Sa. 17.05.: Festival im Juzi mit: ZANN, THE244GL, GUILLOTINE, RADIO BURROUGHS und mehr!
von John K. Doe am 12. Mai 2008 veröffentlicht in JuZI, Konzert, Locations, Termine, Tipp!, VeranstaltungsartFestival. Das ist eigentlich ein gefährliches Wort. Da denkt man unweigerlich an die üblichen Varianten. Eine Horde betrunkener Vollidioten, die mit Pavillion anreisen, mit freiem Oberkörper in jede zur Verfügung stehende Ecke pissen und zu schlechter Musik im Takt hüpfen (oft weit daneben). Den alternativen Versuchen kann ich auch nichts abgewinnen. Oft reichlich hippieeske Veranstaltungen mit einem Sammelsurium brechreizerregender Bands, schlechten Wursthaarfrisuren, Kindern (!), Sendungsbewusstsein und Feuerjonglage. Ekelhaft.
Das „kleine“ Festival im Juzi scheint nichts von alledem zu werden. „Festival“ steht hier wohl eher für den Umstand, dass etwas mehr als das übliche zu erwarten ist. Vier Bands, ein Film, ein Soundtüftler, veganes Essen und wenn alles glatt geht Plattenstände. Wenn das Wetter mitspielt, ein relaxter Sonnabend, an dem man gerne auch vor dem gefährlichen Haus einfach abhängen kann. Nicht selten ist der Sound dort eh um längen besser als direkt vor der Bühne.
Arbeiten wir uns durch das Programm.
Radio Burroughs aus Berlin sind der erfreuliche Beweis, dass der zweite große Indieschub nicht komplett im Gleichklang versumpfen muss. Sicher, neu ist da wirklich nichts, aber die Berliner verkorksen nichts im Versuch anders zu sein. Das ist solider Post-Rock, der von Sängerin Janett (?!) angenehm gebrochen wird. Mit etwas mehr Schmutz könnte das noch cooler sein.
Guillotine kommen auch aus Berlin. Also zu einem Teil. Keine Ausnahmeerscheinung mehr heute. Bands, die schon zum Proben Sternfahrten auf sich nehmen müssen. Guillotine gehören also auch dazu. Wer heute an deutschen Punkrock denkt, dem fallen unweigerlich die coolen Rachut-Bands ein, die mäßigen Rachut-Band-Klone, die Muff Potter-Klone die noch schlechter sind als das heutige Original – kurz: viele Bands die völlig gleich klingen. Am Ende weiß man, dass das Original trotzdem immer besser bleibt als alles andere und das Muff Potter nach der ersten LP einfach die Beine hätten hoch werfen sollen. Schön das es auch Bands wie Burned Out oder Amen 81 gab/gibt. Die Punkversion, die ohne Verweiß auf Hamburger Landungsbrücken auskommt (Notiz an alle: kloppt eure erbärmlich-beschissenen Kettcar Platten endlich mal auf den Restmüll des Deutschrock!) und tatsächlich das mittlerweile zum Kürzel verkommene „Punk“ auch umsetzt. Wut statt Watte. Auf die Zwölf statt Picknick! Wirklich erfreulich!
Zur Abwechslung das Rahmenprogramm: Towncraft ist ein Film, der in eine Zeit zurück führt, in der Musik vor allem mit Tatendrang zu tun hatte. D.I.Y. – Do It Yourself! Im beschaulichen Little Rock entstand in den frühen 90ern eine ausserordentlich vitale, junge Szene. Das ist jetzt vielleicht keine besonderheit für eine Zeit, in der Musik, vor allem aber auch Hardcore noch etwas anders funktionierte. Bemerkenswert war die Masse von genialen Bands, die aus dieser Szene heraus entstanden. Chino Horde oder Trusty um nur mal zwei zu nennen. Vielleicht das erste filmische Portrait einer Szene, welches nicht 80er Hardcore in den Mittelpunkt rückt. Bemerkenswert ist der Impact einer Idee, von D.I.Y., in einem recht provinziellen Umfeld. Die Little Rock-Szene wuchs schnell und scheint auch im fast erwachsenen Zustand nicht gestorben zu sein. Das ist tatsächlich bemerkenswert. D.I.Y. wird vielen schnell zu anstrengend. Praktischerweise gibt es heute genug politische Begründungen für gepflegte Hängemattentheorie. Musikalisch ist das oft nicht anders. Bands rotzen ihren bereits 500 Mal durch den Wolf gedrehten Müll immer wieder neu hin, bevor es überhaupt ein Demo gibt, gibt es Banner, Buttons, Shirts, Taschen und tausend andere Unnötigkeiten. Die Fans mit den Ponyfrisuren nehmen dankbar alles hin, Musik und Inhalt bleiben schön scheißegal solang der weiße Gürtel sitzt.
Es gibt nur wenig Bands in Deutschland, die genau für diesen alten D.I.Y. Anspruch stehen – Zann gehören definitiv dazu. Kaum eine Band hat derartig viel getourt. Es gibt nur wenige Flecken auf dieser Erde, die nicht von Zann unsicher gemacht wurden. Das alles hat die Band komplett selbst auf die Beine gestellt, immer mit gehobenem Mittelfinger. Musikalisch immer am Rande der Kakophonie – Live einer der unfassbarsten Dampfhammer der sich kaum Kategorieren lässt (Chaos!)! Zann haben bisher über 300 Konzerte gespielt und ein Ende scheint nicht absehbar.
Vor ein paar Jährchen gab es übrigens mal eine Split 7″ von Zann und THE244GL. Die bisher einzig vergriffene Platte der Band mit dem komischen Namen – ich bin mir aber ziemlich sicher das es an Zann lag. Wie auch immer…ebenfalls auf der Juzi Bühne THE244GL die zumindest Göttinger Wurzeln haben aber auch inzwischen Sternfahrer sind. Death-Raggea-Motherfuckers nennen sie sich, spielen Metal aber hassen alles, was heute dazu gehört. Statt Kajal und Totenköpfen hält die Band es eher mit Tapiren, Hasen und süßen Kätzchen.
Am Ende gibt es Balsam für die Ohren. Galena, dass ist Billy Sprague (ex-Ordination Of Aaron!!!) der etwas zum Besten gibt, was sich vielleicht als experimentelle Ambient-Musik bezeichnen lässt…und er schließt den Kreis zum Towncraft-Movie.
Beginn: etwa 18 Uhr und es ist dem Film und den ersten Bands zu wünschen, dass die Göttinger „Ich geh erst um kurz nach 11!“-Philosophie/Idiotie diesmal außen vor bleibt.
hola – da wurde mal etwas dampf abgelassen – gehts jetzt besser?
ich mag weder kettcar noch süsse kätzchen – darf ich trotzdem kommen?
neee neee
ich mag kettcar… und naja deutschrock? ist es vielleicht für viele der aktuellen fans,
aber wenn man die alten interviews liest und sieht was die band heute macht dann
macht das schon alles sinn.