Blaue Flecken bei den Veilchen

Polizeigewalt beim Basketball
von am 19. Dezember 2010 veröffentlicht in Polizei & Justiz, Titelstory

Dass die Polizei mitunter Freundin von rabiater Gewaltanwendung ist, bekam am vergangenen Donnerstag ein Basketballfan in der Lokhalle zu spüren. Beim Spiel der BG Göttingen gegen Beşiktaş Istanbul seien ihm nachhaltig Schmerzen zugeführt worden, berichet er. Ihm sei der Arm stark verdreht worden, weil er seinen Platz nicht freigeben wollte.

Normalerweise sind die Basketballspiele in der Lokhalle eine polizeifreie Angelegenheit. Ein privater Sicherheitsdienst reicht aus, um den reibungslosen Ablauf der Bundesliga- und Europapokal-Partien zu gewährleisten. Das Göttinger Publikum ist harmlos, holt nur ganz selten mal den Mittelfinger aus der Hosentasche. In der vergangenen Saison flog einmal eine Packung Taschentücher in Richtung Schiedsrichter. Am Donnerstag jedoch war Beşiktaş Istanbul zu Gast, und bei deren Fans sahen die Verantwortlichen offenbar mehr Krawallpotential. Nicht ganz unbegründet: Bereits am 23. November war die BG Göttingen gegen Beşiktaş angetreten, damals in der Baunschweiger Volkswagenhalle und ohnePolizei. Nach der knappen Niederlage ihres Teams fehlten im Istanbuler Block ein paar Sitze und es gab ein kleines Feuer. Letztendlich war die Situation aber schnell wieder unter Kontrolle.

Eine solche Erfahrung wollte die BG am Donnerstag in der Göttinger Lokhalle offenbar nicht noch einmal machen. So war schon am Einlass ein Spalier von BeamtInnen in Einsatzkleidung postiert, um klar zu machen, nach wessen Regeln diesmal gespielt wird. Später versammelten sich die PolizistInnen um den Gästeblock. Dort hatten sich allerdings bereits zahlreiche BG-Fans die Plätze direkt am Spielfeldrand gesichert.


Die Lokhalle am Samstag, alles wie immer: 3000 Leute, keine Polizei

Normalerweise kommen kaum Gästefans in die Lokhalle, so dass auf deren Tribüne auch reichlich Platz für die heimischen AnhängerInnen ist. Das war den Verantwortlichen gegen Istanbul aber offenbar ein zu großes Sicherheitsrisiko, so dass die Göttinger Fans kurz vor Spielbeginn in einen anderen Hallenteil geschickt wurden. Viele wollten das zunächst nicht einsehen, waren sie für ihre guten Plätze doch extra früh am Ort des Geschehens erschienen.

Kommentar

Die Polizei dürfte das Ausbleiben von Krawallen als Erfolg werten. Das öffentliche Bild hatte man außerdem durch Marschmusik als Pausenunterhaltung, gespielt vom Landesmusikkorps der niedersächsischen Polizei aus Hannover, aufzupolieren versucht. Es ist den BeamtInnen dennoch nicht gelungen, ihr anderes Gesicht vor der Göttinger Öffentlichkeit zu verbergen. Vielleicht ruft der Umgang mit dem Fan diesmal mehr öffentliche Resonanz hervor, als wenn es „nur“ gegen Linke
geht.

Bei einem Fan sahen sich die BeamtInnen dann offenbar veranlasst, gewalttätig zu werden. Das Göttinger Tageblatt schreibt: „Weil er sich gegenüber einem Mann, der sich als Polizist ausgegeben habe, ohne sich auszuweisen, geweigert habe, seinen Stehplatz im Block der Besiktas-Fans aufzugeben, sei er von drei Polizisten unter erheblicher Gewaltanwendung abgeführt und in den Eingangsbereich der Lokhalle verfrachtet worden. Der rechte Arm sei ihm so verdreht worden, dass er nachts vor Schmerzen nicht habe schlafen können. Nach dem Vorfall habe er auf der Polizeiinspektion 1 ein Dienstbeschwerdeverfahren gegen die beteiligten Beamten beantragt.“

Von den Beşiktaş-Anhängern (Innen waren nicht im Stehblock) ging hingegen keine Gewalt aus. Sie hatten zwar deutlich mehr Mittelfinger dabei als der durchschnittliche Göttinger Fan, hatten die Halle aber zum Ende der Partie, als es in Braunschweig den leichten Krawall gegeben hatte, größtenteils bereits wieder verlassen. Die neuerliche Niederlage ihres Teams war abzusehen. Verabschiedet hatten sich Teile der Istanbul-Fans mit dem lautstarken Sprechgesang „Fuck you, Germany!“

Artikel teilen

3 Kommentare auf "Polizeigewalt beim Basketball"

  1. lulz sagt:

    Verabschiedet hatten sich Teile der Istanbul-Fans mit dem lautstarken Sprechgesang „Fuck you, Germany!“

    Sympathisch! 🙂

  2. Fragesteller sagt:

    Ist es auch sympathisch, wenn die BG-Fans sich mit „Fuck you, Turkey!“ verabschieden? Ist Provokation und Streitsucht in jedem Rahmen gut und zu gebrauchen? (das Fans von Sportveranstaltungen nun mal eher nach kollektiver Angliederung suchen und sich somit eher durch so Parolen angegriffen fühlen, sollte dir ja bekannt sein..)

  3. death_souls sagt:

    wer sich von so was angegriffen fühlt sollte sich eher gedanken machen, ob der fehler bei ihm/ ihr liegt.

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.