Der AK Asyl wird 25.

25 Jahre AK Asyl: Gut dass es ihn gibt, schlecht dass es ihn geben muss
von am 15. April 2007 veröffentlicht in Hintergrund, Politik, Tipp!

Im Februar 2005, kurz nachdem der in Hildesheim lebende Achmed Siala frühmorgens das Haus verlassen hatte, wurde seine schwangere Frau zusammen mit den beiden gemeinsamen Kindern aus der gemeinsamen Wohnung entführt. Die Polizei zu rufen hätte für Achmed Siala allerdings nicht besonders viel gebracht, denn die Leute, die seine Frau mitgenommen hatten, waren von der Polizei. Gazale Salame wurde zusammen mit einem Kind in die Türkei abgeschoben, ein Land, in dem sie nie gelebt hatte und dessen Sprache sie nicht sprechen konnte.

Die Familien Siala und Salame gehören einer ursprünglich in der Türkei angesiedelten arabischen Minderheit an, die bereits in den 20er Jahren in den Libanon ausgewandert waren, weil sie dort als Kurden galten und diversen Repression ausgesetzt waren. Da die türkischen Behörden die Einwohnermelderegister aber weitergeführt haben und die Familien noch immer dort gemeldet sind, haben findige Bürokraten in deutschen Ausländerbehörden daraus einen Asylbetrug konstruiert: die Familien kämen augenscheinlich gar nicht aus dem Libanon und könnten so problemlos in die Türkei abgeschoben werden.

Ähnliche Fälle gibt es viele, nicht nur in Hildesheim, sondern auch in Göttingen. In die Öffentlichkeit gebracht werden solche Vorfälle in aller Regel von kommunalen Flüchtlingsinitiativen, die in der Regel seit vielen Jahren aktiv und meist ehrenamtlich für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen eintreten. In Göttingen ist dies vor allem der Arbeitskreis Asyl, kurz AK Asyl. Der AK Asyl wurde vor 25 Jahren gegründet und „feiert“ derzeit Jubiläum.

Wirkliche Feierstimmung will allerdings nicht aufkommen. Denn so gut es ist, das es diesen Arbeitskreis gibt, so schlimm ist es doch auch, das es ihn geben muss. Und so liest sich die Geschichte des AK Asyl auch als eine Geschichte deutscher Migrationspolitik in den letzten 3 Jahrzehnten.


Gegründet wurde der AK Asyl unter dem Titel „Göttinger Arbeitskreis zur Unterstützung von Asylsuchenden e.V.“ im Zuge von Auseinandersetzungen um die Schließung der Göttinger Flüchtlingsunterkunft „Hotel Astoria“. Und so standen in den achtziger Jahren auch Kämpfe gegen menschenunwürdige Unterbringung in Massenunterkünften Flüchtlingslagern im Fordergrund. Anfang der 90er Jahren wurden dann die rassistischen Pogrome im Zuge der Ausschreitungen etwa in Rostock-Lichtenhagen und die zynischerweise direkt daran anschließende faktische Abschaffung des Asylrechtes zu einem wichtigen Arbeitsfeld. Ab Mitte der 90er Jahre wurde der Aspekt immer wichtiger, der schon in der Einleitung anklingt: die Kämpfe von MigrantInnen gegen ihre anstehende Abschiebung wurde unterstützt, Selbstorganisationsprozesse angestoßen und politische Aufklärungsarbeit betrieben.

Zum Beginn dieses Jahrtausends wurde die Arbeit in diesem Bereich nicht weniger, sondern mehr. Immer neue Tricks und Gängelungen von Behörden und Politik lassen den AktivistInnen keine Ruhe und lassen nicht auf ein baldiges Erlöschen des Vereinszweckes hoffen. Und so steht das Jubiläumsprogramm auch, in Anlehnung an Fehlfarben, unter dem Motto: „Geschichte wird gemacht!“ (Es geht voran?)

Wo genau es da hingehen könnte, soll unter anderem bei einer Veranstaltung am Donnerstag im Lumiere untersucht werden, neben einer systematischen und ausführlichen Vorstellungen der antirassistischen Kämpfe im Göttingen der letzten 25 Jahre.

Danke für das Bild an Papiere für alle!

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2 Kommentare auf "25 Jahre AK Asyl: Gut dass es ihn gibt, schlecht dass es ihn geben muss"

  1. Lektorin sagt:

    das „…und könnten so problemlos in den Libanon abgeschoben werden.“ muss „in die Türkei“ heißen, oder? (letzter Satz, 2ter Absatz).

  2. Schmendi sagt:

    jo, thanx *verbesser*

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