Rassistische Beleidigung sorgt für Streit in der Hochschulpolitik

Vergiftetes Klima im letzten AStA (Update)
von am 2. März 2015 veröffentlicht in Politik, Titelstory, Unipolitik

Sitz des AStA: Das Rosa-Luxemburg-Haus in der Goßlerstraße. Symbolbild

Bis zuletzt sah es danach aus, dass der künftige AStA wie im letzten Jahr von ADF und RCDS getragen wird. Nun aber knallt es scheinbar: Screenshots und Äußerungen im Studierendenparlament zeigen ein vergiftetes Klima im letzten AStA. Das Göttinger Tageblatt spricht vom „Rassismus-Eklat“ und ein künftiger Koalitionspartner ist verunsichert. Monsters weiß mehr.

Im Frühjahr 2014 haben die Arbeitsgemeinschaft demokratischer Fachschaftsmitglieder (ADF), der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und die Unabhängigen Mediziner (UM) gemeinsam den AStA gebildet. Es folgte eine relativ unbeschadete Amtszeit, auch wenn Insider munkelten, dass im AStA einiges schief laufe. Die Hochschulwahlen im Januar 2015 bestätigten die eher konservativen Gruppen RCDS und ADF. Ohne Unterstützung der ADF mit ihren 19 Sitzen hätte keine Koalition eine Mehrheit; der RCDS kam dabei auf 9 der insgesamt 57 Sitze.

Scheinbar war aber das Klima im AStA 2014 zuletzt miserabel, wie sich bei der konstituierenden Sitzung des Studierendenparlaments am vergangenen Donnerstag zeigte. Dort rechnete die AStA-Vorsitzende der vergangenen Legislatur, Elena Hammoud (ADF), mit der Koalition ab. Dabei lagen Beobachtern der Sitzung zufolge die Nerven blank: Erschüttert berichtete die AStA-Vorsitzende von rassistischen Entgleisungen einzelner Referenten. Die wenig schöne Formulierung „Elena kann sich ihre Pflicht ihren islamischen Hintern schieben“ prägte eine Whatsapp-Diskussion im Januar. Screenshots, die Monsters vorliegen, beweisen dies.*

Die Äußerung stammt vom Referenten für Hochschulpolitik, Christian Cordts (ebenfalls ADf siehe Stellungnahme der ADF). Der Kontext ist nicht eindeutig erkennbar. Scheinbar geht es jedoch um einen Vorschlag der Vorsitzenden Hammoud, den Cordts ablehnte – versehen mit der erwähnten Beleidigung. Neben der auf die Religion abzielenden Beleidigung spielt hier wohl der rassistische gedankliche Kurzschluss „arabischer Name, also Muslima“ eine Rolle: Die libanesisch-stämmige Hammoud ist eigenen Angaben zufolge gar keine Muslima. Ob die Äußerung für Cordts Folgen hatte, ist Monsters nicht bekannt. Bis zum Ende der Amtszeit Ende Februar blieb er Mitglied des AStA.

Wenig Sensibilität beim RCDS

Wenig sensibel reagierte indes der Koalitionspartner RCDS: Über den internen Verteiler ging eine Mail mit Screenshots der rassistischen Entgleisung. Insidern zufolge stammte die Mail von einem RCDS-Mitglied. Der Betreff deutete, wie Screenshots belegen, wenig Problembewusstsein an: „Mal was um die Stimmung aufzulockern“.

Auch in der letzten Sitzung des Studierendenparlaments äußerte sich RCDS-Spitzenkandidat Jan Bley wenig respektvoll. Der JuSo-Hochschulgruppe zufolge reagierte er auf die angesprochenen Screenshots mit „Kann ich die mal sehen? Das klingt lustig“. Mittlerweile betont der RCDS Göttingen in einer Stellungnahme bei Facebook, dass die Aussage Bleys „falsch interpretiert“ worden sei und man sich grundsätzlich von „jedem Extremismus“ distanziere. Vorsorglich entschuldigte sich Bley trotzdem.

Künftige Koalition wackelt

Was die Ereignisse für die künftige AStA-Koalition bedeuten, ist indes unklar: Tatsächlich zeichnete sich im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des Studierendenparlaments eine ähnliche Koalition wie im letzten Jahr ab. Lediglich die Unabhängigen Mediziner sind gar nicht erst zu den Wahlen angetreten. Stattdessen bot sich nach den Wahlen die „PARTEI Hochschulgruppe“ als Koalitionspartner an. Ohne eine dritte Hochschulgruppe haben ADF und RCDS keine ausreichende Mehrheit im Parlament, um einen AStA zu bilden.

Die Beteiligung der „Partei Hochschulgruppe“ an einem ansonsten von ADF und RCDS dominierten AStA steht nun scheinbar auf der Kippe. Bereits während der konstituierenden Sitzung des Studierendenparlaments zeigten sich Mitglieder der Mutterpartei „Die PARTEI“ schockiert: Der Ex-„Titanic“-Redakteur Leo Fischer bat in einer Twitter-Stellungnahme: „Aufhören! Das ist ja eklig“. Zahlreiche Ortsgruppen der Partei „Die PARTEI“ stimmten ihm zu. Bundesweit hatten Partei-Gruppierungen immer wieder Stimmung gegen Konservatismus gemacht. Insbesondere der tiefschwarze RCDS war häufig das Ziel von Spott und Hohn.

Ob die Hochschulgruppe der Satirepartei „die PARTEI“ im künftigen AStA mitwirken wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar: Zwar sei man in erster Linie von den Reaktionen auf die Ankündigung der Koalition mit ADF und RCDS „schockiert“. Zunächst wolle man aber intern besprechen, wie es weitergeht, so eine Stellungnahme – wiederum auf Facebook. Im Wahlkampf hatte sich die „Partei Hochschulgruppe“ noch engagiert gegen Rechtspopulismus in Gestalt der AFD (trotz gleichen Buchstabenrepertoires nicht zu verwechseln mit der ADF) gezeigt. Ob die Einsichten in die letzte Koalition zur aktuellen Verunsicherung der „Partei-Hochschulgruppe“ beigetragen haben, ist Monsters nicht bekannt.

Zum Nachdenken hat die Gruppe eine Woche Zeit bekommen: Die Sitzung wurde nicht lang nach der Aussprache zum AStA der letzten Legislatur um eine Woche vertagt. Zu Neuwahlen von AStA-Posten kam es nicht einmal. Weiter soll es nun am Donnerstag ab 15 Uhr gehen.

Update:

Die ADF hat mit einer Stellungnahme reagiert:

Erstens ist Christian Cordts kein Mitglied der ADF mehr. Es stimmt zwar, dass er von der ADF im vergangenen Jahr als Kandidat nominiert wurde und dort auch die längste Zeit des vergangenen Jahres aktiv war, ist er seit dem 17. November kein Mitglied der ADF mehr. Er hat auch nicht für die ADF oder eine ihrer Untergruppen kandidiert.

Zweitens hatte der oben geschilderte Vorfall (leider erst mit einigen Monaten Verspätung, da er erst dann öffentlich wurde), die Konsequenz, dass im November ein Ausschluss von Christian Cordts aus der ADF gefordert wurde. Christian sah daraufhin seinen Fehler ein, entschuldigte sich schriftlich bei Elena und kam dem erwarteten Ausschluss durch Austritt bevor. Eine Abwahl von seinem Amt als Hochschulreferent stand zur Debatte, wurde aber wegen bisher guter Arbeitsleistung und aufgrund weit fortgeschrittener Amtszeit schließlich – mit expliziter Billigung Elenas – nicht durchgeführt.

*Auf Bitte unserer Quelle werden wir die Screenshots nicht veröffentlichen.

Der Autor des Artikels war selber lange in der Hochschulpolitik engagiert und hat dort in der Hochschulgruppe Schwarzrotkollabs mitgearbeitet.

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