delete.control – enter.space – Die neue Kampagne für Freiräume an der Uni
von am 20. Juli 2007 veröffentlicht in Hintergrund, Unipolitik

Manche vermissen es, andere haben davon nie gehört. Manche brauchten es, andere hassten es, dem Rest war es egal. Wovon hier die Rede ist? Richtig. Vom letzten Freiraum am Campus der Universität, der von der Univerwaltung nach dem Brand des Oeconomicums schlichtweg abgewickelt wurde. Dem Cafe Kollabs. Kollabs, das stand für Kommunikationslabor oder so, und es war für viele ein wichtiger Anlaufpunkt für Diskussion, Austausch und Meinungsbildung abseits des Mainstreams, oder einfach nur für einen selbstgekochten Kaffee zum Solipreis.

Die, die eine solche Einrichtung am Campus vermissen, haben nun eine Initiative gegründet, die sich für einen neuen Freiraum einsetzen will. „delete.control – enter.space [freiräume & emanzipation]“ lautet der pfiffige, an eine Computertastatur erinnernde Name des Projekts, die Schaffung eines neuen Freiraums ist das Ziel der Initiative.

Eine Sprecherin bezeichnete unlängst die Politik der Unileitung als „zu lange widerspruchslos hingenommen“ und bezieht sich dabei auf die weitesgehend stille Auflösung des Kollabs im Gefolge des Brands im Oeconomicum. Wir erinnern uns: Sowohl die bürgerliche Presse (sprich: das Göttinger Tageblatt) als auch die Uni hatten nach dem Feuer im vergangenen Jahr, bei dem ein Feuerwehrmann tragisch ums Leben kam suggeriert, das Kollabs bzw. deren Betreiber_innen trügen die Schuld an dem Unglück. Fakt ist jedoch, dass die Brandursache nie eindeutig auf etwa eine nicht ausgeschaltete Kaffemaschine im Kollabs zurückführbar war. Vielmehr kommen verschiedene Ursachen in Betracht, so zum Beispiel bereits vorher mehrfach aufgetreten Kabelbrände im Keller. Ungeachtet dessen wurde mit diesem Verweis legitimert, das Kollabs nach der Sanierung des Oeconomicums nicht weiterbestehen zu lassen.

delete.control – enter.space [freiräume & emanzipation] prangert die nunmehr dominante „sterile Studentenwerksatmosphäre“ am Campus an und betrachtet die Abservierung des Kollabs auch als einen „politischen Schritt zur Minderung des Protestpotenzials der Studierendenschaft“. Dies ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Der Uni dürfte bekannt gewesen sein, dass es sich beim Kollabs um einen wichtigen und unersetzbaren Teil der Infratruktur der politischen Linken an der Uni gehandelt hat. Und dass die Uni-Linke der einzige Teil der Hochschulpolit-Szene ist, der sich anschickt, ernsthaften und wirksamen Protest, etwa gegen Studiengebühren oder Haushaltskürzungen, aufzubauen, während der Mainstream sich so gut wie alles gefallen lässt. Genauere Informationen zur Geschichte des Kollabs und früheren Schließungsversuchen lassen sich sehr schön in einer längeren Dokumentation bei goest nachlesen.

Die neue Freiraum-Initiative bezeichnet die Schließung von Freiräumen als Versuch, „kritisches Denken aus der Uni zu vernbannen“ und will sich „aufgrund der immer knapperen selbstverwalteten und frei zugänglichen Räume in der Stadt und an der Universität“ in Zukunft für neue Freiräume einsetzen. Nun hat also auch die Uni es mit einer eigenen Freiraum-Initiative zu tun, während sich zum besseren Tauziehen mit dem Studentenwerk um die Einzelmietverträge in den bisher selbstverwalteten Studentenwohnheimen Rote Straße 0-5, Kreuzbergring 10+12 und Gotmar Straße 9+10 die Bewohner_innen der Häuser zur Kampagne „here to stay“ zusammengeschlossen haben (Monsters berichtete). Nun wird offenbar auch am Campus Widerstand gegen die zunehmende Beschränkung studentisch verwalteter Strukturen formiert.

Die monsters sind sehr gespannt auf die weitere Entwicklung in beiden Sachen und halten euch natürlich auf dem Laufenden.

Artikel teilen


Themen

, , ,

Ein Kommentar auf "delete.control – enter.space – Die neue Kampagne für Freiräume an der Uni"

  1. fabbal sagt:

    na vielleicht tut sich diesen sommer doch noch was…

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.