NPD-Kundgebung in Northeim

Polizei-Hundertschaften für eine Handvoll Nazis
von am 12. Juni 2011 veröffentlicht in Neonazis, Soziale Bewegungen

In Northeim haben am Samstag nicht ganz 50 Nazis eine Kundgebung besucht, die der Göttinger Unterbezirk der NPD angemeldet hatte. Die Gegenkundgebung, die das Northeimer „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ organisiert hatte, wurde von etwa 250 Menschen besucht. Bei enormen Polizeiaufgebot gab es nur ein wenig Rangelei, als knapp 40 Antifaschist_innen sich mit einem Blockadeversuch den angereisten Nazis in den Weg stellten.

Die erste Veranstaltung war aber die Gegenkundgebung. Einen Skandal nannte es dort Hans Helms, Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte im nahen Moringen, dass nur so wenige Northeimer sich dazu aufraffen konnten. „Wer schweigt, stimmt zu!“, warnte er. Das Engagement gegen Nazis sei Teil der Verantwortung aller. Vielleicht sei es Ausdruck, sich der deutschen NS-Vergangenheit nicht stellen zu wollen, wenn man zuhause bliebe. Der Northeimer Pastor Burfin unterstrich diesen Gedanken: „Solange es Menschen gibt, die ,Hass!‘ und ,Deutschland den Deutschen‘ rufen, solange geht es mich etwas an.“ Es sei eben nicht die Lösung, Nazis einfach zu ignorieren, wie es naiv „zum Beispiel in Kommentaren bei der HNA“ gefordert werde, so ein Redner.


Die verglichen mit der Demonstration im Mai spärlich besuchte Gegenkundgebung

Carlo Bleichert, für die LINKE in Bad Gandersheim im Stadtrat und engagierter Antifaschist, warnte davor, dass Faschismus und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft wachsen würden. Exemplarisch nannte er das Phänomen „Sarrazin“ als Beispiel. Landesinnenminister Schünemann verharmlose die Gefahren, die von Nazis ausgingen. Ausdrücklich forderte er aber auch gegenüber den Zuhörern, sich im antifaschistischen Widerstand nicht spalten zu lassen. Das forderte auch Udo Boguslawski von der IG Metall: „Wem nützt das eigentlich?“ fragt er rhetorisch, als er über die Lagerbildung bei den Antifaschisten spricht, und fordert „ein breites Bündnis, um den braunen Spuk in Northeim, Göttingen und anderswo ein Ende zu bereiten.“ Der Widerstand gegen die Faschisten dürfe sich nicht in Kategorien politischer Couleur einteilen lassen und sich dann gegenseitig beschimpfen. Wie auch die anderen Redner_innen warnte der Vorsitzende des Northeimer Kreisjugendrings Wendt vor einem Vordringen der Nazis zum Beispiel durch Unterwanderung von Sportvereinen und Feuerwehren. Er zählt jüngere Übergriffe von Nazis auf Andersdenkende auf und fordert abschließend ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD.


Die Nazi-Kundgebung auf dem Münster – nur Polizei und Journalisten als Publikum.

Als die Gegenkundgebung sich bereits langsam auflöste, tönten Parolen von der anderen Seite des für die NPD abgesperrten Platz vorm Münster. Dort war knapp 40 Antifaschist_innen eine der angekündigten Blockaden gelungen. Dafür, so die Göttinger Antifa-Gruppe redical [M], hätten engagierte Menschen auch Prügel von der Polizei einstecken müssen. Anreisende Nazis wurden dann von der Polizei über einen kleinen Umweg auf ihren Kundgebungsplatz geführt. Dort hielten dann knapp über 40 Nazis für eine gute Stunde ihr Rede- und Musikprogramm ab. Hören hätten sie es allenfalls selbst können, wenn sie nicht mit bösem Blick stoisch mit dem Festhalten der Transparente beschäftigt gewesen wären. Außer ihnen hatten nur Journalisten und Polizei Zugang zum abgesperrten Platz und am Rand wurden sie bereits von den Sprechchören und Pfiffen der Antifaschist_innen übertönt.


Polizei kesselt Antifaschist_innen kurzfristig ein, um Nazis aus Innenstadt zu geleiten.

Nach dem Ende der NPD-Kundgebung wurden die Antifaschist_innen kurzerhand von der Polizei eingekesselt und die angereisten Nazis in einem Polizeispalier bis zum Bahnhof begleitet. Auch dort hatte die Polizei noch eine Absperrung errichtet, die die Antifaschist_innen zurückhalten sollte. Erst, als der Metronom nach Norden sowie der Metronom nach Süden mit jeweils einem knappen dutzend Nazis samt Polizeibegleitung abgefahren waren, wurde die Absperrung wieder aufgehoben.

Artikel teilen

Ein Kommentar auf "Polizei-Hundertschaften für eine Handvoll Nazis"

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.