Sci-Fi Spektakel im Kino
Star Trek – Into Darkness
von Fernseherin am 21. Mai 2013 veröffentlicht in Kultur, Leinwand, TitelstoryMal wieder in Gefahr: Die vereinigte Föderation der Planeten (Foto: MoG)
Der neueste Star-Trek-Streifen “Into Darkness” übertreibt es mit den Special Effects, kann dafür aber mit überzeugend gespielten Charakteren punkten. Trekkies werden zugleich enttäuscht und begeistert sein.
Seit kurzem ist der neue Star Trek-Film in den Kinos, der die Charaktere Kirk, Spock, Pille und Co. In ihrem „neuen zweiten“ packenden Weltraumabenteuer zeigt. JJ Abrams‘ Reboot des Star Trek-Universums geht damit in die zweite Runde. Geboten wird einmal mehr übertriebenes Action-Spektakel von der Stange, durchsetzt mit einer Fülle an augenzwinkernden Reminiszenzen an über 40 Jahre Star Trek.
Wie schon „Star Trek“ (2009) gönnt auch Into Darkness dem Publikum wenig Ruhe. Die Zukunft ist laut, blendend und nervig, und es wird vermutlich mehr gerannt als in allen bisherigen Star Trek-Filmen zusammen. In Puncto Action unterscheidet sich Into Darkness kaum noch von dem, was andere Filme des Genres heute standardmäßig auszeichnet. Das liegt einerseits an der Bombast-Action explodierender Raumschiffe und einstürzender Hochhäuser, auf die scheinbar kaum ein Science Fiction-Film mehr verzichten mag. Andererseits wirft auch Into Darkness vieles über Bord, was Star Trek in Sachen Look und Feel immer ausgezeichnet hat. Schade.
Eingefleischte Trekkies dürften sich weiterhin am unfassbar überkandidelten Production Design stören, das seit Abrams‘ letztem Trek-Streifen unerträglich schief im Kanon des Trek-Universums mitsingt. Das Design der altehrwürdigen Enterprise, vollkommen zu recht von einem Trek-Blogger als „Fanboyish Über-Enterprise“ bezeichnet, wird diesmal gar noch von einem Föderations-Schlachtschiff (!) getoppt, bei dem man befürchten muss, dass es sich gleich in Megatron transformiert.
Erfrischende Charaktere
Während also der Hollywood-Reaktor mit der bekannten Star Trek-Materie unnötig Schindluder treibt und mit Blick auf Merchandise-Gewinne die Hardcore-Fans verprellt, passiert allerdings auch etwas Positives. Auf der anderen, der menschlichen Seite, befördert der Film das Publikum zurück in die Gesellschaft vertrauter Charaktere, was dank einer hervorragend gecasteten Crew doch zu einem angenehm erfrischenden Erlebnis wird. Pille: „I’m a Doctor, not a torpedo technician!“
Wer regelmäßig in die Popcorntüte schaut, merkt dabei auch nicht, wie die Augenzwinkerei im Stakkato der schnellen Schnitte bisweilen in hemmungslosen Klamauk abgleitet. Ernst nehmen lässt sich nur der familienorientierte Superschurke, gespielt von Benedict Cumberbatch, der sich nach einem Drittel des Films überraschend als alter Bekannter entpuppt, gegen den die Borg-Königin aus „Star Trek – First Contact“ wirkt wie eine verkabelte Biene Maja. Die Stammbelegschaft der U.S.S. Enterprise trickst sich derweil spitzbübisch wie eh und je durch eine ausweglose Situation nach der anderen.
Nebensache Weltenbrand
Die Handlung bleibt dabei überraschend bodenständig, denn es geht nur scheinbar um einen wahnsinnigen Superterroristen, der aus Rache für irgendwas die Welten brennen sehen will. Verschachtelt ist hier nur wenig und die Fronten verschieben sich in überschaubaren Grenzen. Dabei wirken die großen Momente wie die Gags aus den alten Filmen geklaut – wenn sie es nicht sogar sind – und mit Wonne durch den Abrams-Wolf gedreht.
Alles in allem ein durchweg unterhaltsamer Film, dessen Unterhaltungswert vor allem im Wiedererkennungswert der eingeschmuggelten Details liegt, die sich Enthusiast_innen und Kenner_innen der Materie wie Eier im Garten am Ostersonntag zusammenlesen können. Glücklich macht das auf Dauer niemanden, rechtfertigt aber zwei Stunden ruhigen Sitzens allemal. Into Darkness ist so zwar gute Unterhaltung, bleibt aber ein mittelmäßiger Film, der Genrefans gleichzeitig verärgert und begeistert. Man darf gespannt sein, was Abrams aus Disneys Star Wars macht.
P.S.: Der Film fällt, wie zu erwarten war, durch den Bechdel-Test.
Aus feministischer Perspektive ist der Film übrigens eine einzige Katastrophe, die zwei (!) Darstellerinnen, welche wiederkehren, haben die Rollen der besorgten Freundin und der hilflosen Tochter des Mittelbösen. In einer Schlüsselszene, in der die wichtigsten 20 Menschen der Sternenflotte an einem Tisch sitzen, ist keine einzige nichtmännliche Person dabei, außerdem kann ich mich auch nur an kaukasische Männer mittleren Alters, schlank und amerikanische Frisuren, erinnern.
In emanzipatorischer Hinsicht ist dieser Film rückständiger als das Ur-Ur-Ur-Original (der Pilotfilm The Cage) von 1964.
Das ist mir auch negativ aufgefallen. Vor allem Uhura wird hier als klassische „Zicke“ konstruiert. Da war der Vorgängerfilm von 2009 schon weiter. Wenn auch nicht viel…
„The Cage“ ist übrigens ein gutes Stichwort. Nicht nur hat die Enterprise eine weibliche Number One, der Captain ist auch kein stereotyp männlicher Draufgänger wie Kirk, sondern ein selbstzweifelnder Melancholiker. Beides passte Paramount nicht, genauso wenig wie Mr. Spock. Gene Roddenberry musste also Captain und Number One aufgeben, damit er wenigstens Spock behalten konnte. Da Roddenberry aber keine Brückenbesatzung ohne Frau haben wollte, kam Uhura an Bord, ein Charakter der gleichzeitig ein Statement gegen den Rassismus in den USA der Sechzigerjahre war. Das wurde von Paramount zähneknirschend geduldet. Dennoch bleibt die Darstellung von Geschlechterrollen in der Original „Star Trek“-Serie (und teilweise auch in späteren Serien) extrem stereotyp.
Dem ist durchweg zuzustimmen. Unter anderem daher mein Hinweis auf den Bechdel-Test. Mehr dazu, was das eigentlich ist, ist hier schön erklärt (auf Englisch):
http://www.feministfrequency.com/2009/12/the-bechdel-test-for-women-in-movies/
Um die Kritik zu vervollständigen sei auch noch auf die Minirock-Uniformen hingewiesen. Ich bin allerdings mit Anita Sarkeesian der Auffassung, dass die kritikablen Aspekte den Genuss von Unterhaltung nicht ausschließen, und dieser Film will offensichtlich (leider) nicht mehr als das. Hollywoodkino der Gegenwart eben.
Juhu, endlich mal wieder eine Diskussion auf der Seite 😉
Zumindest ein Ansatz von Einsicht bei einem der Drehbuchautoren, was die Darstellung von Frauen in dem Film angeht: http://www.moviepilot.de/news/entschuldigung-fur-nacktszene-in-star-trek-into-darkness-122266