Hausdurchsuchung Rote Straße

Angeblich alles richtig gemacht
von am 10. November 2011 veröffentlicht in Polizei & Justiz, Titelstory

Die polizeiliche Durchsuchung des Hausprojekts in der Roten Straße im Januar 2010 ist nach Ansicht des Landgerichts Göttingen rechtmäßig gewesen. 22 Monate nach den öffentlich scharf kritisierten Ermittlungen stellten Polizei und Staatsanwaltschaft Göttingen in einem Pressegespräch Beschlüsse des Gerichts vor.

„Man kann Polizisten viel vorwerfen“, sagte Kripo-Chef Volker Warnecke beim Pressetermin auf der Polizeiwache. „Aber wenn man ihnen vorwirft, sie würden unrechtmäßig arbeiten, dann tut das schon richtig weh.“ Nun habe sich bei der Polizei Zufriedenheit eingestellt, weil das Landgericht vier Beschwerden von Betroffenen zurückgewiesen hat. Sie hatten sich gerichtlich unter anderem gegen die Durchsuchung gewehrt.

Die Polizei hatte am 27. Januar 2010 das Haus durchsucht, nachdem fünf Tage zuvor in der Ausländerbehörde des Landkreises ein Brandsatz explodiert war. So genannte Mantrailer-Hunde hatten angeblich eine Spur bis vor die Tür des Wohnprojekts gefunden. Die Aussagekraft des Hundeeinsatzes wurde daraufhin von Experten bezweifelt, die nun von Seiten der Polizei als „so genannte Gutachter“ bezeichnet werden. Die Hunde hätten, so das Landgericht, signalisiert, dass die Suche im Außenbereich des Hauses endete. Ein Video zeigt allerdings, dass diese Signale erst mehrere Meter neben der Eingangstür gegeben wurden.

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Eine ausführliche Dokumentation der polizeilichen Ermittlungsakten findet ihr hier. Einen der Beschlüsse des Landgerichts gibt’s hier.

Auch die Beschlagnahmung und Durchsuchung eines Laptops soll rechtmäßig gewesen sein. Pikant: die ErmittlerInnen hatten darauf nach Namen bekannter Göttinger Rechtsanwälte gesucht. „Nicht, weil wir anwaltliche Korrespondenz gesucht hätten“, beschwichtigte Warnecke. „Die geht uns nichts an und die interessiert uns auch nicht.“

Mit dem Fall wird sich nun das Bundesverfassungsgericht befassen. Rechtsanwalt Sven Adam, der einige der Betroffenen vertritt, will dort Beschwerde gegen das Gerichtsurteil einlegen. Auch eine Richteraufsichtsbeschwerde will er einreichen, weil ihm die nun vorgestellten Beschlüsse aus dem Juni noch nicht vorlägen. „Ich bin gelinde gesagt erstaunt, dass die Öffentlichkeit vor den Betroffenen von der Entscheidung unterrichtet wird“, so Adam.

Die Polizei wollte mit dem Pressegespräch ihre Reputation in der Öffentlichkeit wieder herstellen. Polizeipräsident Kruse sah durch die Medienberichterstattung ein Bild gezeichnet, man hätte es „mit Polizeibeamten zu tun, die unberechtigt Strafverfahren gegen Personen wegen ihrer politischen Auffassung führen.“ Diese Darstellung könne „gewisse Neutralisierungstechniken“ begünstigen und zu der Annahme führen, Widerstand gegen Polizeibeamte sei moralisch gerechtfertigt. „Ich sehe da einen Zusammenhang“, so Kruse. „Insofern ist es wichtig darzustellen, dass hier rechtmäßig und professionell gehandelt worden ist.“

Der Einsatz der Mantrailer-Hunde hatte indes noch andere Konsequenzen: das niedersächsische Innenministerium bildet derzeit drei eigene Tiere aus, die Ende 2012 einsatzfähig sein sollen.

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