Linker AStA

„Mit den letzten zehn Jahren aufräumen“
von am 9. März 2011 veröffentlicht in featured, Unipolitik

Seit der Nacht von Montag auf Dienstag ist an der Universität Göttingen der neue AStA im Amt. Wir haben mit der frisch gewählten Vorsitzenden Elena Ségalen von der Juso-Hochschulgruppe über Wahlen, Koalitionsbildung und die kommenden Aufgaben gesprochen.

MOG: Koalitionsverhandlungen und konstituierende Sitzung habt ihr hinter euch. Ist die zehnjährige ADF-Ära damit beendet?

Ségalen: Wir haben immer noch den Finanzskandal, den wir auf jeden Fall aufarbeiten müssen. Und dann geht das natürlich so weiter. Der alte AStA hat uns zwar alles soweit überlassen, aber wir müssen eine neue Bürostruktur aufbauen, wir müssen neue inhaltliche Strukturen aufbauen. Wir haben jetzt auch mehr Referate eingeführt, als vorher vorhanden waren, da kommt also eine ganze Menge auf uns zu.

An den neuen Referaten, dem Gender-Referat, dem Ökologie-Referat und dem Referat für Demokratie, politische Bildung und kritische Wissenschaft erkennt man euren politischen Anspruch.

Uns geht es darum, damit aufzuräumen, wie es hier die letzten zehn Jahre gelaufen ist. Es geht uns nicht nur darum, die Studierendenschaft zu verwalten. Es geht uns um viel mehr, nämlich die Studierendenschaft zu aktivieren, weil wir denken, die Universität ist ein Teil dieser Stadt, ist ein Teil dieser Gesellschaft. Das bedeutet natürlich auch, dass wir hier nicht im luftleeren Raum schweben, sondern dass wir uns aktiv in aktuelle Diskussionen mit einbringen müssen.

Wenn man sich aber die Beteiligung an der vergangenen StuPa-Wahl, die unter 30 Prozent lag, in Erinnerung ruft, könnte man behaupten: Der Großteil der Studierenden will mit Politik an der Uni gar nichts zu tun haben.

Das sehen wir definitiv anders. Ich denke, ein ganz gutes Beispiel waren die Bildungsstreik-Aktionen im letzten Jahr. Da hat man gesehen, dass hier kaum ein Studierender einfach nur den Modulkatalog abarbeiten möchte, sondern dass es wirklich darum geht, Uni und Studierendenleben zu gestalten. Ich glaube, wir treffen da ganz viele Studierende, die sich endlich engagieren möchten, die aber nicht wissen, wo. Mit dem neuen AStA wollen wir eine Anlaufstelle bieten, damit die Leute sich wieder selber einbringen können.

Noch mal zurück zu Wahlergebnis: Die Grüne Hochschulgruppe war die große Gewinnerin, hat ihre Stimmen ungefähr verdoppelt und verfügt jetzt über acht Sitze im StuPa. Jusos und Basisdemokratisches Bündnis haben auch Sitze gewonnen, kommen jetzt auf zehn (Jusos) und fünf (BB), auch wenn beide Gruppen absolut an Stimmen verloren haben. Die Besetzung der Referate entspricht allerdings nicht der Sitzverteilung in der Koalition. Jusos und BB haben je drei Referate, Schwarz-Rot-Kollabs eins und die Grünen zwei. Sind die Grünen da nicht ein bisschen schlecht weggekommen?

Das glaube ich nicht. Jeder von uns hat bestimmt Aufgabenbereiche, in den wir „Profis“ haben. Die Grünen mit dem Ökologie-Referat und dem Hoschul-Referat – ich glaube, dass da sehr viel inhaltliche und konstruktive Arbeit bei rauskommt. Dass wir das Sozial-Referat haben und die Finanzen regeln, das hat sich einfach personell so ergeben, weil wir dafür die Experten haben.

Das klingt, als seien die Koalitionsverhandlungen recht harmonisch verlaufen. Das hätte man ja nicht unbedingt erwarten müssen.

Ja das stimmt, ich glaube aber auch, dass da viele Vorurteile gezielt gestreut werden: Dass alle linken Gruppen sich früher oder später zerlegen werden. Aber im letzten Monat während der Koalitionsverhandlungen hat man schon gesehen – und man wird auch das auch jetzt nach der Wahl des AStAs sehen – dass wir sehr viel arbeiten werden und dass das funktioniert.

Die konstituierende Sitzung hat insgesamt 27 Stunden gedauert, ging einmal bis sechs Uhr morgens und einmal bis drei Uhr morgens. Du selbst wurdest drei Stunden lang von der Opposition befragt, mit – wie zu hören war – eher sinnfreien Fragen …

… ob ich einen Freund hab, zum Beispiel. Für mich war wichtig, zu zeigen, dass ich eine Person bin, mit der man reden kann. Ich wollte nicht die Vorurteile bedienen, die aus anderen Gruppen gestreut werden. Ich glaube, diese drei Stunden, die ich mich habe befragen lassen, haben gezeigt, dass wir für Transparenz stehen und dafür, mir allen Gruppen in Dialog zu treten. Da haben wir schon unsere Schuldigkeit getan mit diesen 27 Stunden Sitzung.

Man könnte jetzt behaupten: Die Sitzung durch Fragen in die Länge zu ziehen, hat sich die neue Opposition von der alten Opposition – sprich den linken Gruppen – abgeschaut.

Im Netz findet man häufig den Kommentar „Die haben aber gut von euch gelernt.“ Ich glaube aber, es ist ein Unterschied, ob man inhaltlich kritisiert – sei es, dass wir schon immer den Umgang mit Finanzen kritisiert haben, oder den Umgang mit dem Bildungsstreik – oder ob man einfach nur eine Geschäftsordnung ausnutzt, um eine Sitzung Ewigkeiten in die Länge zu ziehen. Das haben wir uns am Schluss dann ja auch nicht mehr bieten lassen.

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