Wieso, weshalb warum? Studiengebührenboykott gescheitert
von am 8. Dezember 2006 veröffentlicht in Unipolitik

Alle Studierenden müssen in Niedersachsen ab April 2007 Studiengebühren bezahlen. Der letzte Versuch, das doch noch abzuwenden, war der geplante Studiengebührenboykott. Die Idee war ebenso einfach wie bestechend: solange keiner mitmacht, kann die Landesregierung beschließen was sie will. Hätte man ja mal ausprobieren können, geschadet hätte es nicht. Nun ist der Boykott bereits gescheitert, bevor er richtig angefangen hat. Die Urabstimmung zum Boykott, die es in der letzten Woche gab, hat nicht die nötigen Mehrheiten gebracht. Nicht nur die Mehrheit der Abstimmenden, sondern auch insgesamt 15% der Studierenden mussten sich für eine Urabstimmung aussprechen. Am Ende haben zwar 17% aller Studis teilgenommen, aber insgesamt nur etwa 13% dafürgestimmt.

Jetzt sieht es aus, als wäre die Sache mit den Studiengebühren durch. Der AStA findet das gar nicht so schlimm und respektiert das demokratische Votum seines Souveräns, des Wählers: „Da ein Boykott aber mit großen persönlichen (sic!) Risiken einhergeht, fanden wir es notwendig, alle zu befragen und dem Votum zu folgen.“ befand der zuständige AStA-Referent für Hochschulpolitik (Sebastian Ehricht, ADF) gegenüber Spiegel-Online. Auch der Vergleich mit anderen Universitäten ficht ihn nicht. Dort wurde nämlich statt einer Urabstimmung in aller Regel schlicht eine Vollversammlung durchgeführt. Alle Interessierten sind gekommen und haben gesagt, das sie das machen wollen. Dann wurde es gemacht. In Göttingen befand man das als undemokratisch: „Zu einer Vollversammlung kommen immer nur die, die sowieso für einen Boykott sind, das verzerrt das Bild“ gab Ehricht dazu zu Protokoll.

Die Opposition im Studierendenparlament, die hauptsächlich aus linken Unigruppen besteht, sah im AStA allerdings den Buhmann. „Wenn Inkompetenz und Unwillen zusammen kommen, ist die Chance für einen Erfolg nahe null.“ schreibt etwa das Basisdemokratische Bündnis in seiner Stellungnahme. Der AStA hätte den Boykott nie richtig gewollt, deshalb auch nie richtig für ihn geworben. Außerdem sei die Frage selten blöd gestellt gewesen. Wer für einen Boykott hätte Stimmen wollen, musste auch gleich versichern, das er auch teilnehmen wird. Was aber angesichts der mangelnden Vorbereitung und dem schlechten Informationsstand gar nicht wirklich möglich war. So seien dann auch die vielen „Nein“-Stimmen zu erklären: „Überhaupt: Sich Gedanken machen, welche Szenarien im Falle eines Boykotts eintreten und für selbige schon mal vorplanen. Das wäre nach Auskunft der beiden zuständigen Ast-Referentinnen Imke Buß und Sebastian Ehricht doch alles noch Zukunftsmusik, um die man sich kümmern könne, wenn das Quorum erreicht sei. Dass es das für die Leute vielleicht nicht ist, die sich überlegen an einem solchen Boykott teil zu nehmen, fiel ihnen scheinbar nicht ein. Ob die Antwort auf die Urabstimmungsfrage, ob ich bereit wäre mich an einem Boykott zu beteiligen, auch davon abhängig sein könnte, wie viel Vertrauen die Studierenden in die bisherige Vorbereitung haben können, hätte sich nur dann entscheiden lassen, wenn es eine Vorbereitung gegeben hätte.“

Der AStA allerdings wies diese und ähnliche Kritikpunkte auf der jüngsten Sitzung des Studierendenparlamentes zurück. Die Urabstimmung sei mehr beworben worden als andere Urabstimmungen, etwa die zum Semesterticket. Es hätte ja sogar Info-Veranstaltungen gegeben. Die waren allerdings schlecht besucht, was die Opposition wiederrum auf die unbeholfene Werbung zurückführt.

Was die Thesen der Opposition zu stützen scheint, ist die schlichte Tatsache, das der Boykott selber innerhalb des AStA stets umstritten war. Es wurde nie offensiv dafür aufgerufen, für den Boykott zu stimmen und der kleine Koalitionspartner RCDS befand die ganze Aktion als unvereinbar mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung:

„Das Nichtbeachten von Gesetzen, nur weil man sie für falsch hält, führt zu Willkür und letztendlich zu Anarchie. Dann gibt es vielleicht keine Studiengebühren mehr, aber auch kein Recht mehr, auch keine Ordnung mehr. Und dann am Ende auch keine Freiheit mehr. Das ist eine Prinzipienfrage. Es gibt ausreichend friedliche Protestmöglichkeiten um gegen Studiengebühren zu kämpfen. Leider war das in den letzten Monaten nicht erfolgreich. Das heißt aber nicht, dass die Nichtbeachtung von Gesetzen nun legitim ist. Der Kampf gegen Studiengebühren muss weitergehen, aber nicht durch einen Boykott. Das ist der falsche Weg. Aber die nächste Wahl kommt bestimmt.“

Das ist es, was in den Sozialwissenschaften als „autoritärer Charakter“ bezeichnet wird: die bedingungslose Unterordnung unter eine Autorität (hier: die Landesregierung und die von ihr erlassenen Gesetze), auch wenn diese offensichtlicher Unsinn sind. Was der RCDS übersieht, ist, das soziale Proteste immer damit einhergehen, die eine oder andere Regelung zu missachten. Hätte sich Rosa Parks nichts geweigert, die vorgeschriebene „Rassentrennung“ in den Bussen ihrer Heimatstand zu beachten, dann wäre es noch heute nicht besonders weit her mit der Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen in den USA. Und hätten sich, um ein Beispiel zu wählen, das dem RCDS vielleicht besser gefällt, die BürgerInnen der ehemaligen DDR nicht so massiv den Reisereglementierungen widersetzt, wäre aus dem Fall der Mauer wohl nie etwas geworden.

Aber immerhin verweist die Lachsalve des RCDS darauf, das die Argumentation der größeren Koalitionspartnerin, der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Fachschaftsmitglieder (ADF) auch recht deutlich hinkt: denn tatsächlich läuft ja die gesamte Logik des Boykottes (ähnlich wie jede Logik sozialer Proteste) darauf hinaus, durch faktische Verhaltensveränderungen (sei es nun die Nichtzahlung, die Teilnahme an Demos und Aktionen oder die Organisation von Diskussionen) jenseits der Wahlurne Einfluss auf gesellschaftliche Missstände zu nehmen. Müsste dies dadurch legitimiert werden, das vorher abgestimmt wird, wäre der eigentliche Protest überflüssig, weil die Mehrheitsverhältnisse ohnehin klar wären.

In der Logik der ADF gibt es weder politische Auseinandersetzungen noch soziale Bewegungen oder zumindest Proteste. Das sie dann dabei scheitert, etwas derartiges zu etablieren, verwundert eigentlich niemanden.Was bleibt, ist der Hinweis der RCDS auf die nächste Wahl. So oder so.

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3 Kommentare auf "Wieso, weshalb warum? Studiengebührenboykott gescheitert"

  1. horst sagt:

    das geschreibsel ist kryptische scheiße – eine blödheit an verständlichkeit

  2. Schmendi sagt:

    na da hat ja mal einer richtig argumente am start… welcher satz is da denn bitte kryptisch? und wo ist mein fremdwörterbuch?

  3. bla sagt:

    „Wer wie Ihr [die Studietrenden]- selbst bei genuin studentischen Themen wie der Einführung von NC`s und Studiengebühren oder der Modularisierung von Studienfächern, die das Lernen verschult – sich einen Dreck interessiert und lieber unter jeden Stiefel der Autorität kriecht, der sich Euch anbietet, somit das Denken komplett eingestellt hat und nur auf einen blödsinnigen Beruf hinarbeitet, braucht keine offene und gebührenfreie Universität, braucht keine Kritische Theorie, kein autonomes, selbstbestimmtes Studium und der/dem kann auch sonst am Allerwertesten vorbeigehen, wie sich die Universität endgültig umbaut zur bloßen Verwertungsproduktionsanlage von Herrschaftswissen….“

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