Do. 31.05.: Generalverdacht Terrorismus? Johannes Hentschel und Joachim Lau über den $129a
von am 28. Mai 2007 veröffentlicht in Universität, Vortrag

Im Zuge der Vorbereitung zu den Protesten gegen den G8-Gipfel haben Polizei und Staatsanwaltschaft mit nahezu 1000 BeamtInnen über 40 linke Projekte in ganz Deutschland durchsucht und Teile der Infrastruktur beschlagnahmt. Als Begründung diente der Vorwurf der Bildung einer Terroristischen Vereinigung nach §129a. Zu der Geschichte dieses Paragraphen und zu der staatlichen Praxis, ihn gegen soziale Bewegungen und linke Strukturen zu wenden, soll es bei dieser Veranstaltung vom Basisdemokratischen Bündnis und der Roten Hilfe gehen, die um 19.30 Uhr im ZHG 104 beginnt.

ReferentInnen sind die Rechtsanwälte Joachim Lau und Johannes Hentschel.

Wer einen Eindruck bekommen möchte, worum es gehen wird, dem sei dieser Auszug aus der Veranstaltungsankündigung empfohlen:

Der Vorwurf, reicht jedoch nicht, um auch nur einen der Verdächtigen zu verhaften. Nur 5% aller Ermittlungen nach § 129a enden überhaupt mit einem Urteil. Unter kritischen JuristInnen gilt der § 129a vor allem als Gesinnungs und Schnüffelparagraph. Nicht einmal die Polizei scheint im aktuellen Fall ihren Beschuldigungen zu glauben und auch in der Presse werden die Stimmen lauter, die den Vorwurf der Bildung einer Terroristischen Vereinigung zumindest als „übertrieben“ bezeichnen. Aber was bedeutet es für politisch Aktive und die Bewegung in der sie sich engagieren, wenn nach §129a ermittelt wird? Auch in Göttingen gab es in den 90er Jahren solche Ermittlungen gegen die Autonome Antifa (M). Auch hier kam es nicht zu rechtskräftigen Urteilen. Es gab 17 Angeklagte. Im Zuge der Ermittlungen wurden jedoch 143 Personen auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung überprüft. 500 Personen standen zusätzlich im Fadenkreuz der Ermittler. 13.929 Telefongespräche wurden abgehört. Ermöglicht wird durch §129a alles was das Polizeistaatsherz begehrt: Postkontrolle, Telefonabhöraktionen, Observationen, der Einsatz von V-Leuten, die Einschleusung von verdeckten Ermittlern, Razzien, und Rasterfahndung. D.h. für die Beschuldigten und ihr politisches Umfeld hat die rechtlich geschützte Privatsphäre aufgehört zu existieren.

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5 Kommentare auf "Do. 31.05.: Generalverdacht Terrorismus? Johannes Hentschel und Joachim Lau über den $129a"

  1. betroffene sagt:

    also, dass sich Johannes Hentschel ausgerechnet mit der Repression gegen die Autonome Antifa [M] profilieren will ist ungefähr so als würde Bernd Langer das Juzi-Jubiläum moderieren. Aber es ist ja nie zu spät Solidarität zu entwickeln, auch wenns damals irgendwie sinnvoller gewesen wäre.Aus den Veröffentlichungen seiner damaligen „Rechtshilfegruppe“ (tip:die Rote Hilfe wars nicht) zu zitieren spar ich mir mal. Ein paar klärende Worte auf der Veranstaltung wären angebracht.

  2. Ramses sagt:

    Also, mal abgesehen davon, dass es bei der Veranstaltung wohl eher um die laufenden 129a-Verfahren und um den Paragraphen im Allgemeinen und weniger um die Anklage gegen die Antifa [M] gehen wird (was allerdings aus dem Auszug auch nicht wirklich hervorgeht), finde ich den Ausdruck „profilieren“ für die Referenten äußerst unangebracht. Die Anwälte leisten seit Jahren gute Arbeit für die Linke in Göttingen. Und selbst wenn sich damals seine Rechtshilfegruppe nicht nach deinen Vorstellungen verhalten haben sollte, warum sollte ihm abgesprochen werden, darüber bei einer Veranstaltung zu reden? Redemonopol nur für Top-Unterstützer? Ach ja, wie wärs denn mal mit etwas handfestem, anstatt hier so merkwürdig rumzuorakeln? Ich würd die angeblichen „Zitate“ gern mal hören…

  3. Schmendi sagt:

    @betroffene

    na, dann lesen wir das doch noch mal nach, weil wir ja auch alle wissen, um welche gruppe es geht und wo wir deren publikationen zu dem thema finden. [/ironie]

    wer sonst keine sorgen hat, sollte einfach mal das maul halten…

  4. Kein Veteran sagt:

    Es wird um den Paragraphen gehen und welche politischen Auswirkungen der hat. Bei der zweiten Teilfrage werden die Referenten auch aus den konkreten Erfahrungen in Göttingen schöpfen. Deshalb der Bezug auf die M. Um eben nicht abstrakt über einen Paragraphen zu reden, sondern um konkret zu zeigen wie er wirkt. Das ist keine Nostalgieveranstaltung sondern der Versuch aus linker Geschichte zu lernen und Erfahrungen, die in der Linken existieren, weiter zu geben. Wenn es in diesem Sinne Klarstellungen braucht, sind sie erwünscht.

  5. Roter Helfer sagt:

    Liebe Leute, ich plädiere doch sehr dafür, die Diskussion nicht öffentlich hier sondern lieber kuschlig im T-Keller weiterzuführen, da auch der Staatsschutz derartiges immer mit Interesse verfolgt. Das Verhältnis zur Roten Hilfe hat sich jedenfalls inzwischen deutlich entspannt, ist ja auch nicht die erste gemeinsame Veranstaltung.

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