreichen.

Vor dem Zugang zur Ausländerbehörde warteten währenddessen über den Vormittag verteilt ca. 200 Geflüchtete darauf, ihre Termine wahrzunehmen. Anders als sonst wurden heute die Duldungsverlängerungen auch über die Asylbewerberleistungsstelle bearbeitet. Der Zugang hierzu war abgesperrt, man musste sich an einer eigens dafür aufgestellten Anmeldung im Durchgang zu seinem Termin melden und auf einen Aufruf warten.

Geflüchtete, die nur einen Duldungsstatus haben, dürfen kein eigenes Konto führen. Ihnen werden die Sozialleistungen immer am Ende des Monat persönlich ausgezahlt. Nach Angaben des Stadtradio Göttingen soll sich diese Praxis jedoch bald ändern, denn Obermeister Köhler setzt sich nun dafür ein, dass Geflüchtete mit Duldungsstatus ein Konto bei der kommunalen Sparkasse eröffnen dürfen.

Bis etwa 11 Uhr blieben die Unterstützer_innen noch im Rathaus – und mit ihnen die Polizei. Offen bleibt, ob sich Menschen, die sich für Belange von Geflüchteten einsetzen, in Zukunft weiterhin mit einer restriktiven Haltung der Stadt auseinandersetzen müssen. Die Mitglieder aller Ratsfraktionen hatten im Januar eine Resolution beschlossen, in der es unter anderem heißt: „Göttinger sind dazu aufgerufen, ankommenden Flüchtlingen zu helfen“. Eine entsprechende Praxis scheint der Stadt aber auch nicht zu passen.

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