Alternative O-Phase

Stadtrundgang zu Göttinger Verbindungen
von am 20. Oktober 2013 veröffentlicht in Studentenverbindungen, Titelstory

Vor der Landsmannschaft Gottinga

Am letzten Dienstag veranstaltete die Gruppe sub*way, im Rahmen der Alternativen O-Phase, mal wieder einen kritischen Stadtrundgang zu Göttinger Verbindungen. In Sachen Polizeipräsens ging es milder zu als im letzten Jahr.

In Göttingen gibt es über 40 Studentenverbindungen. Ihre Geschichte reicht bei vielen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Im Stadtbild sind sie oft an farbig gestreiften Fahnen zu erkennen. Doch was sind Verbindungen und in welcher Tradition stehen sie? Diesen Fragen wollte der historisch-kritische Stadtrundgang „Wider den Deutschen Geist“ nachgehen.

Auf dem Zentralcampus versammelten sich über 100 Interessierte und zogen mit Musik und Transparenten Richtung Ostviertel. Sie schauten sich die Verbindungen von außen an und hörten die entsprechende Geschichte. Ziel des Rundgangs war es, die geschichtlichen und ideologischen Wurzeln der Verbindungen aufzuzeigen und fundamentale Kritik an den Kontinuitäten zu üben.

Kontinuität zwischen damals und heute

„Wichtig sei“, so einer der beiden Vortragenden, „dass man nicht sagen kann die heutigen Studentenverbindungen hätten mit der Vergangenheit nichts zu tun.“ So seinen Verbindungen immer hierarchisch und nach dem Lebensbundprinzip organisiert: einmal dabei, immer dabei. Als Anfänger, sogenannter „Fux“, habe man meist wenig zu sagen, gegenüber denen, die schon länger dabei sind oder gegenüber den „Alten Herren“. Auch völkisch-nationalistische und elitäre Aspekte wurden auf dem Rundgang kritisiert: Viele Verbindungen orientierten sich in ihrer Geschichte am Prinzip der Blutszugehörigkeit, wonach nur Männer mit „deutschem Blut“ Mitglied werden durften, was sich abgeschwächt noch heute wiederfinde.

Zu Verstrickungen in der NS-Zeit zitierten die Vortragenden aus dem Göttinger Tageblatt, dass am 10. Mai 1933 zu den Bücherverbrennungen in Göttingen von „schier endlosen Reihen der Korporationsstudenten in bunten Mützen und Bändern“ sprach. Und auch heute noch gäbe es in einigen Verbindungen Kontakte zu Rechten und Autoren der Zeitung „Junge Freiheit“.

Frauen nicht erlaubt? Männerbünde in der Politik

In Verbindungen würden immer starke Seilschaften aufgebaut, die die Verbindungsangehörigen nicht selten unkompliziert in einflussreiche und gut bezahlte Posten führe. Für Frauen sei dort wenig Platz. Das Frauenbild im Verbindungsmilieu wurde anhand der Männerbundtheorie kritisiert. In ihr werde nur Männern die Fähigkeit zu staatstragender Freundschaft zugesprochen. „Die Frauen hingegen seien aufgrund ihrer Natur zu dieser Art von Vergemeinschaftung nicht in der Lage. Weswegen sie auch aus zentralen politischen und gesellschaftlichen Prozessen herausgehalten werden sollen“, erklärten die Vortragenden vor der Verbindung „Verein Deutscher Studenten“. Damenverbindungen seien in der Verbindungslandschaft eine Randerscheinung. Sie hätten zum großen Teil die Gepflogenheit der männlichen Vorbilder übernommen und damit auch ihr konservatives Frauenbild, wie anhand der einzigen Göttinger Damenverbindung „A. V. Parnassia Göttingen“ erläutert wurde.

Verbinder filmen Demoteilnehmende, Zurückhaltung bei der Polizei 

Der Stadtrundgang, der Dank Musik und Transparenten den Eindruck einer Demonstration erweckte, stand unter permanenter Aufsicht der Polizei. Fünf Einsatzwagen begleiteten die Teilnehmenden auf Schritt und Tritt, jedes Verbindungshaus wurde vorsorglich von Polizist_innen bewacht. Im Vergleich zum letzten Jahr war diese Einsatzgröße jedoch noch milde (MOG berichtete).

Besonderes Interesse der Hausbewohner gab es nicht. Aus einem Haus wurden die Teilnehmenden gefilmt. Der zum Teil strömende Regen dünnte die Teilnehmerzahl bis zum Ende auf rund 40 Personen aus. Der Rundgang richtete sich auch explizit an Studienanfänger*innen, um „die Stadt aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen.“ Den Schluss bildete der Appell an die Universität, die Liste der Göttinger Verbindungen von ihrer Homepage zu nehmen.

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