Roman Polanski – von Vampiren und Horror
von John K. Doe am 2. September 2007 veröffentlicht in Leinwand, Texte„Tanz der Vampire“, Polanskis Version eines klassischen Themas. Mit „Tanz der Vampire“ verbindet sich jedoch auch eine tragische Geschichte. Überhaupt scheint Roman Polanskis Leben selbst filmreif zu sein. Als Kind landet Polanski samt Familie im Krakauer Ghetto. Die Mutter stirbt kurze Zeit später in Auschwitz, der Vater kommt wie durch ein Wunder lebend aus dem KZ Mauthausen. Auch Polanskis Schwester überlebt die Deportation, der damals 9-jährige Roman Polanski wird im Schuppen bei einem Bauern versteckt.
In den 60er Jahren arbeitet Polanski in Polen beim Film, dreht erste Kurzfilme, 1968 emigriert Polanski in die USA und dreht hier eines seiner unbestrittenen Hauptwerke. „Rosemaries Baby“, ein Gruselfilm ganz neuer Sorte. Ein beängstigender Stoff, handwerklich völlig überzeugend dargeboten und stilbildend für das Genre. Der Film macht das Dakota-Building in New York weltberühmt. Ein paar Jahre später zieht dort John Lennon mit Ehefrau Yoko und Sohn Julian (aus erster Ehe) ein. Und dort wird Lennon 1980 von Mark David Chapman, besessen von Salingers Roman „Der Fänger im Roggen“, erschossen. Im Dakota-Building, dass im Film „Bramford-Haus“ heißt, muss sich das Ehepaar Woodhouse der Gastfreundschaft und später dem teuflischen Terror der Nachbarn ergeben. Eine Schwangerschaft, viel Blut und viel Wahnsinn. Eine durch und durch dämonische Geschichte, stilvoll und erdrückend zugleich in Szene gesetzt. Der Soundtrack ist ein Klassiker der Filmmusik (man beachte die großartige Version von Fantomas!). Der Film macht Mia Farrow, Woody Allans spätere Frau, in der Rolle der Rosemarie zum Star. Im Fahrwasser folgen Filme wie William Friedkins großartiger „Der Exorzist“ oder Richard Donners „Das Omen“, die ganz ähnlich gelagert sind. Nur die Kirchen laufen Sturm.
Danach wendete sich Polanski einem deutlich einfacherem, wenn auch klassischem Stoff zu. Den Vampiren! Ein schon damals fast abgegessenes Thema. Murnaus Klassiker „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“, einzigartig und stilbildend. Dann höchstens noch Brechungen des Themas wie Carl Theodor Dreyers „Vampyr“, der beängstigend und still wie ein Traum verläuft, ohne wirkliche Vampire. Polanskis Brechung des Themas ist eine ganz andere.
Professor Ambrosius hat just seinen Lehrstuhl an der Universität von Königsberg verloren, denn allzu laut dozierte er über den „Vampirismus“. Mit Assistent Alfred (Polanski selbst) macht er sich auf nach Transsylavanien, der Heimat der allzeit stilvoll gekleideten Vampire. Schnell treffen die Reisenden auf eindeutige Zeichen – überall Knoblauch. In einem Gasthaus verliebt sich der tollpatschige Alfred in Wirtstochter Sarah. Doch auch Graf Krolock, Vampir erster Güteklasse hat andere Pläne mit der schönen Sarah. Es folgen Entführungen und Ansteckungen. Nach allerlei listigen Verwirrungen und Plänen – dabei erfahren wir, das man Vampire nicht im Spiegel sieht, und selbige durchaus homosexueller Neigungen folgen – schaffen es Ambrosius und Alfred die Vampire über das ganze Land zu verteilen. Polanskis „Tanz der Vampire“ ist nicht nur eine herrliche Persiflage auf den Vampirfilm, sondern auch auf den frühen Horrorfilm an sich. Dabei wurde Polanski nie platt, sondern schaffte es auch in seiner launigen Version zu gruseln. Polanskis erste Großproduktion war ein Riesenerfolg und wurde selbst ein Klassiker. Und doch verband sich die Tragik auch mit diesem Film. In der Rolle der Sarah Shagal ist das Supermodell Sharon Tate zu sehen. Polanski und Tate heiraten, Tate wird Schwanger.
Dann, 10 Tage vor der erwarteten Geburt Polanskis ganz persönlicher Horror. Kein Film diesmal! Am 9. August 1969 verschaffen sich Susan Atkins, Charles „Tex” Watson, Patricia Krenwinkel und Linda Kasabian Zugang zur Villa des Ehepaares, am Cielo Drive in Los Angeles. Polanski selbst weilt zu dieser Zeit in Europa. Schon auf dem Weg zum Haus erschießen die vier, die man später die „Manson Family“ nennen wird, einen 18-jährigen Studenten. Drei Bekannte von Tate, die an diesem Abend ebenfalls anwesend waren werden bestialisch ermordet, zum Schluss wird die hochschwangere Tate mit 16 Messerstichen ermordet. In seiner ganzen Wut und Verzweiflung führte Polanski Journalisten durch das blutverschmierte Anwesen und hielt eine durch Mark und Bein gehende Pressekonferenz. Charles Manson und ein Teil seiner Anhänger wurden 1970 zum Tode verurteilt, sie hatten noch ein paar mehr Morde begangen und wurden kurz nach dem Tate-Mord verhaftet. Später wurde die Todesstrafe abgeschafft, um Charles Manson herrscht noch heute eine Art Kult.
Und Polanski? Der drehte weiter erfolgreich Filme – und blieb eine durchaus umstrittene Persönlichkeit. 1977, Polanski ist 43 Jahre alt, gibt es einen Skandal um Nacktfotos einer 13-Jährigen. Nach einem reichlich widersprüchlichen Prozess und 45 Tagen Haft floh Polanski nach Paris.
Polanskis weiteres Filmwerk bleibt mit Filmen wie „Frantic“, „Der Pianist“ oder „Oliver Twist“ unumstritten einzigartig.
Am Montag, dem 03.09. läuft „Tanz der Vampire“ im Lumiere!