Aktivist_innen diskutieren mit Leiter der Ausländerbehörde

Keine Deutschkenntnisse? Pech gehabt.
von am 17. Februar 2015 veröffentlicht in Migration, Politik, Titelstory
Symbolbild: Die göttinger Ausländerbehörde
Symbolbild: Die göttinger Ausländerbehörde

Gestern morgen versammelten sich Geflüchtete mit Unterstützer_innen vor dem Neuen Rathaus, um ihre Duldungen zu verlängern. Diese liefen am 15.02. aus und wurden vorerst nicht verlängert. Was dann geschah, war allerdings höchst seltsam. Es kam stattdessen zu einem Gespräch mit dem Leiter der Ausländerbehörde, Joachim Rogge.

Die Polizei war bereits mit vier Personen mitsamt Verwaltungspraktikantin anwesend und beobachtete das Vorgehen der Aktivist_innen. Diese wurden vor dem verschlossenen Eingang der Ausländerbehörde von deren Leiter Rogge empfangen. Er verkündete den ca. ein Dutzend Personen, dass heute die Duldungen der Geflüchteten nicht verlängert werden könnten, da am selben Tag Geflüchtete aus den Landesaufnahmebehörden grunderfasst und auf Wohnungen verteilt werden würden. Sie könnten aber zeitnahe Termine vereinbaren, um die Duldungen dann verlängern zu lassen.

Ein Unterstützer merkte an, dass eine Kommunikation allgemein zwischen Geflüchteten und den Mitarbeiter_innen der Behörde schwierig sei, da es nicht genug Übersetzer_innen gäbe und immer noch alle Aushänge auf deutsch seien. So seien die Flüchtlinge nicht in der Lage, selbst Termine zu vereinbaren und eine Kommunikation aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt hatte es den Anschein, als ob Rogge die Diskussion beenden wollte. Er erklärte, dass nicht die Ausländerbehörde allein für die Umstände verantwortbar sei, vieles komme „von oben“ und das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) sei zum Teil „fehlorganisiert“. Außerdem sei die Amtssprache deutsch und „wer nicht deutsch sprechen kann, hat Pech gehabt“.

Viele Aushänge sind nur auf deutsch verfügbar

Viele Aushänge sind nur auf deutsch verfügbar. Geflüchtete helfen sich zum Teil untereinander, um sie zu verstehen.

Damit entlässt die Ausländerbehörde die Geflüchteten in eine noch prekärere Lage, als sie sich unter Umständen schon befinden. Bei eventuellen Polizeikontrollen würde sofort der abgelaufene Aufenthaltsstatus auffallen. Sie sollten dann der Polizei sagen, dass sie einen Termin bei der Ausländerbehörde hätten, so Rogge. Dass eine solche Vorgehensweise unter Umständen zu einer Ingewahrsamnahme führt, ist eine immense psychische Belastung für die Geflüchteten.

Ebenfalls weist Rogge darauf hin, man hätte am letzten Werktag vor Ablauf der Duldung bereits einen Termin vereinbaren können. Dies hätte jedoch das Problem nicht gelöst, denn es war am Montagnachmittag schon unmöglich, einen Termin für diese Woche zu bekommen.

Hinzu kommt, dass ausstehende Sozialleistungen an die Geflüchteten erst nach Verlängerung der Duldung von der Sozialbehörde ausgezahlt werden können. Der Ak Asyl hat nun zum Teil Geld angezahlt, damit die Geflüchteten bis nächste Woche über die Runden kommen. Einen Termin bei der Sozialbehörde erhält man laut Homepage „hauptsächlich nach telefonischer Vereinbarung“. Wie dieser ohne die Hilfe von Unterstützer_innen zustande kommen würde, weiß niemand.

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