Tanzverbot am Karfreitag – Shut up and Dance!
von am 1. April 2007 veröffentlicht in Politik, Tipp!

Am Freitag ist es verdächtig still nicht nur in der Göttinger Party- und Veranstaltungsszene. Das liegt weniger daran, das die Leute nicht feiern wollten oder die BetreiberInnen von Konzerthallen und Diskotheken lieber gemütlich mit ihren Familien auf den Osterhasen warten. Der Grund ist vielmehr einer, der in den tiefen juristischer Gesetzesproduktion zu suchen ist.

So können wir etwa dem Niedersächsischen Gesetz über die Feiertage entnehmen, das „Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, die über Schank- und Speisebetrieb hinausgehen“, öffentliche Sportveranstaltungen und „alle sonstigen öffentlichen Veranstaltungen, außer wenn sie der geistig-seelischen Erhebung oder einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen und auf den ernsten Charakter des Tages rücksicht nehmen“ schlicht und ergreifend verboten sind.

Ich übersetze: Weil der Charakter des Karfreitags ein ernster ist, dürfen die Menschen nichts machen, nicht über die Stränge schlagen. Das wiederrum liegt daran, das der Karfreitag für Christen als einer der höchsten Feiertage gilt. An diesem Tag gedenken Christen der Kreuzigung von Jesus Christus, der wiederrum für die Namensgebung dieses religiösen Zusammenhangs nicht unerheblich war. Weil also Jesus ans Kreuz gehauen wurde, hat der Christ traurig zu sein. Und damit niemand den Christen daran stört und nicht zuletzt auch das Grunzgesetz in „Verantwortung vor Gott“, wie es da in der Präambel heißt, verfasst wurde, darf nicht gefeiert werden. „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“ heißt es dazu präzisierend im Artikel 4 des Grunzgesetzes.

Eine Kritik dagegen liegt auf der Hand und wird entsprechend auch immer wieder von Nicht-ChristInnen oder zumindest nicht-so-richtig-Strenggläubigen angebracht: dadurch würden andere Menschen in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Sie dürfen nicht in die Disko gehen, ob sie nun Christen sind oder nicht.

Aber sich hier auf juristische Finessen einzulassen, wird vermutlich nicht viel bringen. Ob nun der Schutz der (positiven) Religionsfreiheit der strenggläubigen ChristInnen mehr zählt als die (negative) Religionsfreiheit der Nicht-ChristInnen, die einfach nichts damit zu tun haben wollen, können und wollen wir hier nicht klären. Letztlich dürfte es sich ohnehin um eine politische Entscheidung handeln, auch wenn bereits mehrere Gerichte die umstrittene Regelung bestätigt haben.

Das Christentum wird als gängiges Religionsformat in Deutschland angesehen, christliche Werte gelten als die Leitwerte der deutschen Gesellschaft und das soll nach Ansicht konservativer PolitikerInnen und RichterInnen auch so bleiben. Was auch immer diese christlichen Werte ausmachen soll, ob dabei eher an die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen oder den Pakt der großen deutschen Kirchen mit den Nazis gedacht wird, eins bleibt immer außen vor: die schlichte Tatsache nämlich, das es einen riesigen Aufschrei verursachen würde, wenn andere Religionsgemeinschaften ähnliche Regelungen für sich einfordern würden. Würden etwa die VertreterInnen des Islam in Deutschland verlangen, während der Fastenzeit dürfe niemand vor 22 Uhr Speis und Trank zu sich nehmen, egal ob Moslem oder nicht – es würde als wahnwitzige Unverfrorenheit wahrgenommen. Zu Recht. Beim Christentum hingegen erscheint diese Absonderlichkeit als das selbstverständlichste auf der Welt.

Besonders lächerlich daran ist natürlich, dass es den meisten die landläufig als ChristInnen durchgehen und die monatlich ganz brav ihre Lohnsteuer an die Kirche abführen vermutlich ziemlich egal sein dürfte, ob Abends die Discos auf sind oder nicht. Im Zweifelsfalls würden es die meisten wohl sogar noch eher bedauern. Schließlich liegt es der Mehrzahl der Menschen schlicht und ergreifend fern, traurig über den Tod Jesu Christi sinnierend um den Küchentisch zu sitzen. Stattdessen würden sie wohl lieber Tanzen gehen. In diesem Sinne: nicht drumrumreden, sondern tanzen. Shut up and dance!

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11 Kommentare auf "Tanzverbot am Karfreitag – Shut up and Dance!"

  1. Bla Bla sagt:

    Selten so einen Schwachsinn gelesen.

  2. kajaba sagt:

    naja schwachsinn nicht, aber überflüssig. indem man sich mit solchen banalen dingen beschäftigt rückt man sie doch wieder ins rampenlicht anstatt das ganze einfach gepflegt zu ignorieren. also in diesem sinne: drauf geschissen.

  3. Schmendi sagt:

    @kajaba

    Das is wohl so ungefähr die argumentation, die ja auch in bezug auf den nazi-aufmärsche häufig vertreten wird: würden die linken in göttingen nicht immer so einen aufstand da drum machen, dann würden die keine aufmerksamkeit kriegen und wären kein problem. ergo verursacht erst die kritik an nazis den nazismus.

    meintest du das?

  4. kajaba sagt:

    nein. es gibt halt dinge die man gut mal ignorieren kann wie sinnlose gesetze zu einem „tanzverbot“ an irgendwelchen tagen, die für einige menschen religiöse bedeutungen haben. andere dinge wie naziaufmärsche kann man selbstverständlich nicht ignorieren. ist eine seltsame gleichsetzung die du da vornimmst (finde ich. auch wenn man streng genommen meine aussage natürlich so verdrehen kann bzw erweitern kann wie du es getan hast). aber du meinst doch nicht ernsthaft, dass das ignorieren von einem religiösen feiertag das selbe ist wie das ignorieren von nazis, oder ?

  5. Ich sagt:

    Das hört sich an, als ob die Tippse gefrustet, daß sie nicht mehr durchgenudelt wird.

  6. Muschkote sagt:

    ich darf davon ausgehen, dass alle die, die nichts mit kirche zu tn haben wollen karftreitag, ostermontag – aber auch an weihnachten brav zu arbeit gehen – oder aber entsprechend urlaubstage einreichen

  7. Fabeau sagt:

    Hallo,

    habe nichts mit Kirche zu tun, finde aber trotzdem, dass einem kein Zacken aus der Krone bricht, wenn man den Karfreitag als tanzfreien Feiertag respektiert. Ostern ist (wie Weihnachten) eine Mischung aus heidnischem Kult und christlichem Feiertag, und diese beiden Elemente haben nun mal unsere Kultur (im Sinne der Weltgemeinschaft) nicht unwesentlich geprägt. Deswegen ist das schon noch was anderes als der Ramadan – wobei der bemühte Vergleich „ein Tag Tanzverbot = Fastengebot einhalten“ eh hinten wie vorne gewaltig hinkt.

    Schönes Eiersuchen euch allen und Grüße

  8. Rakete sagt:

    Was hat denn das jetzt mit dem Ramadan zu tun? Der hat „unsere Kultur (im Sinne der Weltgemeinschaft“) nicht geprägt oder wie?

  9. Fabeau sagt:

    Artikel lesen – Ramadan wird da erwähnt. Und wird auch entsprechend gewürdigt, wie es dem Islam als Weltreligion gebührt – nur eben weniger hier als in vielmehr in muslimisch geprägten Ländern.

  10. Schmendi sagt:

    Ich verstehe Deinen Einwand nicht, Fabeau. Meinst Du wirklich, wegen dem heidnischen Kult darfst Du nicht tanzen? Was überhaupt ist der ernsthafte Charakter am heidnischen Teil von Ostern? Ich hab den Osterhasen immer als eher fröhliches Viech erlebt, das leckere Eier vorbeibringt ,-)

    Das Argument mit dem prägen find ich auch nicht überzeugend. Nur weil es althergebrachte, archaische Bräuche gibt, müssen die doch nicht bis in alle Ewigkeit alle praktizieren, das wäre ja noch schöner….

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