Bad Gandersheim: Leise gegen Nazis
von am 9. Mai 2010 veröffentlicht in Neonazis

700 Menschen haben am Sonntag Mittag in Bad Gandersheim gegen einen geplanten Landesparteitag der niedersächsischen NPD protestiert. Neben Gewerkschaften und Parteien beteiligten sich auch rund 100 Antifas aus Göttingen an der Demonstration. Entgegen eigener Ankündigungen blieben die Nazis der Stadt am Harz fern, die Demonstration erwies sich als unspektakulärer Sonntagsspaziergang. Um 13 Uhr kehrte wieder Ruhe in den Kurort ein.

„Liebe Demokraten, liebe Ausländerfreunde!“ Mit diesen Worten begrüßte der parteilose Bürgermeister Heinz-Gerhard Ehmen die Demonstrationsteilnehmer*innen vor dem Rathaus und machte deutlich, dass es ihm vor Allem um das Ansehen Deutschlands geht, wenn er gegen Nazis demonstriert. „In einem freien Land können wir nicht verhindern, dass Betonköpfe, dass Dummköpfe, Extremisten oder Chaoten durch die Straßen ziehen und rassistische und ausländerfeindliche Parolen verbreiten“, so Ehmen. „Aber wir können verhindern, dass sie die Straßen und Plätze dominieren und das Bild unseres Landes prägen und verzerren.“

Im Anschluß an den Gottesdienst gegen Rechts und die Auftaktkundgebung zog die Demonstration durch die Gandersheimer Innenstadt, begleitet von wenigen Polizist*innen. Nur auf Höhe der wenigen linksradikalen Demonstrierenden waren es ein paar mehr.

Gandersheim, wir sind da, autonome Antifa!

Akustisch glich der Demonstrationszug in weiten Teilen eher einem Trauermarsch denn einer kraftvollen Demonstration. Außer den Göttinger Antifas, der Grünen Jugend und der Jusos, die sich im Skandieren von Parolen übten, schwiegen die Demonstrant*innen vor sich hin. Im vorderen Bereich sorgte ein Trommler für Marschmusik, den Abschluß bildete eine ganze Trommelgruppe. Nur wenige Anwohner*innen waren der Aufforderung gefolgt, als Zeichen des Protests weiße Tücher aus den Fenstern zu hängen.


Antifa-Transparent in der Roswithastadt (Fotos: Kai Budler)

Bei der Abschlußkundgebung erinnerte der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Schwarz an die Vergangenheit der Stadt im Nationalsozialismus. Unter anderem befand sich dort eine Außenstelle des Konzentrationslager Buchenwald. Er kritisierte die CDU scharf dafür, dass sie sich nicht an den Protesten beteiligt hatte. Den Christdemokraten war der Protest nicht totalitarismustheoretisch genug, richtete er sich schließlich nicht gegen Linksradikale. „Wenn es gegen Linksradikale geht, stehe ich hier wieder“, versicherte Schwarz, heute sei es aber nunmal gegen Rechtsradikale gegangen.

Die Polizei war mit weit weniger als den angekündigten 1000 Einsatzkräften vor Ort. Neben verkehrsregelnden Maßnahmen konzentrierte sie sich auf die förmliche Belagerung des geplanten Tagungsortes und die Kontrolle von anreisenden Demonstrationsteilnehmer*innen. Zwei Beamte des so genannten Staatsschutzes aus Göttingen observierten die Demonstration.

Beitrag aus dem StadtRadio zur Demonstration:

Und die NPD? Noch in den letzten Tagen hatten die Nazis im Internet behauptet, der Parteitag in Bad Gandersheim würde durchgesetzt. „Alle behördlichen und vom politischen Gegner ausgehenden Drohungen, Schikanen und Verwirrspiele der Medien werden uns nicht daran hindern, den für Sonntag geplanten Landesparteitag durchzuführen“, überschätzte sich die Göttinger NPD noch am vergangenen Dienstag. In Bad Gandersheim jedenfalls setzte die Partei an diesem Sonntag gar nichts durch. Den Parteitag verlegten die Nazis kurzfristig in eine Gaststätte in Wilhelmshaven.

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