Der Göttinger Festivalsommer 2010
von am 16. Mai 2010 veröffentlicht in Musik

Es gibt eine ganze Menge Dinge, die man mit Open-Air-Festivals in Verbindung bringen kann. Dixi-Klos zum Beispiel oder „Helga“-gröhlende, bis zur Unkenntlichkeit betrunkene Vollidioten. Aber auch schöne Dinge wie Sonnenschein, gute Musik und nette Menschen. Gleich eine ganze Reihe von Festivals unter freiem Himmel gibt es diesen Sommer in und um Göttingen – und die beweisen leider, dass zwischen Quantität und Qualität ein großer Unterschied besteht. Denn wirklich ansprechende Bands haben die wenigsten Open Airs zu bieten. Ein Überblick.

Den Anfang macht Rock am Waggon am Pfingstsamstag in Klein-Wiershausen bei Rosdorf. Das Festival findet bereits zum sechsten Mal statt und bietet für kleines Geld (8 Euro) sieben Bands, vornehmlich aus der Region. „Suburn in Cyprus“ und „Merry-go-Round“ zum Beispiel. Höhepunkt (zumindest aus Sicht der Veranstalter) dürfte die seit 1975 bestehende „Bernd & Bernie Band“ sein. Das Open Air schafft es übrigens, 32 Musikschaffende auf die Bühne zu stellen, unter denen sich nur eine einzige Frau befindet.

Genau das anders machen will das Antifee Festival: aufgrund der politischen Einsicht, dass Frauen in der Popkultur unterrepräsentiert ist, sind es hier vornehmlich weibliche Künstlerinnen, die für Unterhaltung sorgen. Und das machen sie gut, „Nathalie Stern“ zum Beispiel, die früher einmal die eine Hälfte der leider nicht mehr existierenden „Lake Me“ war und extra aus Großbritannien angereist kommt. Ohnehin gibt sich das Antifee in diesem Jahr erstmals international: „Bells Roar“, „Scream Club“ und „Des Ark“ kommen allesamt aus den USA und stehen hier auf der Bühne. Wie immer ist das Festival übrigens kostenlos und bietet neben musikalischem Amüsement auch genügend Gelegenheit zu inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Festivalthemen Sexismus und Nationalismus, wogegen ordentlich gefeiert werden darf. Ganz klares Highlight im Göttinger Festivalsommer 2010!


Das Antifee Festival 2008h

Am gleichen Samstag findet ebenfalls auf dem Campus, nur wenige Meter entfernt, das höchst unspannende „Der Campus rockt“-Festival statt. Hier hingegen muss man Eintritt bezahlen und bekommt dafür so unnötige Künstler wie die Coverband „Die toten Ärzte“ zu Gesicht und auf die Ohren. Weitere Acts aus den Sparten Rock und Metal „bereichern“ das Festival und werfen die Frage auf, wieso das Studentenwerk mit seinem Geld nicht sinnvollere Dinge anstellt, von denen es auch was versteht.

Nach einigen Jahren Abstinenz kehrt auch der Musiksender MTV wieder in Göttingen ein, um seine Campus Invasion hier abzuhalten. Der Unicampus, der noch vor wenigen Jahren Austragungsort einer Campus Invasion mit Bands wie den Sportfreunden Stiller gewesen ist, ist MTV mittlerweile wohl zu klein, sodass man sich das Jahnstadion als Austragungsort ausgesucht hat. Muss man auch keine Zäune aufbauen, die stehen ja schon da. Im Gepäck hat der Musiksender Amy Macdonald, Unheilig, Madsen, Bonaparte und Jennifer Rostock. Musikalisch so ziemlich das uninteressanteste, was es auf dem Markt gerade so gibt. Der Spaß am 10. Juli kostet knappe 30 Euro.

Erstmals steuert auch der als „Bioenergiedorf“ bekannt gewordene Ort Jühnde etwas zur Festivalsaison bei. Das Metal-Festival „Wacken“ zum Vorbild treten hier vom 6. bis zum 8. Bands zahlreiche Heavy-Metal-Bands aus dem In- und Ausland auf, darunter auch der Jühnder Posaunenchor. Musikalisch ähnlich ansprechend die Göttinger Bands aus der Schublade „Dinge, die die Welt nicht braucht“: Stahlmann und Alpha Academy geben sich die Blöße. Angesichts der Ahnungslosigkeit der Autorin dieser Zeilen in Sachen Heavy Metal muss eine Bewertung der anreisenden Metal-Acts an dieser Stelle ausbleiben, aber der erste Eindruck lässt furchtbares vermuten. Tickets fürs RockEver gibt’s für 22 Euro.

Am 20. und 21. August schließt das Open Air am KWP den Göttinger Festivalsommer ab, versprochen wird hier ein „hochprozentiger musikalischer Cocktail“. Das Lineup steht noch nicht abschließend fest, gibt sich aber weder sub- noch wahnsinnig popkulturell. In den letzten Jahren richtete sich das Open Air eher an die in die Jahre gekommenen Rocker Ende 40 denn an jung gebliebene Musikszenenmenschen. Was vollkommen okay ist, nur dann eben nicht unser Ding.

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27 Kommentare auf "Der Göttinger Festivalsommer 2010"

  1. Unwichtig sagt:

    Man mag ja zu MTV stehen wie man will, und zur Campus Invasion sowieso, aber ich finde es schon ein wenig schade, dass einer der Hauptacts hier mal eben verschwiegen wird.
    Klar kann man auch zu Gentleman stehen wie man will, aber ihn hier nicht mal zu nennen, hat dass irgend einen tiefer gehenden Grund?
    jm2c

  2. Jakob sagt:

    Danke dass ihr wenigstens zugebt von Metal keine Ahnung zu haben. Die pauschale Abwertung eines ganzes Musikgenres ist jedenfalls mehr als peinlich. Viel schlimmer erweckt der Beitrag den Eindruck das Antifee sei das einzig wahre und wer die Musik dort nicht toll findet (sondern z.B. Metal) sei sowieso Konterrevolutionär der an die Wand gestellt gehört wenn endlich die Revolution kommt, die Nationalismus, Sexismus und Kapitalismus wegfegt. Wenn damit aber eine Gutmenschen-Geschmacksdiktatur eingeht ziehe ich lieber eine ungerechte aber pluralistische Gesellschaft vor. Schade, bisher hatte ich ein eher positives Bild vom Antifee und dessen Zielen.

  3. Ray sagt:

    Ich finds auch peinlich, einen Antifee-Werbeartikel als „Der Göttinger Festivalsommer 2010“ und damit als Überblick über die Festivals in Göttingen und Umgebung darzustellen. Mal davon abgesehen, dass ich von der Qualität der Bands bei den „Nicht-Antifee-Festivals“ ebenfalls nicht überzeugt bin, finde ich eine derart plumpe Runtermacherei auch nicht in Ordnung. Dann berichtet halt nur über die musikalischen Veranstaltungen, die ihr mögt, habt ihr ja in letzter Vergangenheit auch so gemacht…
    Übrigens lohnt sich trotz hohem Eintrittspreis dieses Jahr ein Nachdenken über das OPEN FLAIR in Eschwege. NOFX, Against Me!, Gaslight Anthem und Co lassen grüßen…

  4. tobias sagt:

    ja, diese Abwertung des Metals finde ich auch schade. Vor allem hätte ich gedacht, das sowas nicht dem Geist dieses Blogs entspricht…
    Aber wo sind denn die Metalbands auf dem Der Campus rockt?

  5. Metalfee sagt:

    Es gibt großartige Metal-Bands. Leider spielt keine davon auf einem Göttinger (Umland) Festival. Gibt auch tolle Frauen-Metal-Bands, dass die nicht eingeladen werden, muss man der Antifee allerdings mal ankreiden. Sonst klar das beste, was es (hier) dieses Jahr gibt.

  6. John K. Doe sagt:

    @metalfee
    ich glaube es ist für die veranstalterInnen des antifee’s garnicht so einfach wirklich alle musikalischen bereiche abzudecken (ich persönlich fänd das ja eh total blöd). da lohnt es denke ich die veranstalterInnen vorab zu informieren was es so gibt an passenden bands. ich hätte daran jetzt z.b. überhauptnicht gedacht, aber mir fallen jetzt natürlich spontan Diary About My Nightmares ein, die a) ne saugute sängerin haben und b) nicht blöd sind und c) eine ziemlich brutale wand fahren!
    das gerade die umland festivals komisches zeug ranbuchen finde ich auch schade. ich kann mich auch nicht an eines dieser fetsivals erinnern, dass ein breites relativ ausfallloses angebot hatte. fand im metalbereich zumindest die schlachtnacht doch immer ganz interessant.

  7. Rakete sagt:

    Moin,
    also, mal eine Stellungnahme meinerseits.

    Natürlich gibt es einen „Interessenkonflikt“ bei dem Thema in dem Sinne, dass wir als Monsters das Antifee Festival präsentieren und dann so einen Artikel schreiben. Aber: wir präsentieren das Antifee ja auch, weil wir es gut finden und das sagen wir dann natürlich auch. Und es ist mitnichten so, dass hier die anderen Festivals schlecht gemacht werden, nur um das Antifee positiv darzustellen – da spielen halt zum großen Teil echt beschissene Bands! Und Monsters ist seit jeher ein Magazin, dass auch so harrsche Beurteilungen vornimmt: wenn wir was scheiße finden, sagen wir das auch. Das war eine der Hauptmotivationen , die zur Gründung dieses Magazins geführt haben. Der Artikel hätte genauso ausgesehen, wenn wir nicht Antifee-Präsentator wären. Er hätte nur anders ausgesehen, wenn auf anderen Festivals auch coole Bands gespielt hätten.

    Und nun zu euch Metal-Nasen: ich habe hier mitnichten ein ganzes Musikgenre runter gemacht. Ich habe zugegeben, von Metal keine Ahnung zu haben, stimmt ja auch, und deswegen auf eine musikalische Wertung explizit verzichtet. Nur wenn ich mal so durch die Myspace-Profile der einzelnen Bands zappe, wird mir schon beim Betrachten so mancher Bandfotos ganz anders. Dass da auch qualitativ hochwertige Bands am Start sein können, schließt das ja gar nicht aus.

    Gentleman habe ich bei den MTV-Bands einfach übersehen, was ich angesichts seiner kürzlichen Äußerungen zur Homophobie-im-Reggae-Debatte auch gar nicht so schlimm finde 🙂

  8. Rakete sagt:

    im Übrigen sollte das wirklich kein Antifee-Werbeartikel werden, den fänd ich auch unnötig, weil da oben ’ne fette Anzeige prangt. Ich wollte halt mal gucken was in Sachen Festivals so geht – und das ist dann dabei raus gekommen 🙂

  9. boris sagt:

    irgendwie habt ihr das wunderbare Fire and Flames Festival (28./29. 5. 2010) unterschlagen :

  10. Kokain sagt:

    Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass auf dem „Campus rockt“ auch so „unnötige Künstler“ wie die Band Telesushi auftreten, die auch schon auf dem Antifee gespielt haben.

  11. Ray sagt:

    „Ganz klares Highlight im Göttinger Festivalsommer 2010!“

    „[die Bands] kommen allesamt aus den USA und stehen hier auf der Bühne“

    …trotzdem peinlich…

    Habt ihr im Übrigen auch nicht nötig…

  12. bla sagt:

    Find eigentlich nur ich es komisch, dass die blogsport-Soli-Anzeige auf monsters für einen Black-Metal-Versand wirbt, der in seinem Katalog ganz oben die Band „Aryan Blood“ bewirbt, und dessen web-banner außerdem den Schriftzug „Division Nordland“ trägt? Mir ist schon klar, dass die Monster sicher keinen Einfluss auf die Banner-Schaltung haben. Irgendwie finde ich’s trotzdem nicht so angenehm.

  13. Fernseherin sagt:

    Danke für den Hinweis. Sowas passiert leider automatisch. In einem solchen Fall wenden wir uns an blogsport und lassen das enfernen. Zuletzt hatten wir Werbung für Thor Steinar unter dem Artikel, der sich kritisch mit der Marke befasst. Interessant, wie unintelligent das System in dieser Hinsich ist. Als würde die bloße Erwähnung einer Sache in einem Text schon bedeuten, dass man als Leserin vielleicht Interesse an einem Kauf hätte.

  14. Fuck DTB sagt:

    Darker Than Black – das einstige Haus und Hof-Label der Möbus-Brüder und Absurd – das ist nicht nur ein Grund, den Banner zu entfernen, sondern gleich den ganzen Mailorder…NSBM, Fuck off!

  15. Rakete sagt:

    Nazi-Werbung wurde von Blogsport gesperrt

  16. Fabeau sagt:

    Dass der Artikel höchst tendenziös in Richtung „Wir lieben unser Antifee“ geht, war ja zu erwarten und ist auch ok – schade aber, dass andere Festivals hier mit zwei, drei Sätzen einfach abqualifiziert werden. Das tut nicht not und hat auch mit Kulturkritik nicht viel zu tun – fehlt nur noch die obligatorische „Leider nur zwei von fünf Daumen hoch“-Bewertung, dann sind wir endgültig auf Bravo-Plattenkritik-Niveau.

    Zudem: Die „Toten Ärzte“ muss man ja nun wirklich nicht abfeiern, aber dass da mit Telesushi, 2nd Stage und den Allstars auch Bands aus anderen Sparten vertreten sind, sollte man schon erwähnen.

    Beste Grüße und viel Spass beim Feiern, wo auch immer!

  17. kartoffelkopf sagt:

    du hast vergessen, dass das line-up vom antifee dem der anderen festivals um nichts nachsteht in qualitativer bodenlosigkeit. trotzdem finde ich es am unterstützenswertesten und gehe deshalb hin. denn es gibt interessantes programm fernab der musik.

  18. jou sagt:

    so weit ich weiß wurde „der campus rockt“ auch unter „volksmusik“ beworben….gibt es jedenfalls flyer zu

  19. magda sagt:

    was ist eigentlich mit dem fire and flames ding? nennt sich doch auch festival, oder?

  20. egal karl sagt:

    @ magda: guck doch auf die ff-blogsport-seite, wenn du wissen willst, was damit ist. aber um dir die mühe zu ersparen: ska und punk an beiden tagen.

    da ich ja nun mal die ff-festival-werbung angesehen habe, frage ich mich, wenn „unser hund bellt, wenn wir es wollen“ heißen soll, dass er auf befehl die katze aus dem nachbarhaus totgebissen hat?

  21. Rakete sagt:

    ich habe mich an dieser stelle auf open airs beschrenkt

  22. @ egal karl sagt:

    danke für die erinnerung an den tollsten hund der welt!

    & die katze aus dem nachbarhaus war halt nicht schnell genug…

    (sry! @ katzenbesitzerinn)

  23. lampe sagt:

    ich hab mal grad einen kurzausflug zum bühnenprogramm des antifees versuchut und bin mittel bis wenig begeistert. natürlich gilt wie in jedem jahr mein voller respekt den veranstalterinnen, gerade weil sie überhaupt so viele weibliche bands eingeladen bekommen, wo diese doch in der gesamten musik szene stark unterrepräsentiert sind. nur leider find ich das antifee von jahr zu jahr uninteressanter. dass nicht nur weil mir die richtung der musik nicht gefallen würde. ich nahm ja fälschlicherweise an als ich das lineup chronologisch durchging es sei nur punk und hardcore vertreten, was eien göttinger noch mehr langweilt, da dass angebot zur genüge vertreten ist. aber dem ist ja auch nicht so. am freitag abend spielen zum schluss 2 elektro acts mit sogar tanzbaren beats, welche allerdings von ruhigen ja geradezu gequält klingenden stimmen übertönt wird. mitd ruhig bis quälendem geasang mit sanfterer begleitung läd der samstag auch zum chillen auf decken mit picknickorb und flasche wein ein. nicht dass es stören würde ist halt einstellungssache. positiv überrascht hat mit der abschluss des festivals mit rso, deren musik ich zwar nie gefeiert hab aber ska ist live immer wieder eine schöne sache.

    das antifee bietet also ein eher nüchternes line-up und wenn ich faul bin komme ich dann an beiden tagen erst um 10 uhr abends vorbei. wenn das wetter allerdings gut ist und meine faulheit es zulässt wäre es ein anlass dieses antifee mal dafür zu nutzen an den workshops teilzunehmen.

    und der restlicht festival sommer bietet keine weiteren besonderen qualitäten, gerade von der mtv jahnstadion invasion hätte ich mir mehr erhofft. also glänzt das antifee an der spitze und verdient raketes darstellung in dem artikel. ansonsten heist es wieder mindestens 100km von göttingen entfärnt zu sein um ein tolles festival zu sehen.

    peace out.

  24. Rakete sagt:

    das „nüchterne lineup“ gibt’s jetzt auch für die hosentasche: http://monstersofgoe.de/2010/05/26/antifee-festivalspielplan/

  25. Hans Jürgen sagt:

    Liebe rakede….
    ich bezweifel das du nur 10% aller Bands die du als langweilig und unnütz betitelt hast überhaupt angehört hast…
    als Musiker will man immer und überhaupt irgendwo auftreten, was nich leicht is. naja, also du bist allesandere als jemand der was von musik versteht…vielleicht solltest du dich mal mit nem musiker unterhalten anstatt von vorne rein alle als assis abzustempeln 😉
    lg

  26. Frank sagt:

    So löblich die Ambitionen des Antifees auch sein mögen, so belanglos sind die Bands (musikalisch). Daher kann ich den Hype um selbiges in dem Artikel nicht nachvollziehen. Revolution hin oder her, zu einem Festival geht Mensch nun mal vorrangig wegen der Musik.
    Das man ein Rock/Metal Festival pauschal abfrühstuckt spircht eigentlich für sich. Schade.

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