Gedenkdemo für Clément Méric

Folge des aufgeheizten Klimas
von am 8. Juni 2013 veröffentlicht in Neonazis

Das Foto des 18-jährigen Antifaschisten machte schnell die Runde

Landesweite Proteste in Frankreich, Gedenkdemos in ganz Europa, auch in Frankfurt, Berlin und Göttingen. Der 18-jährige Antifaschist Clément Méric wurde am Mittwochabend von Nazis brutal zusammengeschlagen und erlag später seinen Verletzungen. Etwa 200 AntifaschistInnen gingen in Göttingen auf die Straße.

„La rage au coeur, n’oublions jamais!“ steht gesprüht mit Graffiti auf einem Transparent von Göttinger AntifaschistInnen. Darüber in roten Buchstaben „Kein Vergeben, kein Vergessen“. Daneben das Profil eines jungen Mannes.  Clément Méric war ein antisexistischer Aktivist, Veganer und Herausgeber einer Satirezeitschrift in Paris. Und er war erst 18 Jahre alt.

Göttinger Antifagruppen versammeln sich auf dem Marktplatz

Gegen 20 Uhr ist die Wut im Herzen am Donnerstagabend auf dem Göttinger Marktplatz deutlich zu spüren. Etwa 200 AntifaschistInnen haben sich versammelt, das Bild von Clément Méric ragt neben den Anitfaflaggen und Transparenten deutlich sichtbar heraus. Es herrscht eine bedrückende Stimmung, was sich auch im Gespräch mit einem Aktivisten bemerkbar macht.

„So eine Aktion darf einfach nicht unbeantwortet bleiben. Dass so etwas in Westeuropa passiert, ist einfach krass“, sagt der Aktivist. Aus dem Umfeld des Ermordeten ergibt sich bisher folgendes Bild: Clément Méric befand sich am Mittwochabend in einem Klamottenladen, nahe des Bahnhofs Saint Lazare in Paris. Drei seiner FreundInnen verließen das Geschäft, als sie draußen mehrere Naziskins bemerkten, die Schlagringe dabei hatten. Ein Wachmann des Geschäfts bemerkte die Nazis ebenfalls. Er sagte zu Mérics FreundInnen, dass er keinen Stress wolle, versprach aber, die Neonazis zu durchsuchen. „Hat er aber nicht gemacht“, erklärt ein Aktivist gegenüber MoG.

„Daraufhin hat Clément den Laden verlassen. Es kamen noch zwei Neonazis dazu. Diese fünf Faschos haben dann die kleine Gruppe umzingelt, angefangen sie zu beleidigen und zu schubsen“, erzählt der Aktivist, „plötzlich hat einer Clément mit einem Schlagring ins Gesicht geschlagen. Er ist auf den Boden gefallen und ist mit seinem Kopf auf einen Metallpfosten geschlagen.“

Mord als Konsequenz des aufgeheizten Klimas von Rechts

Die TäterInnen sind entkommen, Clément Méric wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Gegen 1 Uhr nachts wurde bei Méric der Hirntod festgestellt. Der französische Innenminister Manuel Valls (Parti Socialiste) sprach den Angehörigen sein Beileid aus, eine Welle des Protests brach in Frankreich los. Eine Welle, die bis nach Göttingen reicht. Eine Genossin von Clément Méric hält einen Redebeitrag auf dem Marktplatz. Sie kämpft mit ihrer Stimme, versucht die rechte Gewalt und den Mord aber mit Fassung einzuordnen.

Schon am 1. Mai sei Méric von Faschisten attaktiert worden, erzählt sie, als eine Auftaktkundgebung durch 30 Nazis mit Messern und Gürteln angegriffen wurde. Damals musste er mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus gebracht werden. „Schon da drückte sich das politische Klima in solchen Angriffen aus“, sagt die Genossin Mérics in ihrem Redebeitrag, „das politische Klima, das sich in den letzten Monaten immer weiter zuspitzte: seit November gehörte die Straße den Faschos. Gruppen, von denen man dachte, sie seien längst unbedeutend, erfuhren einen rasanten Aufschwung.“

Für den Aufschwung katholischer FundamentalistInnen, AnhängerInnen des Hitler-Kollaborateurs Phillipe Pétain und rechter Skinheads oder Nazis sei die ganze Gesellschaft mitverantwortlich, „allen voran die homophoben Demonstierenden der letzten Monate, alle die dazu geschwiegen haben – und die Regierung, die vor den Protestierenden zurückgewichen ist.“

In dem zunehmend homophoben und nationalistischen Klima würden Faschisten sich wohl fühlen, so die Genossin weiter. Antifas, FeministInnen und LGBTs hingegen würden zunehmend in Angst leben. Neben anderen macht auch Mérics Genossin die aufgeheizte politische Stimmung in Frankreich für den Tod des 18-jährigen Aktivisten verantwortlich.

Sie bittet um eine Schweigeminute.

Gedenkdemonstration durch die Innenstadt

Mit dem Hinweis, das Gedenken an den ermordeten Clément Méric zu respektieren und Ausschreitungen zu vermeiden, formiert sich der Demonstrationszug in Richtung Weender Straße. Mehrere Minuten steht der Demozug einfach nur da. Alle scheinen zu wissen, dass dies keine „normale“ Antifademo ist. Das Schweigen wird fortgesetzt, die Stimmung ist unheimlich.

„Kein Vergeben, kein Vergessen, Nazis haben Namen und Adressen,“ ruft der Demonstrationszug in einer Mischung aus Wut und Trauer. Schnellen Fußes geht es die Fußgängerzone runter und weiter durch die Innenstadt. „Clément Méric, das war Mord, Widerstand an jedem Ort“ und „Gebt den Nazis die Straßen zurück, Stein für Stein“ wird ebenfalls skandiert. Am Rande werden Flugblätter an PassantInnen verteilt, um über den Mord an Clément Méric und den Aufschwung der rechten Kräfte in Frankreich zu informieren.

Mit zurückhaltender Polizeibegleitung kommt die Gedenkdemo nach einer halben Stunden wieder auf dem Marktplatz an. Wie zu Beginn verharren die TeilnehmerInnen einige Minuten. Dann löst sich die Demo auf.

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Ein Kommentar auf "Folge des aufgeheizten Klimas"

  1. kuhba sagt:

    guter Artikel, nur waren es deutlich mehr als 200. Eher 300, vielleicht sogar mehr. Schreibt im übrigen richtigerweise auch das GT.

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