Indie ganz nah – das Fest van Cleef in Northeim
von irrgartnerin am 9. Juli 2009 veröffentlicht in Musik, TexteAn diesem Freitag steigt in Northeim das Fest van Cleef, quasi der Familienausflug des Plattenlabels Grand Hotel van Cleef, das Indieherzen höher schlagen lässt, haben sie doch Bands wie Tomte, Kettcar, Olli Schulz und der Hund Marie, Death Cab for Cutie oder Maritime unter Vertrag. Beim alljährlichen Fest van Cleef, das zum ersten Mal in die Nähe von Göttingen kommt, sind in diesem Jahr Gisbert zu Knyphausen, Muff Potter, The Kilians, Why?, Tomte und Element of Crime mit dabei. Ort dieses kleinen, aber feinen Festivals ist die Waldbühne in Northeim, die man bisher vor allem mit alternden Rockern und Volksmusik in Verbindung brachte, also nicht weiter auf dem Schirm hatte. Doch nun: Das Fest van Cleef.
Gisbert zu Knyphausen fällt zunächst einmal dank seines Namens auf, der sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass er innerhalb kürzester Zeit vom Geheimtipp und Hoffnungsträger des Feuilletons zum allseits beliebten und bekannten Musiker avancierte. Vor ziemlich genau einem Jahr sah ich ihn hier in Göttingen im Café Kreuzberg; und zugegeben, voll wars auch damals schon, doch ist das Kreuzberg auch sehr klein, für Konzerte geradezu winzig und beengt. So richtig bekannt wurde er mit seinen in Songs gegossenen kleinen Geschichten erst danach – zu recht.
Muff Potter machen seit vielen Jahren Punk mit deutschen Texten. Im April veröffentlichten sie ihre neue Platte namens „Gute Aussicht“, die Songs darauf haben Titel wie „Alles war schön und nichts tat weh“, „Wie spät ist es, und warum?“ oder „Mein Freund, das Wrack“. Mein Lieblingssong ist immer noch der „Fotoautomat“ von ihrem inzwischen vorletzten Album „Steady Fremdkörper“ und ich hoffe stark darauf, morgen lauthals „und da wo ich hingeh ist der Himmel niemals grau, jeder Sturm ne sanfte Brise und die Pfützen aus Kakao. Ich schlage eine Bresche in meinen Lebenslauf, ich fliege auf die Fresse und dann steh ich wieder auf“ mitsingen zu können.
The Kilians klingen so, wie man es von einer Band erwartet, die sich ein „The“ vor den englischen auszusprechenden Namen setzt, was jedoch keine Kritik sein soll, dafür machen The Kilians viel zu viel Spaß und viel zu gute, tanzbare Rockmusik. Auf der Seite des Labels wird vollmundig versprochen, an dieser Band könne man sich weder satt hören noch satt sehen – schauen wir doch mal.
„Und jede Woche eine neue Superlative! Eine der drei besten Bands der Welt wird Deutschland exklusiv bei und für uns spielen. Keine andere Band hat in den letzten 2 Jahren das Musikalische so sehr erschüttert wie die unglaublich-unglaublichen aber trotzdem wundervoll irdischen WHY? aus Oakland. Songs aus einer Welt so verrückt und eigenständig und trotzdem poppig und unaufgesetzt. Schon jetzt werden sie in eine Reihe mit Pixies, Pavement, Sonic Youth und Wilco gesetzt. Und wenn da draußen mal wirklich jemand noch Lust auf gute Texte hat, Why? setzen musikalisch wie auch lyrisch Maßstäbe. Man kann es jetzt schon nicht erwarten das zu sehen und zu hören und zu spüren!“
Mit diesen Worten wird „Why?“, die einzige Band des Line-Ups, von der ich noch nie gehört habe, auf der Homepage des Labels van Cleef beworben. Auch in diesem Fall würde ich sagen: Schauen und hören wir doch mal.
Zu Tomte muss man gar nicht viel sagen, so einen Bekanntheitsstatus haben sie erreicht. Unter meinen Freunden kam es allerdings zu harten Diskussionen darüber,ob ihre neueste, im letzten Jahr erschienene Platte „Heureka“ den Höhe- oder vielleicht doch eher den Tiefpunkt ihrer bisherigen musikalischen Entwicklung markiert. Wirklich glücklich war ich mit dem neuen Album auch nicht, als ich es damals zum ersten Mal hörte, noch immer ist das im Jahr 2003 erschienene „Hinter all diesen Fenstern“ mein liebstes Album der Band, an das so schnell nichts heranreichen kann, doch manche Textzeilen der neuen Songs, sie gehen zweifellos ins Ohr, zum Beispiel folgende Zeilen aus dem Song „Küss mich wach, Gloria“: „Ich kann es riechen, das wird ein heißes Jahr, es kommt etwas auf mich zu, da ist keine Dezenz in meinem Sein, keine Überlegung in meinem Tun. Was ist es wert in der Welt, da ist ein Brief in der Post, es gibt nur einen Menschen, den ich kenn, den ich beruhigen kann.“
Element of Crime mit ihrem Frontmann Sven Regener, auch sie sind inzwischen allseits bekannt: Gepflegte, lakonische Melancholie ist ihr Markenzeichen, Gänsehaut ist da gut möglich; und wer das kitschig findet, der muss halt zuhause bleiben, alle anderen werden sich freuen und auf der dann schon dunklen Waldbühne ihre Feuerzeuge schwenken und vielleicht auch das ein oder andere kleine Tränchen verdrücken.
Hier noch einmal die Programmübersicht:
15:00 Einlass
16:30 Gisbert zu Knyphausen
17:20 Muff Potter
18:20 Kilians
19:30 Why?
20:45 Tomte
22:15 Element of Crime
Tickets gibt es für ca. 30 Euro an der Abendkasse.
die (mit einigem abstand) beste band im ghvc-roster fehlt in northeim leider…
PROPAGHANDI, wo seid ihr? 😉
das wäre nun wirklich das einzige gewesen, was diesem arschlahmen line-up (das label kann allerdings kaum anders), die wurst vom brot hätte ziehen können.
ich fand ja „why?“ ganz hervorragend.
hab gehört, es hat geregnet.
„regen“ ist gar kein ausdruck…