Ball-flachhalten in Zeiten des Metropolenhypes: Heiko Werning – In Bed with Buddha
von am 7. Februar 2008 veröffentlicht in gelesen, Texte

Heiko Werning hat es drauf. Er hat es drauf, die großen Momente des Alltags und die kleinen Momente des Lebens auf vier bis acht Seiten Text auszubreiten. Die Stationen dabei sind natürlich Kindheit, Jugend, Sex, Elternschaft und so weiter. Von letzterer habe Ich allerdings auch erst eine Vorstellung, nachdem Ich Wernings Buch „In Bed with Buddha. Ein episodischer Entwicklungsroman“ gelesen habe. Jede Episode seines Entwicklungsromans nimmt uns mit zu einer Station in seinem Leben, ein Leben, das in Westfalen begann und den Weg nach Berlin fand. Der Hobby-Reptilienforscher und taz-Kolumnist Werning, der eigentlich lieber Zoodirektor geworden wäre, zeigt uns, wie man sich im Wedding zwischen allerhand Nachbarn, Tauben und Imbissen zurechtfindet und führt uns ins Dickicht seiner erotischen Verstrickungen. Er beleuchtet die Unterschichtendebatte aus ganz neuer Perspektive und weiss genau, was wir alle von Flußpferden lernen können.

Auf nicht ganz 200 Seiten hat Werning seine autobiographischen Kurztexte versammelt, die ursprünglich als kleine Happen für die Lesebühne gedacht waren. Jeder von ihnen enthält einen Ausschnitt aus seiner Vergangenheit, der letzte sogar einen aus der Zukunft. Es gelingt ihm dabei, durch schonungslose Direktheit und sehr subtilen Klamauk immer wieder, eine zum Lachen zu bringen. Und das ohne dass er es nötig hat ein Klischee nach dem anderen aufzuwärmen. Werning weiss, dass er kein Blatt vor den Mund zu nehmen braucht, wenn er seine ersten sexuellen Erfahrungen beschreibt oder seine Mutter beim massenhaften Ermorden von Schnecken portraitiert. Er braucht es nicht, weil uns solche Szenen nur allzu vertraut sind – auch wenn natürlich die männliche Perspektive dominiert. Dabei richtet er seinen Blick stets auf das Besondere im Alltäglichen oder eben auf das Alltägliche im Besonderen. Berlin zum Beispiel. Ohne mit der Feder zu zucken, reisst Werning der Hauptstadt ihren Nimbus der hippen Szenestadt ab, um ihn als Ersatz für das Leuchten der ARAL-Tankstelle vor das Fenster seiner im Hinterhaus gelegenen Parterrewohnung zu stellen. Kingt komisch. Ist es auch.

„In Bed with Buddha“ ist das unterhaltsame Portrait eines vertraut scheinenden Lebens das hoffentlich noch genug Stoff für mehr Bücher bereithält. Das Buch ist ein Aufruf zum allgemeinen Ball-flachhalten in Zeiten des Metropolenhypes und ein scharfer Blick in die Mikrophysik des alltäglichen Berliner Provinzwahnsinns und der Westfalener Weltstadtnormalität.

Heiko Werning: In Bed with Buddha. Ein episodischer Entwicklungsroman. Edition Tiamat 2007. ISBN 3-893-20113-0

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3 Kommentare auf "Ball-flachhalten in Zeiten des Metropolenhypes: Heiko Werning – In Bed with Buddha"

  1. bats sagt:

    hört sich gut an
    aber ich bin pleite… leihst du es mir aus? 😉

  2. Fernseherin sagt:

    Klar, Ich brings dir vorbei. Wo wohnst du nochmal? 😀

  3. bats sagt:

    wenn ich es vorher gesagt hätte dann hättest du es gestern mitbringen können 😉

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