Zur Geschichte der Göttinger Arbeiter_innenbewegung

ein alternativer Stadtrundgang
von am 15. Juli 2012 veröffentlicht in Lokalpolitik, Politik, Soziale Bewegungen

Lieschen_VogelAn diesem Sonntag hatte die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) zum Gang durch die Geschichte geladen, genauer gesagt durch die Geschichte der kommunistischen und sozialistischen Arbeiter_innenbewegung in Göttingen zu Zeiten des Nationalsozialismus.

In anderthalb Stunden bekamen die etwa 60 Teilnehmer_innen Plätze und Häuser vorgestellt wo Faschist_innen tatkräftig bekämpft bzw. in denen Antifaschist_innen gelebt und gearbeitet haben. Untermalt mit zahlreichen Kopien von Originalschriftstücken und Fotos fand sich an vielen Orten der Göttinger Innenstadt antifaschistische Geschichte: angefangen beim Groner Tor, Ort gutbesuchter kommunistischer Demonstrationen über die Gotmarstraße in der die Aktivist_innen Karl und Louise Meyer lebten, hin zum Roten Zentrum, bei dem am Ende die Benennung des Hauses Lange-Geismarstraße 2 in Lieschen-Vogel-Haus gefeiert wurde. In kurzen, informativen Beiträgen wurde an den jeweiligen Stationen über die Organisation, die Demonstrationskultur, die Kämpfe und Repressionen durch die Nazis informiert. Die menschlichen Schicksale erzählten meist vom Arbeiten im Untergrund und Treffen in Privatwohnungen, da antifaschistische Arbeit an öffentlichen Orten meist nicht geduldet wurde. Der Kampf endete für einige in Freiheit und für viele mit der Hinrichtung.

Eingestreut war auch so mancher Hinweis auf heutige Missstände, wie die Politik von Niedersachsens Innenminister Schünemann und der alljährlich stattfindende Aufmarsch von Neonazis in Bad Nenndorf, welche in Anlehnung an frühe Aufmärsche der SA weiße Hemden tragen.

Begleitet wurde der inhaltliche Teil vom Unterhaltungsprogramm durch den Göttinger Arbeiter_innenchor, der zu verschiedenen Zeiten Lieder wie das Einheitsfrontlied, Bella Ciao und die Internationale vortrug. Außerdem wurde ein Koffer vorgestellt, mit dem, im Prozess unbemerkt, antifaschistische Parolen auf den Asphalt gebracht wurden. Dabei wurde nachts mit einem Stempel Farbe aufgebracht, die erst am Tage, unter UV-Licht sichtbar wurde.

Deutlich war der Appell an offizielle Stellen, mehr vom diesem linken Teil der Geschichte ins Stadtbild zu lassen. Selbst da, wo sich Gedenktafeln an Antifaschist_innen finden (im Falle Ernst Fischers) wurde die Erwähnung ihres Tuns weggelassen. Die Plakette am Lieschen-Vogel-Haus geht mit gutem Beispiel voran und sagt unmissverständlich: „Kommunistin und Antifaschistin“.

Die ausführlichen Geschichten lassen sich der Broschüre der A.L.I. nachlesen; herunterzuladen unter: http://bit.ly/O0zizL

LV_Plakette
Enthüllung der Lieschen-Vogel-Haus-Plakette.

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25 Kommentare auf "ein alternativer Stadtrundgang"

  1. retmarut sagt:

    „Der Kampf endete für einige in Freiheit und für viele mit der Hinrichtung.“ – Was genau soll denn „Freiheit“ in diesem Kontext bedeuten? Das steht da ein bisschen unvermittelt und ohne Bezug zum restlichen Text.

    Weder in der Endphase der Weimarer Republik (Göttingen war seit 1929 eine Hochburg der NSDAP, bei der Reichtagswahl im Juli 1932 wählten hier 51% NSDAP) noch im NS-Faschismus gab es „Freiheit“ für Antifaschisten. Erst die Befreiung Göttingens vom Faschismus im April 1945 setzte der Verfolgung ein Ende. (Zumindest solange bis Adenauer und die Riege der Altfaschisten wieder ans Ruder kamen und die antifaschistische Bewegung systematisch mit „Staatsschutz“prozessen und dem §129 StGB überzog.)

  2. retmarut sagt:

    Auf der ALI-Seite findet sich ein informativer Bericht mit Fotos zu den einzelnen Stationen des Stadtrundgangs:
    http://www.inventati.org/ali/index.php?option=com_content&view=article&id=1912:regionalgeschichte

  3. bedge sagt:

    der Stadtrundgang scheint ja sehr gut vorbereitet und durchgeführt worden zu sein, wenn man sich den Bericht auf der ali-seite anschaut. diesbezüglich hut ab vor der A.L.I., wie auch immer man im einzelnen zu ihr stehen mag. traurig wirds dann leider, wenn man auf der ALI-Seite die dort geschrieben kurzbiographie über die neue namensgeberin „lieschen vogel“ liest. nach antifaschistischer tätigkeit während der NS-Zeit wird (wohlgemerkt) affirmativ!! davon berichtet, wie die genossin später fleißig in irgendwelchen sed-organen in der ddr ihre arbeit getan hat. das alles wird dann als linke, antifaschistische tätigkeit hochgelobt. es mag ja sein, dass manche der basisarbeiten in der tat ehrenhaft waren und mir geht es jetzt auch nicht darum, auf der grundlage dieser infos die frau zu kritisieren bzw. für als namensgeberin eines hauses unangebracht zu erklären. es ist aber schon ganz schön traurig, wenn die ALI Arbeit für SED-Organe als etwas progressives gutes verklärt. der vereinigungsparteitag zwischen KPD und SPD zur SED wird sogar ganz affirmativ als ein wichtiger linker tag verkauft. die DDR war ein scheiss-system, die SED eine scheiss-partei und wenn da irgendjemand ehrenhafte basisarbeit gemacht hat, ist das eine schöne ausnahme und keinesfalls die regel. eine wahl hatten die entsprechend tätigen sowieso nicht in dieser diktatur. die letzten sätze sollen einen mindestkonsens für eine aufgeklärte linke skizzieren. ich würde mich freuen, wenn von der ali oder umfeld sich hier irgendwie dazu geäussert wird, warum auf eine verbrecherische diktatur wie die ddr positiv bezug genommen wird. dafür gibt es keine entschuldigung.

  4. retmarut sagt:

    @ bedge: Selbstverständlich war eine Mitarbeit in der SED und der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft in der DDR progressiv. Die DDR hat auch, im Gegensatz zur BRD stets die Beschlüsse des Potsdamer Abkommens als Richtschnur gehabt und entsprechend umgesetzt. Im separatistischen Adenauerstaat hingegen sind ab 1952
    wieder die alten Nazis in Amt und Würden gekommen, eben diejenigen, die Antifaschisten wie Elizabeth Vogel ab 1933 ins KZ geschickt hatten. In der DDR wurden die alten Nazis abgeurteilt und das Monopolkapital, das Hitler ab 1929 unterstützt und 1933 an die Macht gebracht hatte, entschädigungslos enteignet. In der BRD hingegen bekamen die Monopolherren wieder freie Hand und wurden diejenigen NS-Verfolgten, die in der BRD geblieben und hier politisch gegen Faschismus und Militarismus weitergearbeitet hatten, ab 1950/51 mit Staatsschutzparagraphen und ab 1956 dem KPD-Verbot (das sich nicht nur gegen Kommunisten richtete!) überschüttet. Die saßen dann als Angeklagte wieder vor den alten Nazi-Richtern, die sie dann zu Knaststrafen verurteilten und ihnen als sog. „Wiederholungstäter“ obendrein die NS-Opferrente entzogen.

    Es ist schon etwas schräg, wenn Du hier als Antifaschist die reaktionäre Totalitarismusdoktrin wiederkäust. Eine Doktrin, die in ihrer modernisierten Form als Extremismusdoktrin derzeit von Kristina Schröder und Co. gegen die antifaschistische Bewegung aufgefahren wird.

    Die DDR als antifaschistisches und sozialistisches Gegenstück zur BRD wird auch heute noch posthum derart verbissen bekämpft, weil sie der Stachel im Fleisch des deutschen Imperialismus war. Seitdem die DDR zertrümmert und geschluckt wurde, konnte der deutsche Imperialismus sich wieder ausbreiten und ist seit 2009/2010 zur Hegemonialmacht in Europa geworden. Diejenigen, die 1945 mit dem Potsdamer Abkommen ein demokratisches, entnazifiziertes und entmilitarisiertes Deutschland beschlossen hatten, wollten genau diese Wiederkehr verhindern.

    Nicht ohne Grund wurden im Zuge der Delegitimierung der DDR ab 1989/90 auch gezielt rassistische und neofaschistische Bewegungen, ein expansiver Militarismus und Kriegseinsätze sowie Abbau sozialer Rechte und Ausbau der Inneren Sicherheit vorangetrieben.
    Dieses Jahr jährt sich bekanntlich der Pogrom in Rostock-Lichtenhagen, angezettelt, um das Asylrecht des Grundgesetzes zu schleifen (was dann ja auch gemacht wurde). Mit ihm wurde klar, was das „wiedervereinigte Deutschland“ letztlich bedeutet: Reaktionärer Vormarsch und neuer deutscher Anlauf im imperialistischen Rattenrennen.

    Eine aufgeklärte Linke, egal wie mensch die Innenpolitik der DDR im Einzelnen bewertet, sollte doch zumindest den Minimalkonsens haben, dass es die DDR und die Sowjetunion waren, die dem deutschen Imperialismus von 1945 bis 1989 Einhalt geboten und damit einen dritten deutschen Expansionsritt erfolgreich unterbunden haben.

  5. Bolschewik sagt:

    Den Minimalkonsens für alle linken und demokratischen Kräfte Deutschlands ist der Kampf gegen den Faschismus, die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands war die folgerichtige Schlussfolgerung aus der Erfahrung der Weimarer Republik, die Erfahrung der deutschen Antifaschistinnen und Antifaschisten im Widerstand, Zuchthäuser und Konzentrationslager. In diesem Sinne war die Vereinigung der Kommunistischen Partei Deutschland und die SPD in Osten wie im Westen ein wichtigen Tag für die demokratische und linke Kräfte Deutschlands. Im Westen wurden aber die SED verboten und bekämpft, obwohl auch hier in der Basis der SPD Interesse an die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien. Damals propagierte die SPD und die CDU einen Sozialismus, während die KPD eine demokratisch-antifaschistischen Ordnung gestrebt hat.

    Fest steht, die Genossinnen und Genossen der ALI, berufen sich hier auf die Gründung einer Partei, die den Antifaschismus auf ihre Fahnen schrieb und ihn praktizierte.

    Wer hinter dem Minimalkonsens des einheitlichen Aktion aller demokratischen und linken Kräfte gegen den Faschismus, um seiner Kritk an ihm missliebigen Ideologie (auch jene des Marxismus-Leninismus) hat von der Geschichte nichts gelernt.

    Der Minimalkonsens lautet Kampf gegen den Faschismus, ob mit Kommunisten, Sozialdemokraten, Anarachisten oder sonstwas.

  6. johnnyflash sagt:

    Das SED-Regime als demokratisch darzustellen ohne mit der Wimper zu zucken ist auch ’ne Leistung.

  7. Die Mitte erobern! sagt:

    Soweit ich weiß, war Ret Marut, bzw. B. Traven ein Anarchist und kein Staatssozialist oder Stalinist. Aber er kann sich ja nicht mehr wehren…

  8. Bolschewik sagt:

    Nun, gut…Was erwartet ihr von Retmarut und mich, wenn ihr solchen argumentativen Nullen wie „Stalinist“, „Staatssozialist“ oder „SED-Regime ist undemokratisch“ rüberbringt? Wir könnten – ohne dies als Konsens für die demokratischen oder antikapitalistischen Kräfte zu erheben – die Beweisführung der sozialistischen Demokratie in der DDR und ihrer Rechtsstaatlichkeit darstellen! Aber bringt das bei euch etwas oder ist es nur Zeitverschwendung, um dann die platten Parolen zu lesen!

    Wie steht ihr zu konkreten Aussage, dass die Notwendigkeit einer einheitlichem Arbeiterpartei (das war die SED ja, zumindest bis zu ihrer Erklärung: Die SED sei ein Partei neuen Typus nach Lenins Parteitheorie) in den faschistischen Kerker entstanden ist und viele deutsche Antifaschistinnen und Antifaschisten in der SPD und in der KPD im Westen und im Osten dies befürworteten. War den Faschismus durch ein Generalstreik 1933 zu verhindern, wie 1923 mit dem Hitler-Ludendorff-Putsch, hätte die SPD und die Gewerkschaftsführung auf Angebot der KPD befürwortet?! Zumindest einige Sozialdemokraten haben aus der bitteren Erfahrung des Faschismus Lehren gezogen und sich für die Einheit der Arbeiterparteien eingesetzt! Wer über die Demokratie redet, soll bitte schön die Wille der Mehrheit der Bevölkerung respektieren. In ganz Deutschland gab es eine Stimmung für die Enteignung der Großindustrie für ein Landreform, wähend im Osten (Sowjetisch-Besetzten-Zone) diese Wille umgesetzt. Wurde im Westen trotz 72% Zustimmung nicht umgesetzt. , dasselbe gilt für NRW. In Hamburg und Bremen wurde die Volksabstimmungen zur Sozialisierungsgesetze schlicht und einfach verboten. Man befrüchtete über 60% Zustimmung für Sozialisierung. In der DDR ist solches antidemokratischen Verhalten nicht vorgefallen oder die DDR die Wahlergebnisse im Westen verfälscht?! Im Gegenteil, es wurde stets Diskussion und Volksabstimmungen zu neuen Verfassung durchgeführt. Beispielsweise wurde den Verfassungsentwurf der DDR 1968 auf 100 000 Versammlungen diskutiert, geändert wurde daraufhin beispielsweise den freien Glaubensbekenntnis. Im Westen wurde auch Kennzeichen der Demokratiefeindlichkeit einer Volksbefragung zur Remilitarisierung verboten und verfolgt, in der DDR nicht. Eine Diskussion über den demokratischen Charakter der DDR ohne Vergleiche zur BRD wäre auch möglich, aber das Verhältnis zeigt’s deutlich. In diesem Bericht geht’s aber nicht um die DDR, sondern um die antifaschistische SED, die zweifelslos eine antifaschistische Partei und somit eine demokratische (!) war.

    Wer die antifaschistische Einheit angreift, wie hier, der/die hat von der Geschichte nichts gelernt! Den Minimalkonsens gilt es zu verteidigen und die andere Diskussion über die sozialistische Demokratie kann unabhängig davon geführt werden.

    Ein zweiten Minimalkonsens der antikapitalistischen Linken ist der gemeinsame Abwehr der Repression seitens des bürgerlichen Staates. In beide Fälle ist einwandfreien Bündnistätigkeiten zwischen allen linken Strömungen möglich und notwendig!

  9. bedge sagt:

    @ retmarut: sind die positionen, die du und bolschewik hier vertreten, eigentlich flächendeckend konsensfähig in der antiimp-antifa-szene? ist eine ganz ernstgemeinte frage, da ich bislang (offensichtlich naiverweise) davon ausgegangen war, dass bei größeren, gemäßigten antiimpgruppen wie der ali der realsozialismus (ausnahme kuba) keinen positiven bezugspunkt mehr darstellen würde? würde mich über eine antwort freuen.

  10. retmarut sagt:

    @ bedge:
    Das solltest Du das Spektrum, das Du als „antiimp-antifa-szene“ (was auch immer mensch darunter jeweils verstehen mag) bezeichnest, vielleicht am besten selbst fragen. Mir ging es darum, dass es doch eigentlich Minimalkonsens jeder linken Bewegung, insb. auch der antifaschistischen Kräfte, hier in Deutschland sein sollte, den hiesigen Imperialismus zu bekämpfen.

    Und dafür ist es doch erst einmal zweitrangig, wie mensch sich zum sozialistischen Aufbau in der DDR positioniert. Es geht doch hier um die Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse und dem Niederhalten des deutschen Monopolkapitals.

    Dazu hatte ich dargelegt, dass die Anti-Hitler-Koalition mittels Potsdamer Abkommen ein kollektives Regelwerk geschaffen hatte, um ein erneutes Erstarken des deutschen Imperialismus und einen dritten Anlauf zur deutschen Hegemonie gemeinsam zu unterbinden. Im separatistischen, westdeutschen Adenauer-Staat wurden jedoch das Potsdamer Abkommen und die Entnazifizierung sowie Entmilitarisierung bereits ab 1950/51 ausgehebelt und hintertrieben. (Möglich war das nur, weil Westdeutschland sich bei der NATO als antikommunistisches Bollwerk gegen den Realsozialismus andiente und dafür Befreiung des eigenes Monopolkapitals von den Fesseln des Potsdamer Abkommens als Gegenleistung verlangte.)

    Ich hatte ferner dargelegt, dass mensch trotz vielleicht unterschiedlicher Bewertung des sozialistischen Aufbaus der DDR und ihrer konkreten Innenpolitik doch zumindest zur Kenntnis nehmen sollte, dass es die Existenz der DDR war, die den deutschen Imperialismus maßgeblich an seinem Expansionsbestreben gehindert hat. Die DDR war in der Tat Stachel im Fleisch des deutschen Imperialismus. Erst durch den Anschluss des Gebietes der DDR im Jahre 1989/90 war dem deutschen Monopolkapital die reale Option eröffnet, abermals die ökonomische und politische Hegemonie in Europa anstreben zu können. Und diesen Weg hat es zielstrebig verfolgt und dabei die eigenen Strukturen schrittweise auf dieses Ziel hin transformiert: Umbau der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee, Ausbau des EU-Marktes und der EU-Institutionen im Sinne des deutschen Kapitals, Zerschlagung der CSR (diplomatisch) und Jugoslawiens (militärisch) und damit die ungehinderte ökonomische Unterwerfung der MOE-Staaten und des Balkans, Einführung der Agenda 2010 und weiterer sozialpolitischer Umverteilungsaktionen zur systematischen Erhöhung der Profitquote und damit der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft (Waren- sowie Kapitalexport), Aufrüstung der Inneren Sicherheit und zentralisierte Vernetzung der Sicherheitsorgane (Geheimdienste, Polizei und Militär), faktische Abschaffung des Asylrechts und Durchsetzung eines (auf europäische Ebene übertragenes) Grenzregimes, Schaffung von de facto deutschen Protektoraten in Bosnien, Kosovo und Nordafghanistan …

    Zwei von Deutschland entfesselte imperialistische Weltkriege mit Millionen von Toten sollten doch eigentlich Warnung genug sein, was es bedeutet, wenn der deutsche Imperialismus wieder nach der Vormachtstellung greift. Es wäre doch fatal (und zudem naiv), dies alles (insb. auch die aktuelle Entwicklung seit 2008/2009, also die mittlerweile erreichte ökonomische Hegemonie des deutschen Kapitals innerhalb der EU) nicht wahrzunehmen und sich stattdessen in Szenenischen oder gar rein identitäre Politik zu flüchten.

  11. Darth Vader sagt:

    Antifaschismus in der DDR hatte wenig mit dem heutigen Verständnis von Faschismus / Nationalsozialismus zu tun. In der DDR galt, dass Hitler Agent des Monopolkapitals, welches diesen an die Macht gebracht hätte um seine Profite zu sichern. Faschismus sei gemäß der Dimitrow-These die terroristische Herrschaft der reaktionärsten Teile des Monopolkapitals. Die These, dass ein nicht näher definierbares Monopolkapital Hitler an die Macht gebracht hätte, hat der bekannte Bielefelder Historiker Wehler als Ammenmärchen bezeichnet. Aber zurück zum Antifaschismus: Dieser Faschismusbegriff rechtfertigte in der Praxis willkürliche Enteignungen, entlastete breiteste Bevölkerungsschichten von der aktiven Mitwirkung am NS-Regime, blendete den Mord an den europäischen Juden komplett aus und erklärte die Kommunisten fast zu den alleinigen Opfern des Faschismus. In den Schulbüchern wurde auf 30-40 Seiten die Unterdrückung der Kommunisten beschrieben, während der Holocaust als Randnotiz galt. Von einem derart verengten, als Herrschaftsinstrument völlig missbrauchten (und auch sachlich falschem) Faschismusbegriff sollte sich doch jeder distanzieren. Oder?

  12. Darth Vader sagt:

    Auf das Thema Militarisierung könnte man auch noch eingehen: In der SBZ wurden bereits 1948 Einheiten der VP kaserniert und ab 1952 wurde die Kasernierte Volkspolizei als paramilitärischer Verband geschaffen. Weiterhin gab es in der DDR keinen echten Ersatzdienst, massive Wehrerziehung in Schulen, Fackelaufmärsche der FDJ, immensen Fahnenkult, ein militärisches Verständnis von Parteistrukturen und -politik (siehe das Konzept der Partei neuen Typus) usw.

  13. johnnyflash sagt:

    Voll antifaschistich und demokratisch, yeah! Schöner Stachel, eure DDR. Hier das hat bestimmt einer vom Monokapital geschrieben: http://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37957/antisemitismus-in-der-ddr

  14. retmarut sagt:

    @ Darth Vader: Um mal sachlich auf die etwas platte Polemik einzugehen:

    1. Wenn wir von Faschismus reden, müssen wir doch drei verschiedene Bereiche unterscheiden:
    a) Faschismus als Ideologie
    b) Faschismus als Bewegung
    c) Faschismus an der Macht

    a) und b)
    Die Ideologie des Faschismus ist erst einmal arbiträr. Da wird alles zusammengeklaubt, was dem Erstarken der eigenen Bewegung dienlich ist. Allen faschistischen Ideologieströmungen gemein ist, dass sie einen ausgeprägten Antimarxismus und Antiliberalismus haben (denn die Arbeiterbewegung ist ihr direkter Gegner, wenn es um den Wechsel der sozialen Hauptstütze geht), daneben ein völkischer Nationalismus (Korporatismus und die Verschleierung der Klassengesellschaft in einem völkischen Wir), daneben Militarismus und Gewaltpolitik (um nach innen und außen den Einfluss des eigenen Kapitals zu vergrößeren, gerne vergoren mit revisionistischen Gebietsforderungen etc.). In Deutschland kommt dann (anders als z.B. in Spanien oder Italien) auch gleich der Antisemitismus dazu, der eng mit dem reaktionären alldeutschen Nationenkonzept zusammenhängt, das seit den sog. antinapoleonischen Befreiungskriegen den Einschluss (ius sanguis, „deutschen Blutes“) und den Ausschluss (Antisemitismus, Ernst Moritz Arndt: Juden als „Fremdkörper“) umfasst. Aber wie gesagt: Der Faschismus ist (und muss auch aufgrund seiner Bemühungen in die Massen hineinzuwirken) flexibel sein. Nicht ohne Grund wurden seitens der NSDAP und der italienischen Schwarzhemden massiv kulturelle Codes der Arbeiterbewegung übernommen, um desolate/desorientierte Teile der Arbeiterklasse und v.a. des Subproletariats mit einzubinden.
    c) Trotz all des oben genannten ideologischen und kulturellen Zierats geht es trotzdem in erster Linie darum, die Vormachtstellung der herrschenden Klasse abzusichern und die proletarischen Klassenkräfte zu schwächen bzw. zeitweilig sogar auszumerzen, jedenfalls deren organisierte Kraft zu zerschlagen. Und genau das hat beispielsweise die NSDAP an der Macht auch als allererstes getan, und zwar mit aller zur Verfügung stehenden Brutalität.
    Und mensch sollte nicht Macht (also politisches Regieren) mit Herrschaft (die wird von einer Klasse ausgeübt, im Kapitalismus ist das die Bourgeoisie) verwechseln. Zwar konnte die faschistische Führung, vom Kapital an die Macht gehievt, eigene politisch-ideologische Projekte durchziehen, aber eben nur so lange sie nicht die Position des Monopolkapitals tangieren. Eine Enteignung z.B. aller Großbanken oder aller führenden Industrieunternehmen hätte auch ein faschistisches Regime an der Macht nicht durchsetzen können (und hätte es sowieso nicht gemacht, weil es ihm nichts gebracht hätte).

    2. Stellst Du ernsthaft in Frage, dass die nationalsozialistische Bewegung (wie jede faschistische Strömung, die zur sozialen Hauptstütze werden will) nicht von Teilen des Monopolkapitals massiv unterstützt und finanziert wurde?
    * Warum hat denn der damalige Medienmogul Hugenberg (übrigens Politiker der DNVP, mit knapp 1.500 Zeitungs- und Zeitschriftentiteln sowie der UFA mit Abstand größter Medienkonzern im Deutschen Reich) ab Juli 1929 die Reden Hitlers im vollen Wortlaut kostenlos in seinen Blättern publiziert und den Nazis bei den folgenden Reichstagswahlkämpfen kostenlose Werbeanzeigen zur Verfügung gestellt?
    * Waren es nicht Industrielle v.a. aus der deutschen Schwerindustrie, die schon früh auf einen deutschen Alleingang und die dafür geeignete NSDAP setzten, so u.a. Emil Kirdorf, Ernst von Borsig und Fritz Thyssen?
    * Waren es nicht Kirdorf und Thyssen, die dafür sorgten, dass Hitler am 27. Januar 1932 vor dem erlesenen Düsseldorfer Industriclub sprechen durfte und ihnen dort versicherte, er werde die Arbeiterbewegung und den Marxismus mit Stumpf und Stiel zertreten? Thyssen schrieb später über diese Zusammenkunft des Monopolkapitals der Schwerindustrie: „Diese Rede machte einen tiefen Eindruck auf die versammelten Industriellen, und als Ergebnis floss eine Zahl von bedeutenden Zuwendungen aus den Quellen der Schwerindustrie in die Kassen der NSDAP.“
    * Hat die NSDAP ihren Wahlkampf 1930, während dem Hitler per Flugzeug von Wahlkampfort zu Wahlkampfort getingelt ist (damals ein völlig neues Vorgehen im Politgeschäft) und wo die NSDAP eine wahre Flut an Wahlkampfmaterial auffuhr, das vielleicht aus den bescheidenen Mitgliedsbeiträgen finanziert? Oder waren es nicht doch die recht üppigen Spendenbeiträge aus der Industrie?
    * Wer hat denn 1928 die Harzburger Front, also das reaktionäre Bündnis aus NSDAP, DNVP, Stahlhelm, Alldeutschem Verband etc. auf die Beine gestellt. Waren das nicht u.a. Hjalmar Schacht (Dresdner Bank, ehem. Präsident der Notenbank) sowie Schwerindustrielle wie Ernst Brandi, Fritz Springorum und Karl Reusch?
    * War es nicht die „Vereinigte Stahlwerke“, die im Präsidentschaftswahlkampf 1932 Hitler eine halbe Million RM spendete? – Das machen die ja auch nicht grundlos, sondern als strategische Anlage.
    * War es nicht Kirdorf, der Ende der 1920er (genaues Jahr habe ich gerade nicht im Kopf) im Kreise der deutschen Kohlebergbauunternehmen die Idee eines „Kohlepfennigs für Hitler“ (pro geförderter Tonne Kohle sollte ein Pfennig an die NSDAP gespendet werden) einbrachte und diese Regelung von den Kohlebergbauunternehmen beschlossen und fortan umgesetzt wurde?
    * Wer hat denn den greisen Hindenburg (der den „Gefreiten aus Böhmen“ nicht recht ausstehen konnte) mit zwei Bittbriefen aufgefordert, die Kanzlerschaft endlich an Hitler zu übertragen? Das war doch die Creme der deutschen Groß- und Finanzindustrie, die da unterschrieben hat, oder etwa nicht?.

    Wie kann mensch da ernsthaft behaupten, die NSDAP sei nicht vom deutschen Monopolkapital finanziert und für deren eigene Ziele in Stellung gebracht worden? Nämlich für massive Aufrüstung und die einseitige Aufhebung des Versailler Vertrages, für einen erneuten militärischen Versuch, Deutschland zur hegemonialen Macht in Europa zu machen, für die Zerschlagung der Arbeiterbewegung (allen voran die Kommunisten, aber auch reformistische Gewerkschaften und SPD) und damit Grabesstille an der Heimatfront, überhaupt für eine Änderung der sozialen Hauptstütze von der Sozialdemokratie zur kleinbürgerlich-faschistischen Massenbewegung.

    Natürlich hat die NSDAP eine eigene Ideologie (s.o.) gehabt. Im Rattenrennen um die Gunst des Monopolkapitals mussten die doch erst einmal beweisen, dass sie von all den kleinen faschistischen Gruppierungen die radikalste und schlagkräftigste sind. Und ohne Frage waren nicht alle Monopolkapitalisten mit der antisemitischen Hetze der NSDAP einverstanden; letztlich war das aber für sie schlicht nur ein Nebenwiderspruch, denn die Nazis sollten genutzt werden, um die bürgerliche Demokratie auszuhebeln, die proletarischen Organisationen zu zerschlagen und die Kriegsvorbereitung energisch voranzutreiben. Und das haben die Faschisten ja auch ab 30.01.1933 zügig umgesetzt. Und sie haben dabei ihr Versprechen, das deutsche Großkapital nicht anzutasten, sondern es durch weitere Monopolisierung (zu Lasten der kleineren Kapitalfraktionen und der Konkurrenz im besetzten Ausland) und massive staatliche Subventionen (insb. Rüstungswirtschaft und Aufbau der für einen Krieg notwendigen Infrastruktur) auch wahrgemacht. Nicht ohne Grund sind in Nürnberg nicht nur ranghohe Nazis und Militärs, sondern auch Vertreter des Monopolkapitals zu hohen Strafen verurteilt worden. Und die Regelungen des Potsdamer Abkommens zur Enteignung der deutschen Monopolbourgeoisie kamen ja auch nicht aus heiterem Himmel oder einer Bierlaune heraus.
    Unternehmen wie beispielsweise Degussa, die sich mit dem KZ-Zahngold eine im wahrsten Sinne des Wortes goldene Nase verdient haben, die IG Farben, die in Auschwitz-Monowitz ihr eigenes Industrie-KZ mit Arbeitssklaven führten, die Deutsche Bank, die sich beim Ausplündern des besetzten Griechenlands mit Extraprofiten eindecken konnte etc pp. sind doch keine Ausnahmen. Die sind unter den Nazis reich geworden und konnten mit diesem Blutgeld ab den beginnenden 1950ern (als die Kriegsverbrecherprozesse und Enteignungsforderungen in Westdeutschland vom Tisch waren) das sog. „Wirtschaftswunder“ durchziehen.

    3. Die Etappen zum Wechsel der sozialen Hauptstütze: Der Aufbau der NSDAP als neue soziale Hauptstütze zeigt zudem, dass dies nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise passiert. Anfangs eine unbedeutende Münchner Kleinpartei, geführt und überwacht von der Reichswehr (so ist Hitler ja zur damaligen DAP überhaupt erst dienstlich in Kontakt gekommen), dann kommen einzelne Industrielle, die deren Hetze unterstützenswert finden und als Türöffner ins Monopolkapital fungieren. Selbiges setzte damals noch mehrheitlich auf die sozialdemokratische Hauptstütze (bürgerlich-demokratische Bündnisregierung unter Führung der SPD, zuletzt 1928 die Müller-Regierung), als diese in der Wirtschaftskrise zu sehr von links unter Druck gerät und nicht mehr alles umsetzen kann, ohne eigene Parteigänger an die Kommunisten zu verlieren, wird auf ein Präsidialkabinett unter dem Zentrumsmann Brüning gesetzt, das fast ausschließlich über Notverordnungen regiert, als auch das Zentrum nicht mehr sicherer Garant ist, wird auf Militärs wie von Papen und Schleicher gesetzt, die von den Parteien losgelöste Präsidialkabinette führen sollen. Auch deren Halbwertszeit ist gering, Schleicher ist schon nur noch Platzhalter für das kommende Hitler-Kabinett (NSDAP und DNVP), an das dann ab Januar 1933 die Macht übertragen wird.

    Ich bitte doch darum, die historischen Fakten zumindest zur Kenntnis zu nehmen.

  15. retmarut sagt:

    @ Darth Vader zum Thema Militarismus:

    Was hat denn die Bewaffnung der Arbeiterklasse (NVA, Grenztruppen und Betriebskampfgruppen) mit dem deutschem Militarismus zu tun? Soll das Proletariat an der Macht vielleicht unbewaffnet warten, bis der restaurative Rollback der Bourgeoisie kommt?

    * Hätten die Kommunarden 71 Tage unbewaffnet Paris halten können?
    * Hätte Sowjetrussland sich gegen die weißen Interventionstruppen auch nur einen Tag halten können, wenn die Sowjetregierung nicht die Rote Armee gegründet hätte?
    * Wären die japanischen Truppen 1939 am Chalchin Gol aufgehalten worden, wenn die sozialistischen Staaten Sowjetunion und die Mongolei ohne eine sozialistische Armee dagestanden hätten?
    * Wäre der faschistische Überfall auf die Sowjetunion vielleicht ohne Rote Armee im Oktober 1941 vor Moskau zum Stoppen gebracht und ab 1941/42 dann Stück für Stück zurückgeschlagen worden, bis hin zu unserer eigenen Befreiung am 8. Mai 1945?
    * Und meinst Du, ein Land wie sozialistisches Land wie Cuba hätte den US-Imperialismus in der Schweinebucht eine Niederlage bereiten können ohne eigene Arbeiter- und Bauernarmee?

    Unbewaffnet an der heißesten Grenze der Systemkonfrontation zwischen BRD und DDR, wo seitens der BRD bis 1990 die DDR als abtrünniger Teil des bundesdeutschen Staatsgebietes betrachtet und die DDR jahrzehntelang per Hallsteindoktrin als nichtexistent betrachtet wurde?

    Jede Klassenherrschaft muss sich militärisch absichern, das macht die Bourgeoisie nicht anders. Oder warum gibt es hier Polizei und Militär? Aus Menschenfreundlichkeit?

    Im Gegensatz zur Bundeswehr stand die NVA für die Verteidigung des Sozialismus und der Herrschaft der Arbeiterklasse, während die Bundeswehr die bürgerliche Ordnung und das deutsche Kapital absichert. Auch die Traditionslinien waren deutlich andere: hüben faschistische und kaiserliche Generäle, drüben Spanienkämpfer, Antifaschisten und die Tradition des antimilitaristischen und antifaschistischen Rotfrontkämpferbundes.

  16. Darth Vader sagt:

    Stand der historischen Forschung ist seit vielen (!) Jahren, dass sich die NSDAP weitgehend selbst finanziert hat und nicht am Tropf der Schwerindustrie hing. Dies bestätigen die Forschungen des amerikanischen Historikers Turner und auch der marxistische (!) Historiker Kühnl betrachtet es mehr als Verschwörungstheorie, als als historische Gegebenheit. Die NSDAP hat sich v.a. selbst finanziert, z.B. über Mitgliedsbeiträge oder Einnahmen über Veranstaltungen. Zwar gab es einzelne Industrielle, die bekennende Nationalsozialisten waren, das war jedoch nicht die Mehrheit und die Industrie hat in sehr viel stärkerem Maße auch Geld an andere Parteien überwiesen.

    Weiterhin bekämpften sich zwar NSDAP und KPD, ideologisch waren sie jedoch nicht weit voneinander entfernt und zur Not kooperierte man auch einfach miteinander. So geschehen, als die NSDAP zusammen mit anderen linken Parteien für sozialere Gesetzte stimmte, als Walter Ulbricht zusammen mit Joseph Goebbels 1932 beim Berliner Verkehrsarbeiterstreik gemeinsam auf dem Podium standen und Streikreden hielten, so geschehen, als Nazis und Kommunisten gemeinsam 1932 eine negative Mehrheit im preußischen Landtag schufen und damit Preußen, was ein letztes Bollwerk der Demokratie war, lähmten, was zum „Preußenschlag“ führte etc. Weiterhin war eine unübersehbare Anzahl Kommunisten zur SA übergelaufen. Diese nannte man Beefsteaks: „Außen braun, innen rot“.

  17. Darth Vader sagt:

    In der NVA gab es nur Antifaschisten und Spanienkämpfer, hahahaha. In die NVA wurden selbstredend ehemalige Wehrmachtssoldaten integriert, ebenso wie ehem. Nazigeneräle, z.B. Vincenz Müller. Auch hatte man kein Problem damit sich alter preußischer Militärtraditionen anzunehmen: Es erklangen munter preußische Militärmärsche auf Paraden und bis 1990 (!) marschierte man natürlich auch im Stechschritt der Wehrmacht. Dies wurde zum nach den ersten freien Volkskammerwahlen sofort abgeschafft. Und so friedenssichernd war die NVA auch nicht. Walter Ulbricht wäre 1968 am liebsten mit der NVA in die CSSR einmarschiert um die demokratischen Reformen zu bekämpfen Zum Glück wurde das damals von der SU unterbunden. Nur 30 Jahre nach der Annektierung Tschechiens durch das NS-Regime wollte man nicht schon wieder deutsche Truppen in Prag sehen.

  18. Darth Vader sagt:

    In der NVA waren beileibe nicht nur alte Spanienkämpfer und „Antifaschisten“. Man hatte keine Probleme ehem. Wehrmachtssoldaten und Wehrmachtsgeneräle in den eigenen Reihen zu haben. Prominentes Beispiel ist Vincenz Müller.

  19. retmarut sagt:

    @ johnnyflash: Yeah, coole Quelle, die Bundeszentrale für politische Bildung. Total objektive Einrichtung, echt Mann, gerade wenn es um die DDR geht …
    Und als nächstes wird dann die bpb zitiert, wenn es um die Verteidigung der Extremismusdoktrin geht, oder wie?

    Hier mal als alternatives Leseangebot ein aktueller Text von Brigitte Rothert-Tucholsky vom Juli 2012 zum Thema „Lebenserfahrungen – Juden in der DDR“, veröffentlicht auf der Seite des DDR-Kabinetts Bochum:
    http://ddr-kabinett-bochum.blogspot.de/2012/07/lebenserfahrungen-juden-in-der-ddr.html

    Und vielleicht lässt sich am Beispiel von Kurt Julius Goldstein, der in der DDR diverse Funktionen innehatte, zeitweise auch Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees und von 1982 bis 1991 Sekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) war, nachzeichnen, wie sich viele Juden in der DDR selbstdefiniert haben.
    Dazu ein Text von Moritz Reininghaus von 10-2007 aus der Jüdischen Zeitung :
    http://www.j-zeit.de/archiv/artikel.756.html
    Empfehlen kann ich auch das Buch von Friedrich-Martin Balzer:
    Kurt Julius Goldstein. Wir sind die letzten – fragt uns, Pahl-Rugenstein, Bonn 2004, das drei Jahre vor Kurts Tod erschien und seine autobiographischen Erinnerungen enthält, u.a. auch zu seinem Leben in der DDR.

  20. Darth Vader sagt:

    Lieber retmarut, vielleicht solltest du dich inhaltlich mit dem Text der bpb auseinandersetzen, an statt die bpb pauschal zu verdammen? Wenn du all das widerlegt hast, was dort steht, können wir ja weiter reden!

  21. Bolschewik sagt:

    Es ist wirklich bemerkenswert wie hier einige auf unsere ausführlichen Kommentare nicht reagieren und den Diskussionsthema verfehlen. Dagegen erwartet man von uns als Diskussion unter Linken auf konvservativen Historiker wie Wehler einzugehen, die antimuslimisch/rassistisch sich äußern und deren Theorie hier für Wahrheit verkauft wird. Ohne selber überhaupt zu argumentieren. Dann kommen irgendwelchen Vermutungen, ob man selber bei den „Antiimp-Antifa-Szene“ einzuordnen ist und ob dann die eigenen Position in dieser Szene konsensfähig sei. Zu dieser Frage, antworte ich wie Retmarut, die Frage wird hier an der falschen Personen gestellt und sollte an die entsprechenden Kreise gestellt. An uns jedenfalls nicht!

    Ich weiss nicht, wo ich anfangen soll und wo ich aufhören soll. Das geht los mit den falschen Verständnis der marxistischen Faschismus-Definition, die übrigens wie Dimitroff selber sehr eingeschränkt ist und zwar auf den „Klassencharakter des Faschismus an der Macht“. Das heißt, der marxistischen Faschismus kann zumindest nach Dimitroff noch umfassender sein und ja, es mag sein, dass die kommunistische Theoriearbeit bzgl. Faschismus etwas zurückblieb. Jedoch gibt es marxistischen Auseinandersetzung zum Thema Faschismus und zum Thema Antisemitismus wie Sie in der unterschiedlichsten Publikation der kommunistische Linke in Deutschland und international gibt. Wer also die von Dimitroff stark eingegrenzten Faschismus auf seinen Klassencharakter für die gesamte marxistische Faschismus-Verständnis deklariert, tut einer objektiven Wahrheit über Reichtum der marxistischen Faschismusverständnis nichts gutes und für eine diskursfähige antikapitalistische Theoriebildung keinen Dienst.

    Nun ganz kurz zum Verständnis der Klassencharakter des Faschismus aus marxistischer Sicht: Es geht hier im Wesentlich von dir kritisierten Punkt um die Dialektik zwischen die gesellschaftlichen Verhältnisse (z.B. Kapital) und konkrete Individums in einem historischen Prozess. In der Theorien einiger antikapitalistischen Linke wird das Kapital richtigerweise als gesellschaftlichen Verhältnis dargestellt, nur Sie sehen nicht, dass diese gesellschaftliche Verhältnis auch konkrete Menschen beinhaltet, die zwar selber Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Aber gleichzeitig die Gestalter der gesellschaftlichen Verhältnisse unter Bedingungen der Produktion und Reproduktion, also unter bestimmten Historizität, sind. Dafür ist vermutlich der kurze Werk von einem russischen Sozialdemokrat (Plechanow) sehr hilfreich, der einen Gegner Lenins war, über die „Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte“ oder etwas tiefgründiger des französischen Psychologen Seve über den „Marxismus und die Theorie der Persönlichkeit“. Übertragen auf die marxistische Faschismustheorie hieße das. Der Faschismus an der Macht besitzt folgende Klassencharakter „die terroristische Form der Herrschaft der reaktionästen Teile des Finanzkapital“ (also verschmelzten Industrie-, Bank-, und Versicherungsmonokapital), das ist erstmal die Beschreibung von gesellschaftlichen Verhältnis, genauer apersonellen gesellschaftlichen Verhältnisse. Diese apersonellen gesellschaftlichen Verhältnisse sind zeitgleich Ausdruck von Beziehungen zwischen konrekten Menschen. In dem Fall des Faschismus, siehe die ausführlichen Untersuchungen von dem marxistischen Historiker Kurt Gossweiler zum Faschismus, gab es Personen aus dem Kapitalkreise, die die deutschen Faschisten unterstützt haben, Namen wie Krupp, Thyssen sind ja bekannt und in den Nürnberger Prozesse verurteilten Personen. Diese Unterstützung durch einige Monopolkapitalisten, also konkrete (namentlich bekannt und mit ganz persönlichen Geschichte, etc.) Individuen, war kein Ergebnis ihrer eigenen Bösheit, sondern Ausdruck von bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisse, die Sie selber als „untrennbaren“ Teil dieser Verhältnisse (mit-)gestalten. In diesem Sinne hatten die Kommunisten im Juni 1945 als erste antifaschistische Partei genommen:

    Um so mehr muß in jedem deutschen Menschen das Bewußtsein und die Scham brennen, daß das . Nicht nur Hitler ist schuld an den Verbrechen, die an der Menschheit begangen wurden! Ihr Teil Schuld tragen auch die zehn Millionen Deutsche, die 1932 bei freien Wahlen für Hitler stimmten, obwohl wir Kommunisten warnten: »Wer Hitler wählt, wählt den Krieg!« Ihr Teil Schuld tragen alle jene deutschen Männer und Frauen, die willenlos und widerstandslos zusahen, wie Hitler die Macht an sich riß, wie er alle demokratischen Organisationen, vor allem die Arbeiterorganisationen, zerschlug und die besten Deutschen einsperren, martern und köpfen ließ. Schuld tragen alle jene Deutschen, die in der Aufrüstung die »Größe Deutschlands« sahen und im wilden Militarismus, im Marschieren und Exerzieren das allein seligmachende Heil der Nation erblickten. Unser Unglück war, daß Millionen und aber Millionen Deutsche der Nazidemagogie verfielen, daß das Gift der tierischen Rassenlehre, des »Kampfes um Lebensraum« den Organismus des Volkes verseuchen konnte. Unser Unglück war, daß breite Bevölkerungsschichten das elementare Gefühl für Anstand und Gerechtigkeit verloren und Hitler folgten, als er ihnen einen gutgedeckten Mittags- und Abendbrottisch auf Kosten anderer Völker, durch Krieg und Raub versprach.
    Vielmehr schrieb die KPD noch zu ihrer eigenen Fehler

    Dieser Aufruf und seine inhaltlichen Aussagen stehen widersprechend zu deiner Behauptung, die Kommunisten mit ihren Faschismus-Verständnis würden breite Teile des deutschen Volkes entlasten. Die Kommunisten sehen sogar bei sich als antifaschistischen Kämpfer Teilschuld an dem Verbrechen gegen die Menschheit. Das ist kein Blankoscheck für Kollektivschuld-These der bürgerlichen Historiker, die damit nur das deutsche Monopolkapital entlasten wollen und so die Herrschaftsverhältnis in diesem Land verschleiern wollen. Aber eben keine alleinige Schuld bei den Kapitalisten und enthaltet auch kein Aussage „Kommunisten sind die alleinigen Opfer des deutschen Faschismus“. In der DDR erhielten die Opfer des Faschismus eine Entschädigungsrente, die Widerstandskämpfer erhielten mehr Rente als die übrigen Opfer. Gedacht wurde in der DDR sogar den konsverativen Widerstand um den Attentäter Stauffenberg, also nicht nur die kommunistischen Widerstand.

    Ja, die Kommunisten in der KPD und später in der SED haben Fehler begangen. Die KPD betrieb mit ihrer Sozialfaschismus äußerst schädlichen Politik in der dreissiger Jahr und hat dann später Korrekturen daran genommen. Die SED beging ebenfalls Fehler in der Einschätzung des Sozialismus und letztendlich den Faschismus. Aber die Kommunisten bemühen sich im Kampf aus ihren Fehler zu lernen, eine Konsequenz aus der Machtübergabe an den Faschisten war die Einheit der Arbeiterparteien zu schaffen, dies war die SED als eine antifaschistische Partei in Deutschland, die es vermochte 40 Jahre den deutschen Imperialismus zu hindern, erneut andere Staaten zu überfallen und den Weltfrieden zu gefährden. Ich mag heute als Kommunist kritisch dazu stehen wie ich will. Die Genossen kamen aber unter den damaligen Kampferfahrungen in der faschistischen Kerker und Konzentrationslager, in der Weimarer Republik zu diesem Entschluss. Eine Zeigefinger gegenüber den Genossen, wie Sie hier von johnnyflash, DarthVader und andere getrieben, ist schlaumeierei und arrogant.

    Ich denke, das Thema „Militarismus/Militarisierung“ in der DDR bedarf weiteren Ausführungen, die hier eindeutig von Thema wegbringen. Aber mal was satirisches zum Thema, . Es könnte heute unter den kommunistischen Autonomen „Der Communismus, Genoss*Innen“ heißen, um auf es autonomen Deutsch zu sagen. Ebenfalls zum Antisemitismus in der DDR/UdSSR/Ostblock-Staaten bedarf es ein noch ausführlicher Diskussion. Mit andere Quellen als die von Bundeszentrale für politische Verdummung stammen, da Sie keine Grundlage für eine innerlinken Diskurs bieten können. Sonst könnten wir auch mit „Extremismus“-Theorie von der Verfassungsschutz und Frau Schröder arbeiten, dann ist aber keine Diskussion unter Linken, sondern zwischen Linken (aller Coleure) und Mitte-Rechten. Leider erscheint mir die Diskussion bisher in dieser blog auf dieser Ebene, es wird mit anti-linken und rechten Historiker und Theoretiker gegen die Kommunisten und die Antifaschisten.

    Zum Vorwurf an den Genossinnen und Genossen der ALI bleibt weiterhin, dass Sie auf die Lehre der deutschen Antifaschisten aus dem deutschen Faschismus berufen und somit auch die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands aus der KPD und SPD ein großen Tag für die linke und antifaschistische Kräfte war und ist.

  22. Bolschewik sagt:

    Kurz hier zur Beziehung zwischen Monopolkapital und faschistischen Partei, um die Verwirrung zu lösen. Die Beziehung zwischen das deutsche Finanzkapital (verschmelzten Industrie-, Bank- und Versicherungsmonopolkapital, auch der Begriff MONOpolkapital ist etwas verwirrend) und faschistische Partei bestand ja nicht ausschließlich durch die Finanzierung der NSDAP durch Teile des Finanzkapitals, sondern in der vielfach Zusammenarbeit in Form in gemeinsamen Konferenzen, Brieftausch, Übernahme von Programmziele der jeweiligen Fraktionen des Finanzkapitals, die personelle Überschneidung, usw. usf. Das gilt es genauso für die Analyse des heutigen Staates zu betrachten. Ministerien lassen ja ganze Gesetze von kapitalabhängigen Agenturen und Schreiblinge abschreiben. Die bürgerlichen Parteien wie die CDU, Grüne und FDP werden ebenfalls nicht zu 100% durch das Kapital finanziert, sondern zumeist durch die Mitgliedsbeiträge. Aber kein antikapitalistischen Linken kommt auf die Idee zu behaupten, die FDP sei kein Partei des Kapitals zu benennen. Nehmen die FDPler eine winzige Spende von über ein Million Euro, so verwandeln Sie die Forderung dieser oder jener Kapitalfraktion in realer Politik. Auch wenn die Parteifinanzierung nicht über Spenden der „Konzerne“ läuft. Dasselbe gilt für die Grünen oder CDU. Die CDU erhielt bspw. 2008 nur etwa 16% ihrer gesamten Einnahmen über Spenden natürlicher und juristischer Personen.

    Es wäre naiv aber Herrschaftsverhältnisse ausschließlich über Finanzierung zu defenieren. Retmarut hat ja noch Recht zur Unterscheidung zwischen Macht und Herrschaft. Es gilt die Frage beispielsweise nach Verschmelzung zwischen Kapital und Staat, Kapital und NSDA-Partei genauer zu untersuchen. Sitzt beispielsweise ein Vertreter von Krupp direkt in den entscheidenden Ministerium mit den entsprechenden Befugnisse, welche Absprachen fanden zwischen Parteiführung und Vertreter des Finanzkapitals getroffen und wie wurden Sie umgesetzt.

    Auf alles werde ich nicht mehr reagieren…

  23. retmarut sagt:

    @ Darth Vader:

    „Weiterhin bekämpften sich zwar NSDAP und KPD, ideologisch waren sie jedoch nicht weit voneinander entfernt und zur Not kooperierte man auch einfach miteinander.“

    Naja, jetzt ist zumindest klar, woher der Wind der „dunklen Macht“ weht. Lechts gleich Rinks.

    Und notfalls mal ein bisschen an den historischen Fakten schrauben:
    Dir ist schon bewusst, dass der „Preußenschlag“ (also die Absetzung der preußischen SPD-Regierung) durch die damalige rechte Reichsregierung vorgenommen wurde. Statt wie die KPD es anbot, gemeinsam einen Generalstreik auszurufen, hat die SPD das Angebot zurückgewiesen. Der preußische Innenminister Severing (ja, derjenige, der als Innenminister für den Blutmai 1929 in Berlin verantwortlich zeichnete) hat in Vertretung vom preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun stattdessen Passivität geübt und seine Regierung einfach ohne jegliche Gegenwehr absetzen lassen. Damit war übrigens auch allen klar, dass von der SPD keine Aktivitäten gegen eine Machtübertragung im Reich an die Nazis stattfinden werden. (Trotzdem hat auch am 30.01.1933 die KPD die Gewerkschaften und SPD zum Generalsstreik aufgerufen. Die wollten aber lieber den Faschismus „aussitzen“ – viele von ihnen taten das dann wenig später im KZ.)

    Und die wirklichen Abläufe beim Verkehrsarbeiterstreik 1932 in Berlin dürften Dir, davon gehe ich nach allem vorherigen aus, durchaus bekannt sein. Warum dann solchen Unsinn verbreiten?
    Die NSDAP (bzw. ihre NSBO, Nationalsozialistische Betriebszellen Organisation) hat weder den Streik losgetreten noch irgendwelche Positionen in der engeren Streikleitung gehabt. Sie ist auf den laufenden Streik als Trittbrettfahren mitgefahren, einzig aus dem Grunde, im damals roten Berlin in Zeiten der Wirtschaftskrise irgendwie ihre sozialdarwinistischen, scheinradikalen Losungen unter die Arbeiterklasse zu kriegen. Weder die SPD noch die freien Gewerkschaften noch die KPD haben irgendwelche Konzessionen an die NSBO gemacht. Die KPD hat damals die Politik der Einheitsfront von unten betrieben – mit sozialdemokratischen und nichtorganisierten Arbeitern, nicht mit Faschisten. – Das ganze Herumgehampel hat der NSDAP übrigens bei der Reichstagswahl im November 1932 in Berlin massiv Stimmen gekostet. Offenbar waren viele kleinbürgerliche und bourgeoise Wählerschichten der NSDAP von dieser Streikbeteiligung irritiert bzw. empört. Schließlich hatte es sich die NSDAP seit Jahren auf die Fahnen geschrieben, die Gewerkschaften zu zerschmettern, nicht selber Gewerkschaft zu spielen.

    Richtig erbärmlich wird’s aber, wenn Reinhard Kühnl von Dir angeführt wird die Finanzierung und Unterstützung der NSDAPdurch das deutsche Monopolkapital als „Verschwörungstheorie“ darzustellen. Nenn mir mal bitte eine Quelle, wo Kühnl solches behauptet hätte.
    Seine gesamte Forschung zum Wesen des Faschismus beinhaltet das Bündnis zwischen Monopolkapital und der Nazipartei. In der Einleitung zu Kühnl/Hardach, Die Zerstörung der Weimarer Republik (1977) schreibt er:
    „Uns kam es vielmehr darauf an, jene sozialen Kräfte einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, die die Zerstörung der Demokratie aktiv vorangetrieben haben und denen der Hauotteil an der Faschisierung zukommt. Dies waren einmal die Kräfte aus dem Industrie- und Bankkapital, die mit der militärischen Niederlage ind der Revolution von 1918 ihre Expansionspolitik gescheitert und ihre innenpolitische Machtstellung geschmälert und bedroht sahen.“ (Er führt dann als 2. und 3. noch das Offizierskorps und „kleinbürgerlich-mittelständische Schichten“ an.) Weiter heißt es: „Die Untersuchungen [in besagtem Buch] zeigen, daß die herrschende Klasse nach 1918 – trotz aller taktischen Wendungen und inneren Differenzen – zwei Ziele ständig im Auge behalten und konsequent verfolgt hat: erstens die Zurückdrängung der Arbeiterbewegung, um die Dominanz der Kapitalinteressen im Innern auch politisch abzusichern. […] Und dies war zweitens die Herstellung von Bedingungen, die eine neue Expansionspolitik des deutschen Kapitalismus ermöglichten, vor allem also die Sprengung der Fesseln des Versailler Vertrages. […] Die Präsidialdiktaturen erwiesen sich jedoch als zu schwach, um die kapitalistische Gesellschaftsordnung gegen die vielfältigen Gefahren zu schützen und die beiden oben genannten Hauptziele durchsetzen zu können. So wurde im November 1932 das Konzept einer Militärdiktatur in einem Planspiel der Reichswehr sorgfältig geprüft. Als auch dieses Konzept sich als nicht realisierbar erwiesen hatte, einigten sich die maßgeblichen Fraktionen der herrschenden Klasse schließlich auf das Konzept einer faschistischen Diktatur, die nicht nur die vollständige terroristische Zerschlagung der Arbeiterbewegung und der Demokratie und die entschlossene Vorbereitung einer neuen imperialistischen Expansion durchzuführen versprach, sondern für diese Politik offensichtlich auch eine breite Massenbasis zu mobilisieren vermochte.“ (dort S. 8f.)

    Außerdem würde ich doch darum bitten folgende Dokumente (zu finden allesamt in Kühnl, Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, 1975) zumindest zur Kenntnis zu nehmen:

    * Eingabe von Industriellen, Bankiers und Großagrariern an Reichspräsident von Hindenburg vom November 1932, d.i. eine Bittschrift von Vertretern des Monopolkalpitals zur Ernennung einer NSDAP-DNVP-Koalition [S. 160]
    * Rede Hitlers vor dem Düsseldorfer Industrieclub vom 27. Januar 1932 [S. 134], das offizielle Protokoll des Treffens verzeichnet mehrfach „Beifall“ und am Schluss „langanhaltender Beifall“. – Hitlers Rede scheint also auf viel Wohlwollen gestoßen sein bei den anwesenden Industriemagnaten.

    Es ist zudem doch ganz schön unverforen, frisch von der Leber weg zu behaupten: „Stand der historischen Forschung ist seit vielen (!) Jahren“.
    Was ist mit den Forschungen von Reinhard Opitz, Kurt Gossweiler, Reinhard Kühnl oder auch Kurt Pätzoldt, der zum Schluss kommt, dass „so lautet die Schlußfolgerung, die NSDAP eine Partei gewesen, die NSDAP „zweifelsfrei die Interessen der ökonomisch Mächtigen in der kapitalistischen Gesellschaft vertreten hatte“.
    Sind die jetzt alle – und mit ihnen die vorliegenden Dokumente zum Faschismus vor der Machtübertragung – jetzt obsolet, nur weil ein Darth Vader seinen Totalitarismusdreck loswerden will?

  24. Darth Vader sagt:

    Dann fangen wir mal an: Die KPD hat 1931 zusammen mit der NSDAP und anderen Rechts-Parteien den Volksentscheid über die Auflösung des preußischen Landtags unterstützt um lieber gegen die „sozialfaschistische“ SPD und den Staat als solches zu bekämpfen, als gemeinsam sich mit der SPD den Nazis entgegen zu stellen. So viel zum Thema Einheitsfront gegen den Faschismus.

    Und es ist natürlich auch wahnsinnig nett von der KPD gewesen, zunächst zu verhindern, dass es nach den Landtagswahlen 1932 eine preußische Landesregierung gibt, damit den Eingriff von Papens zu provozieren, damit das letzte Bollwerk der Demokratie angesichts des Aufstiegs Hitlers zu zerstören und dann einen angesichts der Weltwirtschaftskrise aussichtslosen Generalstreik anzubieten. Das ist wirklich fair gewesen.

    Zum Thema Generalstreik nach der „Machtergreifung“: Wenn tatsächlich so viele Arbeiter hinter der KPD gestanden hätten, dann hätte doch der Generalstreikaufruf der KPD, den es gegeben hatte, auch gewirkt. Tatsächlich war es aber nur ein Sturm im Wasserglas.

    Und leider scheinst du die Literatur von Herrn Kühnl nicht vollständig gelesen zu haben. Seine durchaus zutreffende Charakterisierung des marxistischen Verständnisses des Aufstiegs der NSDAP als Erfüllungsgehilfin des „Monopolkapitals“ als nah zu Verschwörungstheorien findest du in seinem Werk „Faschismustheorien. Ein Leitfaden“ von 1990.

    Noch eine Anmerkung zur Industrielleneingabe: Diese wurde nur von einer handvoll Industrieller unterschrieben. Die breite Mehrheit der Industriellen stand nicht als Unterstützer auf der Liste, seien es nun Carl Friedrich von Siemens, Robert Bosch, Karl Haniel oder Ernst von Borsig. Vielmehr waren die Industriellen tendenziell national-konservativ eingestellt. Den Aufruf „Mit Hindenburg für Volk und Reich!“, der sich u.a. gegen die NSDAP wandte unterzeichneten deutlich mehr Industrielle als die Industrielleneingabe. Somit kann diese nicht als repräsentativ für die gesamte Industrie gelten.

  25. retmarut sagt:

    @ Darth Vader:
    Irgendwie scheinst Du faktenresistent zu sein. 🙂

    1. Das Volksbegehren und der anschließende Volksentscheid wurden von einem Bündnis an Rechtskräften bestehend aus NSDAP, DNVP und DVP betrieben, nicht von der KPD.
    Die KPD hat allerdings, und das ist in der Tat ein ideologischer Fehler gewesen, der ja auch wenig später korrigiert wurde, aufgrund der ultralinken „Sozialfaschismusthese“ kurz vor dem Abstimmungstermin doch noch für eine Ja zum Volksentscheid geworben. Das war in der KPD nicht unumstritten und das hat ein Großteil der kommunistischen Wähler offenbar auch anders gesehen, denn der kommunistische Mobilisierungserfolg war recht mau. (Was wiederum zeigt, wie wichtig der kommunistische Grundsatz ist, als Partei „das Ohr an den Massen“ zu haben und die Stimmungen der Massen richtig einzuschätzen.)

    Es sollte in diesem Zusammenhang allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die KPD (noch vor dem Volksbegehren der Rechten) im Parlament den Antrag auf Selbstauflösung des Landtages gestellt hat, um die Kampagne des Rechtsbündnisses zu verhindern.

    2. Abgesetzt wurde die preußischen Regierung von der Reichsregierung, nicht vom preußischen Landtag oder der KPD. Offizieller Grund war meines Wissens der Altonaer Blutsonntag, der sich vor wenigen Tagen zum 80. Mal gejährt hat.
    Und die SPD in Preußen unter Bauer und Severing hat tatsächlich nichts (!) gegen diesen Putsch der Reichsregierung unternommen: weder wurde die preußische Polizei zum Schutz des Landes mobilisiert (zusammen mit dem Reichsbanner SRG wäre diese durchaus ein Machtfaktor gewesen), noch wurde ein Generalstreik ausgerufen, noch wurde überhaupt die Parteibasis mobilisiert. Die SPD hat nur eines getan: ohne Widerstand die Macht im größten Land des Reiches an die Zerstörer der Demokratie abgegeben.

    3. Du weisst genau, dass ein Generalstreik nur unter Beteiligung der Gewerkschaften und der SPD Erfolg gehabt hätte. Das Beispiel des Generalstreiks beim Kapp-Lützwitz-Putsch hat bewiesen, was eine solche proletarische Aktionseinheit bewirken kann. – Die KPD hat (u.a. auch hier in Göttingen) im Februar 1933 Proteste organisiert, wobei die Partei da schon dem direkten Terror der SA an der Macht ausgesetzt war. Und der antifaschistische Widerstand der wenige Wochen später illegalisierten KPD dürfte auch Dir nicht entgangen sein.

    4. zu Kühnl: Ja, das Buch kenne ich und habe es hier gerade vor mir liegen. Kurze Nachfrage, interessehalber: Hast denn Du das Buch überhaupt mal gelesen? Du machst jedenfalls nicht den Eindruck.
    Für die Allgemeinheit hier mal das „Verschwörungsthesen“-Zitat von Kühnl im Kapitel zu Gossweiler im ganzen Absatz. Kühnl nimmt dabei auf frühere Werke Gossweilers aus 1969 und 1972 Bezug und bringt dazu seine (d.h. Kühnls) damalige Einschätzung:

    „Meine Kritik lautete damals wie folgt: ‚Die in der Tat bestehende Kausalbeziehung zwischen Kapitalismus und Faschismus wird hier allzu direkt und personalistisch-voluntaristisch aufgefaßt, so daß die Nähe zu Verschwörungstheorien nicht zu übersehen ist. Tatsächlich muß diese Beziehung stärker als eine vermittelte und strukturelle gesehen werden: Nicht die direkte Unterstützung des Großkapitals bewirkte den Aufstieg des Faschismus, sondern die im kapitalistischen System begründete Wirtschaftskrise trieb die verängstigten Massen, vorab die proletarisierten oder von der Proletarisierung bedrohten Mittelschichten, zum Faschismus, der ihnen soziale Sicherheit und nationales Prestige versprach. Erst als sich der Faschismus zur Massenbewegung formiert hatte, setzte die Unterstützung des Großkapitals in größerem
    Umfang ein, die dann freilich die Propagandamöglichkeiten des Faschismus weiter verstärkte und seinen Aufstieg beschleunigte. Daß der Faschismus überhaupt so viele Anhänger gewinnen konnte, liegt darin begründet, daß der Kapitalismus permanent autoritäre und irrationale Denk- und Verhaltsformen produziert und also die Massen ideologisch auf den Faschismus schon vorbereitet hatte.'“

    Und einen (!) Satz später sagt Kühnl:
    „In seiner späteren Darstellung geht nun Gossweiler, wie oben zitiert, in der Tat sehr viel stärker von der realen Lage der Mittelschichten, von ihren Ängsten und Hoffnungen aus, um ihren Zulauf zur NSDAP zu erklären. Zugleich hat er genauer darstellen können, wie die Kontakte zwischen der Führung der NSDAP und der herrschenden Klasse beschaffen waren, bevor die Wirtschaftskrise die NSDAP zur Massenpartei anschwellen ließ.“ Und auch im folgenden stimmt Kühnl dann weitgehend mit Gossweiler überein.

    Du ziehst hier also ein Zitate (bzw. es ist ja lediglich Deine vermeintliche Wiedergabe der Aussagen Kühnls) völlig aus dem Sinnzusammenhang, gibst dem Ganzen eine neue (eigene) Interpretation und hast sogar noch die Kaltschnäuzigkeit, aufgrund dieses unlauteren Vorgehens Kühnl in einen (objekt nicht bestehenden) grundsätzlichen Gegensatz zu anderen marxistischen Faschismusforschern (wie Opitz oder Gossweiler) zu stellen.
    Allerdings fliegt so etwas halt immer schnell auf, wenn Leute die zitierten Werke selbst im Bücherregal oder auf der Festplatte haben. Peinlich, peinlich …

    4. Auf die Schlussanmerkung von Dir muss ich nicht näher eingehen, da die ist schon auf den ersten Blick derart absurd ist. Angemerkt sei nur, dass Hindenburg ja nicht nur eine Eingabe erhielt, sondern eine ganze Welle ähnlicher Schreiben aus dem Monopolkapital, die für eine Kanzlerschaft Hitlers vorstellig wurden.
    Und bei „Mit Hindenburg für Volk und Reich!“ ging es um die ReichsPRÄSIDENTENwahl 1932, nicht um die Frage, wer Kanzler werden soll. Dass das Gros des Monopolkapitals für Hindenburg als Reichspräsident war, dürfte wohl unstrittig sein, war Hindenburg doch in ihren Augen ein Garant für Stabilität, der unter vielen Deutschen Respekt genoss (- der alte Kriegsschlächter und bekennende Monarchist -) und daher eine ideale Besetzung war, um in seinem Windschatten die Faschisierung des Staates (also den zweiten imperialistischen Anlauf auf „deutsches“ Europa) voranzutreiben. Zudem war der alte Herr schon recht senil und daher (siehe die o.g. Bittschreiben und Eingaben) auch leichter beeinflussbar.

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