So. 16.12.: Trainwreck und Escapado im Juzi
von John K. Doe am 10. Dezember 2007 veröffentlicht in JuZI, Konzert, Locations, Tipp!, VeranstaltungsartSpeerspitzen des deutschen Hardcore/Punk gastieren im Juzi. Ich wette, da trauen sich ein paar mehr Nasen in das gefürchtete, grundtief böse Haus.
Da es bereits ein Escapado-Interview bei uns gibt, wollten wir den Bogen nicht überspannen mit Doppelungen. Hier der andere Artikel (in ergänzter Form!) zu den Bands:
Trainwreck haben einiges an Bandgeschichte hinter sich. Ein munterer Bastard aus der Asche von Engrave und den Eaves – eine Band die mit ihrer ersten LP (s/t. 2006 – oder EP?) ein wahres Monster hingelegt hat. Ein dichtes Brett, dass irgendwie nach den 90ern klingt, nach dem frühen deutschen „emo“, aber eben auch nach Portland (nicht nach Indie-Portland, ich nenne nur mal His Hero Is Gone). Das Beste vom Besten souverän zusammengefrickelt. Band und Platte werden völlig verdient mit Erfolg bedacht – 2007 folgt eine Split mit Comadre, Darling der Hardcore-Szene schlechthin. Und natürlich eine USA-Tour. Trainwreck bleiben dabei ganz D.I.Y. verpflichtet. Keine unnötigen Agenturen, keine unnötigen Verträge, keine Plattenverträge – keine „besseren Möglichkeiten“. Keine Erklärungsnöte, sondern vor allem gute Platten. Im jüngsten Trust-Interview zeigt sich Trainwreck als eine Band mit Botschaft – zumindest auch hinter der Platte. In wie weit Musik Inhalte transportiert, ist ja immer so eine Frage. Für mich neben Perth Express und Zann jedenfalls eine der wichtigsten und besten deutschen Hardcore-Bands im Moment.
Deutscher Hardcore hat sich in den letzten Jahren ganz schön gewandelt. Während man früher LPs aus irgendwelchen Plattenkisten zog, versehen mit der Aufschrift „Zahle nicht mehr als 12 Mark!“ schaut einen heute der Fachverkäufer im Saturn keineswegs verwundert an, fragt man zum Beispiel nach Escapado!
Escapado kann man nichts böses nachsagen. Sie haben nur einen meiner Ansicht nach unnötigen Schritt gemacht. Eine Band, die vorher alle Möglichkeiten hatte und dann wahrscheinlich einfach mehr wollte. Mir geht es beim Hinterfragen dessen nicht um eine altbackene Anfrage, geleitet durch ein beleidigtes Abwenden von „Verrätern“. Nein, dass ist einfach platt und dämlich. Immerhin, noch haben es Escapado geschafft sich bei dem nicht ganz einfachen Weg zum unnötigen „nach oben“ nicht zu verzetteln. Sie haben anscheinend ein fast gesundes Verhältnis behalten, eher wie Turbostaat – kein peinliches Palaver wie Muff Potter. Inhaltslosigkeit kann man diesen Bands nicht nachsagen, auf keinen Fall!
Trotzdem: Warum eigentlich?! Bessere Möglichkeiten?! Gedruckte Plakate und Visions-Freikarten?! Freiheiten gibt es bei Verträgen keine, so sehr man sie sich wünscht – das Märchen kann man sich eigentlich mal langsam klemmen. Vorschüsse müssen auch zurück bezahlt werden. Warum soll man sich auf diesen ekelhaften semi- bis vollprofessionellen Musikbusinesskram einlassen?! Vielleicht, wenn man konsequent ist und damit das gewohnte Terrain dann auch verlässt. Nur dafür reicht das kommerzielle Potenzial selten aus – also unterschreibt man nach „Oben“ und bleibt irgendwie „Unten“. Und immer mehr Bands tragen die neuen Ansprüche dann eben nach „Unten“ und das verändert die Strukturen nachhaltig. Ich finde das zum Kotzen. Ausnahmen mag es geben, vielleicht gehören Escapado dazu. Natürlich funktioniert D.I.Y. nicht reibungslos – aber D.I.Y. funktioniert! Kurzweiliger Profit für das etwas größere Business bei dem die Band immer nur ein Faktor ist.
Das Escapado nun auch mal ihre Leute bezahlen können, wie sie im MOG-Interview äußern, ist zwar schön und gut – macht für mich aber noch nicht den entscheidenden Faktor aus. Das sich eine Band tragen sollte und Releases ohne „Minus“ laufen sollten ist wünschenswert aber nicht alles! Und Releases ohne größeres oder kleineres (meinethalben auch Indie-) Label bedeuten nicht zwangsweise, dass Beteiligte wie Layouter, wie Studioleute nicht bezahlt werden. Im Falle der „größeren“ frage ich mich eher, warum auch relativ kleine Bands tatsächlich (nur mal als Beispiel) einen Booker benötigen? Wie man das alles auch dreht – aus irgendeinem Grund, landet man immer beim Geld. Irgendwie komisch. Und die andere Frage ist dann schon eine viel einfachere: Will man tatsächlich Teil der oftmals klebrigen Indie-Musikwelt sein? Braucht man tatsächlich einen Auftritt im Uncle Sallys im Intro oder im Visions? Bei all diesen Fragen klagt nun manche Band über Rechtfertigungsdruck und was weiß ich nicht alles. Dabei geht es nicht so sehr um eine Rechtfertigung, sondern um die ganz simple Nachfrage ob das alles für die Weiterentwicklung einer Hardcore/Punk Band innerhalb dieses Bereichs notwendig ist. Ich glaube nicht!
Bemerkenswert ist es schon, dass Bands wie Escapado inzwischen solche Wege gehen können – ganz Radio-tauglich sind sie ja nicht immer. Vielleicht liegt es an einem immer kleiner werdenden Gap zwischen Underground und Industrie. Die jammernde Industrie hat sich nach unten geschrumpft, die semiprofessionelle Variante von Hardcore, oft garniert mit halb-guten Bands und entsprechenden Bookern lächelt der Industrie entgegen. Immerhin, vielleicht sind diese Bands der Einstieg für den einen oder anderen, sich vielleicht auch für andere Musik oder Strukturen zu interessieren – ich fürchte jedoch, dass dies in der Praxis anders aussieht. Nur eine Vermutung.
Escapados neues Album „Initiale“ hat alles, was man von einer modernen deutschen Hardcore/Punk Platte erwartet. Gute Melodien – nichts tut weh. Keine schlechte Platte! Nur entdecke ich nichts besonderes daran, keinen Charme – aber vielleicht hänge ich auch einfach der Zeit etwas hinterher…
Da sagst du was!
das konzert wird morgen nicht so spät anfangen. zum einen weil trainwreck noch nach hause fahren müssen, zum anderen weil man sonntag abends ja auch nicht bis spät in die nacht im juzi sein will.
also wer erst um 11 kommt , hat die erste band verpasst…
haha, das glaube ich erst, wenn ichs sehe 🙂
wer spielt denn zu erst?
dazu müsstest du erstmal ins juzi gehen … 😉
hahaha pwned
ich sag bescheid ob die rakete es geschafft hat 🙂
rakete war da.
escapado find ich jetzt vorm pc besser als gestern.
miese technik. die erste viertelstunde kaum gesang gehört.
der sound war fürs juzi erstaunlich gut, aber der gesang tatsächlihc viel zu leise.
trainwreck hatte der soundcheck echt gut gestanden. mit der überschrift unseres escapado-interviews komme ich hingegen immer weniger klar…
erzähl! auf mich als zuschauer haben sie einen sympathischen eindruck gemacht
naja, dass ich mit den einfachen verweisen auf immer noch toll d.i.y. nicht zufrieden gebe heisst nicht mal ansatzweise das ich die band unsympathisch finde! das ist etwas entscheidendes was man mal trennen soll.
escapado sind zweifelsohne eine gute und durchaus sympathische band, mit einer durchschnittlichen platte. ich finde es auch bescheuert der band nun den rücken zu kehren weil sie diesen weg geht. mir geht es vielmehr um ein nachdenken ob all das notwendig ist, was heute den, ich nenne ihn mal semiprofessionellen bereich in harcore/punk ausmacht brauchen?! wer das jetzt mit persöhnlichen animositäten der band gegenüber verwechselt umschifft damit wenig galant diese ganz simple frage. wenn im interview z.b. vollmundig mit d.i.y. herumoperiert wird, dann frage ich mich warum dies einfach hingenommen wird – wie einfach hätte man in diesem zusammenhang mechanismen wie booking oder die gema anfragen können?! man gibt sich damit zufrieden das auf freiheiten verwiesen wird und eben auf das geld – schade das da nicht nachgefragt wird.
im übrigen geht es mir auch nicht um ein moralisches rumgereite auf d.i.y.! was das nun ausmacht ist tatsächlich schwammig. was ich in diesem bereich kennen gelernt habe ist aber die grundeinstellung es tatsächlich selbst zu machen. d.i.y. – weil es spaß macht und weil man eben keinen bock hat auf die üblichen mechanismen im musikbusiness. der anspruch sich zu finanzieren über den berühmten break-even hinaus war mir eher fremd. weil man auf booker und gedruckte plakate verzichten kann – weil man es selbst machen kann. ich finde es kurzsichtig immer wieder von freiheiten in diesem ganzen vertragsmist zu reden. freiheiten gibt es nicht wenn unterschriften ausgetauscht werden und wenn existenzen an der musik hängen. und ich finde darüber hinaus die besseren möglichkeiten alles andere als reizvoll! schön, visions, ox, fuze – was weiß ich welche schmierblätter noch, helfen hier und da…aber warum zur hölle will man dort sein?! wozu dieser ganze promo-mist? wozu myspace-secretshows und visions-freikarten?!
vieles hat sich aus dem d.i.y.-bereich herausentwickelt was ich gerade in hc/punk außerordentlich kritisch sehe.
seit sich gezeigt hat, dass eben finanziell vielleicht doch einiges (wenn auch wenig) aus der sache herauszuholen ist haben sich dinge getan, die die gesamtstruktur nachhaltig verändert haben. inzwischen gibt es booking-agenturen die im großen, aber eben auch im kleinen bereich irgendwie durchkommen müssen. ein ganzer schwanz unnötigkeiten hängt heute an musik. auch die mietpreise für vans haben sich in dieser entwicklung verdoppelt, gerade für kleine bands werden touren immer weniger bezahlbar. konzerte machen wird dadurch teurer! gleichzeitig finden wir ein publikum vor, dass für eine band wie escapado bereitwillig 8 euro (und mehr) zahlt, sich aber an den kopf fässt wenn für drei kleinere bands 5 verlangt werden. mal am rande, überhaupt immer wieder faszinierend wie kurzsichtig mancher an der kasse darauf verweißt wie er sich das konzert leisten soll – ohne auch nur mal darüber nachzudenken wie die band sich das touren leisten soll. die verhältnismäßigkeiten drehen sich – und bei den meisten bands, die nun unterschrieben haben werden die eintrittpreise für shows per minimum festgelegt. das problem liegt dann allerdings nicht mehr nur auf dieser seite, sondern auch bei den veranstaltern die bereit sind all das mitzutragen.
natürlich kann man da abwiegen. ich finde es durchaus konsequent wenn eine band wie turbostaat sagt, wir leben jetzt davon – sich aber auch gleichzeitig aus der gewohnten struktur verabschiedet. das ist vielleicht für viele alte fans traurig, aber irgendwie ein konsequenter schritt. oder nehmen wir eine band wie heaven shall burn, die zwar auf einem major ist, sich aber erst garnicht vorgenommen hat davon zu leben. gerade bei heaven shall burn steht das der band sehr gut, die sich in diesem albernen metalcore-buiz sowieso deutlich wohltuhend abzeichnet.
„we don’t like it when our friends become succesful“?
ne spaß ich versteh glaub ich was du sagst und kann das an vielen punkten verstehen.
allerdings finde ich es gut wenn die leute mit dem was sie machen wollen, also musik, ihren lebensunterhalt verdienen können. wie die musik mir persönlich dann gefällt ist tatsächlich persönlich.
es gibt halt leute die skapunk hassen mir gefällts und warum soll ich dann nicht auf ein konzert gehen wenn meine finanzielle lage es zulässt. dieses „ich kann mir das nicht leisten“ ist ja öfter schon angeführt worden, mir aber tatsächlich ,noch, nicht untergekommen. wenn es tatsächlich menschen sind die kein geld haben (damit mein ich nicht fünf euro für bier aufzuheben) dann gibt es da mit sicherheit möglichkeiten aber den blöden „geiz ist geil“ slogan auf ein konzert zu tragen, dass mensch eigentlich sehen will ist echt gar nicht „d.iy.“
es gibt halt menschen die wollen 35€ für ne ärztekarte zahlen bitteschön aber nicht ich.
naja finde das übertrieben…
wenn die leute nebenbei nen job und sonstwas haben dann sind sie weit
weniger frei… von daher finde ich es besser die band hat zeit konzerte zu
spielen und vorallem wenn die platte nicht mal so eben nebenbei eingespielt
wird…. was dann fast immer stark auf kosten der qualität geht..
ich meine jeder hat bestimmt schon mal erlebt das ne band live total
super war.. und dann kaufste du dir die platten und es ist einfach nur
unerträglich von der qualität…
es kostet halt alles geld ..
und ob die musik nun abhängig von den mechanismen im musikbiz ist oder
abhängig von berufsleben neben der band.. spielt unterm strich kaum eine
rolle… es sei denn die band entscheidet sich massenkompatible 0815-musik
zu machen.. dann finde ich es schon schade
man ist so und so nicht frei.. entweder fehlt die zeit um gute musik zu
machen und sich zu entwickeln oder es fehlt das geld weil man sich von
der musik nicht finanzieren kann (bzw „will“ aus d.i.y.-gründen )
vielleicht sollte man mal neue spielregeln für d.i.y. aufstellen.. ich sag
mal zeitgemässe..
Das ist doch alles Sozialdemokratie was ihr hier macht! Mit Kommuinismus hat das nix zu tun!
süß
Stimmt wir leben ja auch nicht im Kommunismus.
übrigens keiner in deutschland…
„es kostet halt alles geld ..
und ob die musik nun abhängig von den mechanismen im musikbiz ist oder
abhängig von berufsleben neben der band.. spielt unterm strich kaum eine
rolle… es sei denn die band entscheidet sich massenkompatible 0815-musik
zu machen.. dann finde ich es schon schade
man ist so und so nicht frei.. entweder fehlt die zeit um gute musik zu
machen und sich zu entwickeln oder es fehlt das geld weil man sich von
der musik nicht finanzieren kann (bzw “will” aus d.i.y.-gründen )
vielleicht sollte man mal neue spielregeln für d.i.y. aufstellen.. ich sag
mal zeitgemässe.. “
… nee is klar
John, für Turbokapitalisten wie dich is hier kein Platz! 😀
ich muss doch auch irgendwie durchkommen!
dann geh arbeiten und mach den weg vom tellerwäscher zum millionär!