Gegen Neonazis im Eichsfeld

Sowas wie Schadensbegrenzung
von am 15. Mai 2014 veröffentlicht in Gespräche, Neonazis, Titelstory
Die association progrès ist seit kurzem im Eichsfeld aktiv
Die association progrès ist seit kurzem im Eichsfeld aktiv

Am 17. Mai veranstalten Thorsten Heise und seine Konsorten von der NPD Eichsfeld erneut ein Rechtsrockkonzert in Leinefelde. Auch dieses Jahr ruft ein Bündnis aus Anwohner_innen, Kirchen und linken Gruppen zu einer Gegendemonstration auf. Wie es so ums Eichsfeld bestellt ist und warum eine linke Organisierung hier wichtig ist, erzählt uns die neugegründete Gruppe „association progrès“.

Was passiert dieses Jahr in Leinefelde?

Réné: Es wird eine Demo am Samstag um 17 Uhr ab Leinefelde Bahnhof nach Leinefelde-Süd geben. Auf dem Sportplatz dort findet der Eichsfeldtag statt. Das Bürgerbündnis gestaltet zudem auch wieder eine Vorabendaktion auf dem Sportplatz mit Musik und Malen sowie Infoständen, Vorträgen und Lesungen.

Und wie wird das Konzert verhindert?

Alex: Verhindert wäre natürlich ein Wunschtraum, aber das wird wohl kaum passieren. In Thüringen gibt es nach wie vor kein Interesse dort groß hin zu mobilisieren. In Göttingen wurde es in den letzten Jahren zwar geschafft das Interesse darauf zu lenken, das ist aber auch nur teilweise am laufen. Dieses Jahr liegt der Termin in der Zeit der Blockupy-Aktionstage. Deshalb wird es mit der Mobilisierung schwer laufen. Dabei müsste dieses Jahr das Interesse eigentlich höher sein. Immerhin ist der 17. Mai auch der internationale Tag gegen Trans*- und Homophobie.

Wie wird das denn thematisiert werden?

Réné: Zum einen gibt es einen Queer-Block, der auf jeden Fall in unserem Teil der Demo auch vorne laufen und eigene Redebeiträge beisteuern wird. Dazu wird es in Göttingen eine Kundgebung am Nabel geben um 14:30 Uhr. Von dort aus wird es auch eine gemeinsame Fahrt ins Eichsfeld geben.

Mike: Es gibt zu dem Thema einen eigenen Abschnitt in dem Aufruf. Es geht darum die eigentliche Bedeutung des Tages in den Vordergrund zu rücken und gegen die Vereinnahmung des Tages durch Nazis einzuschreiten.

Alex: Es war uns in diesem Jahr auch recht wichtig unsere Inhalte in den Vordergrund zu stellen. Ein einfaches gegen Nazis Wettern reicht uns nicht und wir wollten deshalb den Fokus mehr auf unsere Themen lenken.

Wie kam es zum Queer-Block?

Mike: Wir haben unterschiedliche Gruppen zum Treffen eingeladen, darunter feministische Gruppen aus Göttingen. Daraufhin ist das 17. Mai-Bündnis mit in unser NoHeimat-Bündnis gekommen. Das 17.Mai-Bündnis hatte von Anfang an beides im Blick, gerade auch durch das Engagement der Grünen Jugend.

Auf eurer Webseite ist von einer antirassistischen Flyeraktion zu lesen. Ist die Situation von Refugees im Eichsfeld auch ein brennendes Thema für euch?

Alex: Das Wortspiel ist ziemlich bitter. Seit Anfang des Jahres ist bekannt, dass es auf das Lager Breitenworbis Angriffe mit Feuerwerkskörpern und Steinen gab. Außerdem wurden mehrmals Refugees per Auto verfolgt.

Réné: Es zeigt sich, dass der Stammtischrassismus in Aktion umschlägt, das war für uns alarmierend. Letztes Jahr gab es auch den Plan in Heiligenstadt eine Unterkunft zu schaffen. Eine „Nein zum Heim“ Facebookseite kam in kurzer Zeit auf über 1500 Likes.

Mike: Aber das war eben eher eine One-man-show. Zum Glück!

Réné: Ja aber schau mal, das zeigt den Nazis wie viel Rückhalt sie hier haben. So einfach 1500 Leute aus dem Freundeskreis. Das hat sich dann erledigt, als die Pläne fallen gelassen wurden. Aber die haben sich da selbst mit gefeiert.

Alex: Jetzt kommt das Lager in irgendein totales Nest, wo schon Transparente hängen gegen Refugees, wie der FlüchtlingsRat erzählte.

Aktionen gegen den Eichsfelder Heimattag
15.05. 19 Uhr Grünes Zentrum
Vortrag zu Thorsten Heises Rechtsrockkonzert
16.05. Sportplatz Leinefelde-Süd
Vorabend Aktionen des Bürgerbündnisses
17.05. 14:30 Uhr Uhr Am Nabel Göttingen
Kundgebung zum internationalen Tag gegen Trans*- und Homophobie
17.05. 15:45 Uhr Bahnhof Göttingen
Zugtreffpunkt für gemeinsame Anreise
17.05. 17 Uhr Leinefelde Bahnhof
Demonstration gegen den Eichsfeldtag

Der Eichsfeldtag ist ja mittlerweile traurige Tradition. Ihr habt euch als Gruppen jedoch neu zusammengefunden. Wie kam es dazu?

Alex: Das liegt eben auch daran, dass es hier sehr schwierig ist was konstant am laufen zu halten. Mangels einer vorhandenen Infrastruktur. Weder kommt man hin, noch kommt man weg.

Réné: Sobald es mal was gab, sind dann die Leute auch schon wieder weg wegen Ausbildung, Studium und so. Das macht es extrem schwierig. Die Gegend ist eben nicht so interessant. Ich wohne selber auch nicht mehr hier, komme aber zurück um irgendwas mal zu machen. Denn das tut ja sonst niemand hier.

Was sind denn eure Pläne hier im Eichsfeld?

Mike: Der Wunsch ist langfristiger was zu machen. Zumindest Anlaufstelle sein für Leute, die es Kacke finden wie es läuft. Aber auch zum Beobachten, Austausch und Diskutieren, um sich selber auch weiter zu bringen. Ich glaube es ist gar nicht so wichtig nach außen was anzubieten, weil das eh keinen interessiert, sondern dass man hier was macht. Es ist ja auch sowas wie Schadensbegrenzung. Denn du wirst es nicht schaffen diesen Landstrich hier irgendwie emanzipatorisch zu gestalten

Uiuiui…

Réné: Ja klingt etwas resigniert, aber wir machen das ja auch ein Weilchen. Naja aber es kommen ja eben auch Wahlkämpfe, die wir natürlich nicht unbeantwortet lassen wollen. Jetzt kam es schon mehrfach vor, dass die NPD dreimal Infostände machte. Und da ist eben auch das Problem schon seit Jahren, dass das Amt nicht preis gibt, wann die NPD ihre Veranstaltungen angemeldet hat, obwohl sie das müssten. Wir haben jetzt eben auch Europawahl und Kommunalwahl Ende Mai und dann eben auch noch Landtagswahlen im September.

Mike: Die NPD hat auch schon angekündigt über 40 Städte mit ihren Flagschiff anzusteuern. Da kann man sich eben schon sicher sein, dass es sicher in Heiligenstadt und Leinefelde was geben wird.

Klingt ja nicht unbedingt nach Hedonismus, was ihr so politisch machen wollt?

Alex: Wir würden ja gerne mal sowas wie ein Konzert machen, aber es ist eben schwer eine Location zu finden, die sich nicht dagegen wehrt, wenn „Linksextreme“ kommen. Und das mit dem Namen und Adressen angeben beim Anmieten ist auch schwierig. Natürlich will man auch nicht immer bei der Linken was machen, weil das hat dann so ein Label.

Wie sprecht ihr denn die Leute an?

Mike: Man lernt Leute in der Schule kennen und dann eben auch im Internet. Es gab aber auch Leute, die sich kennen über das NoHeimat Bündnis. Ich denke es gibt überall Leute, die was machen wollen.

Réné: Wir wollen eben gern Anlaufpunkt sein. Deshalb sind wir auch sehr präsent auf Twitter, Facebook und unserem Blog, denn irgendwie kommt man da einfacher in Kontakt.

Mathias Fiedler von der NPD hat uns übrigens auch schon geliked. Bei der NPD Eichfeld ist angekommen, dass es uns gibt. Immer wenn es einen Stand von denen gibt, dann schnellen die Zugriffszahlen auf der Seite hoch.

Alex: Durch unsere Gruppe ist auf jeden Fall ein bisschen was in Gang gekommen. Naja sonst gibt es ja auch keine Alternative. Wir hoffen, dass wir nun auch was bewegen können und Leute auf uns zukommen.

Vielen Dank euch für das Gespräch.

Alex: Sehr gerne, wir freuen uns über das Interesse an unserer Arbeit.

Jetzt erst mal nen Sterni!

Mike: Tja irgendwas gutes muss die Fahrt hierher ja haben, wa?!

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