Jusos werfen politische Einseitigkeit vor

Unausgewogene Augusta?
von am 3. Mai 2012 veröffentlicht in Titelstory, Unipolitik

Die seit 2008 bestehende Göttinger Campuszeitung „Augusta“ erzürnt die Juso-Hochschulgruppe: Die letzte Ausgabe vom 18. April erreiche „eine neue Qualität der Unausgewogenheit“. Den am aktuellen AStA beteiligten Jusos ist dabei die Berichterstattung über die Hochschulpolitik ein Dorn im Auge. Dort gäbe es zahlreiche Falschmeldungen und allzu übertrieben zugespitzte Kritik am AStA. Die Redaktion räumt handwerkliche Fehler und Versäumnisse ein, die allerdings nicht so gravierend und entschuldbar seien.

Die Campuszeitung „Augusta“ besteht seit 2008. Damals hatte der AStA noch unter der Führung der heutigen Opposition den Startschuss für das Projekt gegeben. Der AStA war auch bis vor wenigen Monaten selbst wirtschaftlich an der Augusta beteiligt – was vor allem bedeutete, dass jährlich über zehntausend Euro aus den Mitteln der Studierendenschaft an die Zeitung flossen. Vor kurzem hat die Zeitung dann eigene Mittel aquiriert – aus Studiengebühren. Der AStA hat im gleichen Zug auch die unternehmerische Beteiligung beendet und die AStA-Beilage nun selbst verteilt. Die Campuszeitung ist damit eine von einem eingetragenen Verein geführte, jetzt völlig selbständige studentische Zeitung.

Bereits vor zwei Wochen erschien die Ausgabe, die nun Stein des Anstoßes ist. In der Tat: Das Ressort Hochschulpolitik berichtet intensiv über den neuen AStA. Dabei, so die Jusos in einem aktuellen Artikel auf ihrer Homepage, seien aber zahlreiche Fehlinformationen. Beispielhaft wird auf die Behauptung verwiesen, der AStA wolle Fussball-EM-Übertragungen organisieren, was so nicht stimme. Falsch werde auch über das Diskussions- und Abstimmungsverhalten der AStA-Koalition im Studierendenparlament berichtet. Hochschulpolitisch sei die Berichterstattung auch tendenziös: Während der AStA-Koalition nur an wenigen Stellen Raum für Argumente zugebilligt wurde, werde in weit mehr Kommentaren und Artikeln gegen den AStA geschossen. Minutiös listen die Jusos auf, wann wer zu Wort kommt.

Besonders ein Redakteur springt der politisch interessierten Leserschaft ins Auge: Florian Sanden ist Autor oder Mitautor von insgesamt sieben Artikeln (und einem Teaser auf der Titelseite). In einem allgemeinpolitischen Schwerpunkt behandelt die Augusta die Occupy-Bewegung. Dabei durfte ein Redakteur Sympathie für die Bewegung äußern, ein anderer gegen sie – einigermaßen ausgewogen also. Florian Sanden übernimmt hier den Part gegen Occupy und spart gegen Ende auch nicht mit politischer Bewertung, wenn er sich das im Frühjahr diskutierte Gauck-Urteil „unsäglich albern“ zu eigen macht und noch um „völlig sinnlos“ ergänzt. In einem weiteren Artikel darf er den politisch hochumstrittenen sogenannten „Zukunftsvertrag“ der Stadt Göttingen verteidigen – die habe schließlich derzeit „nur eine Möglichkeit: Die Ausgaben senken und die Einnahmen erhöhen“. Vor allem aber hochschulpolitisch hat Sanden sich ausgetobt: Nicht nur ein umfangreicheres Interview mit
ADF-Vorsitzendem, sondern auch Kommentare hat Sanden beigesteuert: „Ohne Ideen, ohne Inhalte und ohne Mehrheit“ ist sein Artikel übertitelt, der Kommentar aber betont vorsichtig formuliert. Mit pessimistischen Prognosen werden nur „Vertreter der Opposition“ oder „ein Abgeordneter der ADF“ zitiert.

Florian Sanden ist, so bestätigt uns die Augusta-Redaktion, Mitglied der Jungen Union der Stadt Göttingen. Allerdings sei andererseits etwa der Ressortleiter Daniel Morfeld ein SPD-Mitglied – und der sei an der AStA-Berichterstattung ebenfalls beteiligt gewesen. Die Augusta-Chefredaktion fügt hinzu: „Der Hinweis soll verdeutlichen, dass in der AUGUSTA nicht nach politischer Zugehörigkeit sortiert wird und jeder /-m – solange sie/er sich nicht rassistisch, sexistisch, verfassungsfeindlich etc. äußert – die Möglichkeit zur politischen Meinungsäußerung geboten wird.“ Andererseits betont die Chefredaktion: „Die AUGUSTA und damit alle verantwortlichen Redakteure verfolgen ausdrücklich keine politischen Ziele“.

Nach einer Stellungnahme zu der politischen Ausrichtung der Berichterstattung gefragt, räumt die Chefredaktion ein, „dass an einigen Stellen ein ausgewogeneres Meinungsbild hätte dargelegt werden können“ und dass Versäumnisse geschehen seien, die seien aber teilweise „auf Zeit- und Personalmangel zurückzuführen und können als handwerkliche Fehler bezeichnet werden“. Chefredakteur Yannick Polchow verweist darauf, dass die Artikel von nicht professionell tätigen Studierenden in ihrer geringen Freizeit erstellt würden – da seien derlei Fehler entschuldbar. In der Redaktion bestehen überdies Zweifel daran, dass Aussagen tatsächlich falsch sind. Solange bestehe auch kein Grund für „Gegendarstellungen oder derlei Korrekturen“. In Absprache mit dem hochschulpolitischen Ressort solle aber in der nächsten Ausgabe einem kritischen Dialog mit der Juso-HSG Raum gegeben werden.

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10 Kommentare auf "Unausgewogene Augusta?"

  1. rudi sagt:

    Schein und Sein

    Blickt man in die aktuelle Ausgabe der Augusta findet man dort vor allem eins: Anti-linke Hetze, verpackt unter dem neutral klingendem Label „Die Göttinger Campuszeitung“. Wie unabhängig ist diese Zeitung eigentlich?

    Die Augusta „versteht sich als unabhängiges studentisches Medium“ – so will es zumindest das Selbstverständnis. Die Realität sieht anders aus: Der Mangel an Nachwuchs zwingt die Redaktion, jede helfende Hand anzunehmen. Diesen macht sich ein Mitglied der Jungen Union Göttingen zu Nutzen: Fünf Seiten von 32 unter Besetzung der Mehrzahl der unipolitischen Themen konnte Florian Sanden auf sich vereinen. Unter Titeln wie „Ohne Ideen, ohne Inhalte und ohne Mehrheit“ oder „Auf dem linken Auge blind?“ schrieb er an insgesamt sieben Artikeln. Dabei nimmt er bei seiner konservativ-reaktionären Meinung kein Blatt vor den Mund.

    Die Strategie ist Stimmungsmache gegen den amtierenden AStA. Seine Ungeschicklich- und Unfähigkeit dabei machen Auflage und eine weitestgehend unpolitische Leserschaft der Augusta taktisch wett. In feinster demokratischer Manier träumt er davon, „die AStA-Minderheit auszuhebeln und dem AStA eigene Projekte aufzuzwingen“, verbreitet den Humbug, dieser baue „klientelistische Strukturen“ auf, und lügt offen, wenn er die Aussage des AStA-Vorsitzenden aus dem Kontext reißt, „er sei für Inhalte nicht zuständig“. Sanden fasziniert wiederholt einen nahenden Bruch des AStAs herbei, „es ist höchst zweifelhaft, ob diese Konstruktion halten, geschweige denn funktionieren kann“. Was Sanden im Schilde führt ist ganz offensichtlich: Er will den AStA mit der Augusta als Instrument spalten, diskreditieren, beseitigen.

    Die Augusta-Redaktion hingegen legte in der letzten Ausgabe keinen Wert darauf, ein Gegengewicht zu Sanden zu schaffen. Schließlich musste die Zeitung fertig werden, und der Florian hat ja so viel Arbeit da rein gesteckt. Unterschwellig klingt dabei mit, dass seine hohe Präsenz doch in Ordnung ist, wenn er so viel arbeitet. Was für eine widerliche
    Bevormundung.

    Die Finanzierung der Zeitung erfolgt jedoch aus Studiengebühren, also aus den Geld einer jeden Studierenden der Universität Göttingen. Dafür möchte man eine unabhängige Zeitung erwarten, die, wenn sie schon einen Schwerpunkt auf unipolitische Themen legt, hier dann doch bitte eine ehrliche und unabhängige Berichterstattung fährt. Dass Handlungsunfähigkeit der Redaktion jedoch zur Folge hatte, dass die Zeitung wie eine Publikation der Jungen Union erscheint, ist skandalös und ein Missbrauch studentischer Gelder.

  2. retmarut sagt:

    Ein paar kurze Nachfragen zum Beitrag:
    „Vor kurzem hat die Zeitung dann eigene Mittel aquiriert – aus Studiengebühren.“ – Wer genau vergibt denn solche Mittel und mit welcher Begründung? Ist eine konkrete Höhe des Betrages bekannt? War das eine einmalige Zuwendung oder ist die jetzt jedes Jahr geplant?

    PS: Naja, die Rechten sind ja auch nicht ganz blöd. Jetzt nutzen sie halt ihre Augusta zur Stimmungsmache gegen den AStA. Ich wette, im Herbst/Winter, wenn wieder StuPa-Wahlen vor der Tür stehen, wird die Augusta so richtig zur Dreckschleuder mutieren.

  3. Harvey sagt:

    Solche Mittel vergibt die ZKLS+, eine Kommission, die beim Uni-Präsidium angesiedelt ist und – meine ich – entsprechend den Senatssitzen auch mit studentischen Vertreter_innen besetzt ist. Dazu kommt der Vorsitzende, ebenfalls studentisch, das muss aber nicht so sein, meine ich. Das betrifft die Hälfte der Studiengebühren. Die andere Hälfte wird in den Fakultäten vergeben.

    Auch andere Dinge sind studiengebührenfinanziert: ohne es jetzt noch einmal gegen-gecheckt zu haben sind das m.W. das Campusradio „GöHört“ und das Blogprojekt „Litlog“. Beim Filmprojekt cut.tv war das glaube ich aber nicht der Fall. Das alles aber ohne Gewähr.

    Jedenfalls wird diese Zuwendung sicher in regelmäßigen Abständen neu verhandelt werden müssen. Höhe habe ich gerade nicht im Kopf. Schätzungsweise gute 10-15 k€ p.a.

  4. zigenhorn sagt:

    Als Vorsitzender der zKLS-plus will ich da gerne ein wenig für Aufklärung sorgen:

    Die Kommission besteht aus 18 stimmberechtigten Mitgliedern: 7 Profs, 2 wiss. MA und 9 Studierende. Gemäß Senatswahlergebnis werden derzeit 5 der studentischen Vertreter von der rot-grünen Senatsliste benannt und 4 von der ADF. Näheres zur Gebührenverwendung unter .

    Zur konkreten Maßnahme der Finanzierung der Campuszeitung: für das vergangene Wintersemester hat die zKLS-plus erstmalig einen Betrag von bis zu 7.500 Euro zur Verfügung gestellt. Für das aktuelle Sommersemester gab es bisher keinen Antrag und dementsprechend auch kein Geld.

  5. retmarut sagt:

    Wenn der Zigenhorn als Vorsitzender der Kommission fungiert, wundert es nicht, dass der Augusta finanziell unter die Arme gegriffen wird und dass das Blatt eine solche politische Ausrichtung einnimmt.
    Der ADF- und JU-Funktionär Christian Zigenhorn ist für diejenigen, die sich schon etwas länger mit der hiesigen Hochschulpolitik beschäftigen, kein gänzlich unbekannter:
    http://blackbookadf.wordpress.com/2011/01/19/die-geschichte-des-herrn-z/

    Mehr Hintergründe zum ADF-Filz findet mensch u.a. in der „rotation“109 (Okt. 2010):
    http://www.linke-kraft.de/fileadmin/linkekraft/rotationen/rot109.pdf

  6. Rakete sagt:

    Na jetzt lasst aber mal die Kirche im Dorf. Ist ja nicht so, dass alle zKLS-plus-geförderten Projekte politisch auf ADF-Linie wären. Auch angesichts der genannten Mehrheitsverhältnisse in der Kommission wäre das ja auch irgendwie seltsam.

  7. Harvey sagt:

    Es ist darüberhinaus so, dass eine „offensichtliche“ politische Linie die Finanzierung sicher eher gefährden würde. Da ist dann sicher schon Kommentar No 1 den Strukturen schon viel eher auf der Schliche.

  8. Mach kaputt... sagt:

    Politische Meinungsäußerung ist natürlich in einer unabhängigen Zeitung natürlich eine schwierige Kiste. Es sei denn, der Artikel ist als Kommentar gekennzeichnet. Dann erübrigt sich jede weitere Aufregung. Ist dies hingegen nicht der Fall, so liegt hier in der Tat ein handwerkliches Problem vor, das auch die Chefredaktion betrifft.

    Ansonsten kann ich nur sagen, dass die Augusta stets um Neutralität bemüht war. Siehe den Bildungsstreik und die damit verbundene Besetzung des VGs.

    Und wer mit den Inhalten der Zeitung nicht zufrieden ist, dem ist freigestellt, sich selbst daran zu beteiligen. Das händeringend Schreiberlinge gesucht werden, wurde hier ja bereits festgestellt.

  9. retmarut sagt:

    @ Rakete: „Ist ja nicht so, dass alle zKLS-plus-geförderten Projekte politisch auf ADF-Linie wären.“ – Hat hier auch niemand behauptet.
    Das aktuelle Beispiel Augusta zeigt lediglich, dass der ADF-Filz weiterhin an den Fleischtöpfen sitzt.

    „angesichts der genannten Mehrheitsverhältnisse in der Kommission“: Offenbar sind die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission ja derart, dass ein Christian Zigenhorn trotz seiner uni-bekannten Skandalserie (Präparieren von Stimmzetteln, als damaliger AStA-Admin lesen privater E-Mails Dritter, allerlei Ungewöhnliches im Lernzentrum-Gate) Vorsitzender werden kann.

    Aber die Debatte um Zigenhorn ist ja nur ein Nebenaspekt der eigentlichen Diskussion. Hauptaspekt ist doch, dass die Augusta (derzeit) von der rechten Opposition gezielt eingesetzt wird, um gegen den AStA Stimmung zu machen. Da wird im Blatt auch vor Verfälschungen und offenkundigen Lügen nicht halt gemacht. (Die Juso-HSG hat das ja akribisch aufgelistet in ihrem Text.)

  10. redfag sagt:

    Dass die Augusta aus Studiengebühren bezahlt wird geht auch nicht auf die ADF zurück. Die wurde früher vom AStA finanziert. Der linke AStA letztes Jahr war es selbst, der darauf gedrängt hat, die Augusta in Zukunft aus Studiengebühren zu finanzieren. Mit der Begründung, dass die Augusta so weniger abhängig vom Einfluss zukünftiger ASten wäre.

    In dieser PM vom AStA wird das implizit gesagt: „“

    Das BB hat in seiner Wahlzeitung diese Jahr im Artikel „Umstrukturierung der Campuszeitung Augusta“ die ADF explizit dafür kritisiert, dass sie sich in der zKLS+ quer gestellt hat:

    „Dieses Jahr wurden zusätzlich Mittel aus Studiengebühren bereit gestellt, um das Projekt zu finanzieren. Eigentlich erscheint es logisch, dass Gelder der Studierenden auch für solche studentischen Projekte genutzt werden. Doch der ADF schien das nicht einzuleuchten. In der Vergabekommission für Studiengebühren stellten sich die ADF-Vertreter*innen quer. Verwunderlich, wenn man bedenkt, dass es um ihr eigens gestartetes Projekt geht. “

    Das alles heißt natürlich nicht, dass die ADF nicht eventuell trotzdem versuchen wird, die Augusta für sich zu nutzen. Allerdings ist die beste Methode dafür immer noch, einfach daran mitzuschreiben, wie es eben der Florian Sanden gemacht hat. Das dürfte auch wesentlich schlauer sein, als zu versuchen, die Augusta mit Geld unter Druck zu setzen – die Ideologie von der eigenen Ideologiefreiheit ist für die Identität der Augusta und der meisten Mitschreibenden doch ziemlich wesentlich. Ich denke, wer versuchen würde, sie direkt unter Druck zu setzen, würde sich eher Trotz-Artikel einhandeln, der das offenlegt und damit versucht noch einmal herauszustreichen, dass die Augusta in ihrer „Neutralität“ standhaft bleibt.

    Mal sehen wie die Augusta jetzt auf die Kritik reagiert. Denn gerade darin macht sie sich ja doch gerade sehr unglaubwürdig. Ich glaube die nächste Augusta wird die erste Ausgabe, auf die ich in irgendeiner Weise mal gespannt bin …

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