„Politische Justiz“ – Stadt Göttingen will „runden Tisch“
von am 9. Mai 2010 veröffentlicht in Politik

Der Rat der Stadt Göttingen hat am vergangenen Freitag die Einrichtung eines „Runden Tisches demokratisches und friedliches Göttingen“ beschlossen. Teilnehmen sollen Verantwortliche aus Politik, Justiz und Polizei sowie VertreterInnen der „Initiative für gesellschaftliches Engagement“. Deren Broschüre „gegen Kriminalisierung und politische Justiz“ war auch Ausgangspunkt der Diskussion im Stadtrat.

Wer sich die Diskussion um Broschüre und Runden Tisch anhören möchte: Montag (10. Mai) ab 11 Uhr im Stadtradio Göttingen, 107,1 Mhz.

Die Fraktionen der Grünen und der Linken, selbst UnterstützerInnen der Broschüre, hatten eine Resolution eingebracht, wonach der Rat die von der Initiative für gesellschaftliches Engagement angestoßene Diskussion begrüßen und außerdem Polizei und Justiz dazu auffordern sollte, „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ an dieser Diskussion teilzunehmen. Bahman Ayegh (Grüne) warb in seiner Rede vor allem um die Stimmen der SPD-Fraktion, da der Juso-Stadtverband Göttingen und die Juso-Hochschulgruppe Göttingen bereits zu den UnterstützerInnen der Broschüre zählen.

Bei CDU und FDP stieß der Antrag zunächst einmal auf Unverständnis. Ben Schröter (FDP) nannte die Broschüre ein „Pamphlet“. Er sehe es generell nicht als die Aufgabe des Stadtrates an, Broschüren gutzuheißen, egal, von welcher politischer Seite sie kämen. „Wir machen hier Politik, wir kommentieren nicht die Taten anderer“, so Schröter weiter. Nach Ansicht von Holger Welskop (CDU) hätten die AutorInnen der Broschüre eine „irrationale Wahrnehmung der Realität“; Polizei und Justiz würden sich nicht falsch verhalten. „Die Repressionsmaßnahmen, die hier beschrieben werden, sind unserer Ansicht nach nicht negativ, sondern Aufgabe des Staates“, erklärte Welskop.

Zwischen den Positionen von Grünen und Linken auf der einen, sowie CDU und FDP auf der anderen Seiten stand die SPD. Man sehe ebenfalls Probleme bei der Gewährleistung der Demonstrationsfreiheit, erklärte Christian Henze. Trotzdem sei man gegen die Unterstützung der Broschüre und spreche sich stattdessen für die Einrichtung eines „Runden Tisches“ aus. Ziel dieser Zusammenkunft solle eine „Durchführungsempfehlung für einen menschlicheren Umgang miteinander“ sein. Dieser Vorschlag stieß auch bei Linken und Grünen auf Zustimmung, und so sorgten die drei Fraktionen bei der folgenden Abstimmung für die Verabschiedung des SPD-Antrags.

Zuvor hatte sich auch Oberbürgermeister Wolfgang Meyer (SPD), der den „Runden Tisch“ moderieren soll, zu Wort gemeldet. Er zeigte sich besorgt über einige Vorfälle der jüngeren Vergangenheit in Göttingen – Stichworte: Ausländerbehörde, Kabale, Thor Steinar, Cron&Lanz – und halte den Runden Tisch auch deshalb für sinnvoll. Allerdings müsse die Veranstaltung von allen Seiten ernsthaft gewollt sein. Dann könne ein Runder Tisch helfen, Vorurteile abzubauen. Meyer hoffe deshalb, dass alle einzuladenden Personen und Gruppen auch erscheinen werden.

Fritz Güntzler (CDU) kündigte diesbezüglich an, dass seine Fraktion zwar gegen den Antrag gestimmt habe, aber trotzdem teilnehmen werde. Ob auch die FDP erscheinen wird, bleibt hingegen fraglich, denn mit „gewaltbereiten und offen verfassungsfeindlichen Gruppen“ wolle man sich nicht an einen Tisch setzen, erklärte Schröter.

Ein Termin für den „Runden Tisch demokratisches und friedliches Göttingen“ steht noch nicht fest, ebenso wenig, wann die Einladungen verschickt werden.

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6 Kommentare auf "„Politische Justiz“ – Stadt Göttingen will „runden Tisch“"

  1. babybär sagt:

    @ rakete: nur zum verständnis (wirklich!): wieso erwähnst du die ali in der überschrift, aber nicht im artikel. aufmacher? hat die ali ihre teilnahme etwas zugesagt? oder hast du nur eine der die broschüre herausgebenden linken gruppen erwähnen wollen? oder wolltest du die ali einfachen dissen mit spd-nähe?

    ich war ja nicht bei der ratssitzung, aber ich fände es politisch fatal, wenn sich linksradikale an einem solchen projekt beteiligen würden. für mich klingt das alles nach befriedung, gerade bei den genannten themen, und nicht nach einer initiative gegen repression.

  2. peppi sagt:

    Wer ist die FPD? Als es zum ersten mal im Text vorkam dachte ich es sei ein Tippfehler und die FDP wäre gemeint. Aber dann setzt sich das ja fort. Oder ist es irgend ein Insider den Normalsterbliche nicht verstehen?

  3. Rakete sagt:

    Hoppla, Rakete tut kund, dass der Artikel gar nicht von ihr ist.

  4. ottter sagt:

    @babybär

    bzgl. deiner fragen zur ALI: meine überschrift war eigentlich „von FDP bis ALI“. die redaktion hielt das allerdings für einen verschreiber (etvl hatte ich da versehentlich auch „FPD“ geschrieben, wie von peppi zurecht bemängelt?). die überschrift sollte lediglich das spektrum der gruppen verdeutlichen, die nach dem willen des ratsbeschlusses an dem „runden tisch“ teilnehmen sollen. genauso gut hätte da „von CDU bis arbeitskreis asyl“ oder „von Polizeidirektion bis Rote Hilfe“ stehen können.

    die ALI hat ihre teilnehme sicherlich nicht zugesagt, es ist ja auch noch nicht einmal jemand eingeladen worden (siehe text).

  5. habicht sagt:

    sind sie DER otter?

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