Bauplatz LuST
Neues aus der Gruft
von ottter am 20. Juli 2011 veröffentlicht in Titelstory, UnipolitikAuf dem Bauplatz des Lern- und Studienzentrums am Göttinger Zentralcampus herrscht dieser Tage reger Betrieb. Ein archäologisches Team sondiert den dort wiederentdeckten Friedhof (wir hatten berichtet), damit die Bauarbeiten am Gebäude möglichst bald beginnen können. MoG hat sich vor Ort mal umgehört, was da so alles zurück ans Tageslicht kommt.
Der Friedhof war zwar nicht unbekannt, aber vergessen. So drückt es die Göttinger Stadtarchäologin Betty Arndt aus. Erst bei Vorarbeiten für das Lern- und Studienzentrum kam er zurück in die Erinnerung, weil Knochen auftauchten. Jetzt sind fünf Mitarbeiter_innen der Firma Arcontor dabei, rund 50 Erdgräber und drei Grüfte archäologisch auszuwerten. „Das ist ein Eldorado für uns“, freut sich Grabungsleiter Jürgen Brandt. „Die Schädel sind fast wie neu, wie frisch bestattet“. Tatsächlich muss man auf dem Gelände der Grabung aufpassen, wo man hin tritt; vielerorts ragen Knochen aus dem Boden.
Eigentlich zunächst nicht geplante Grabungsstelle, wo einmal das Lernzentrum entstehen soll.
Dabei liegt die letzte Bestattung auf dem katholischen Friedhof bereits über 100 Jahre zurück. Doch im kalkhaltigen Göttinger Boden erhalten sich Knochen sehr gut, erklärt der Archäologe Andreas Ströbl. Er ist spezialisiert auf neuzeitliche Gruftbestattungen. „So etwas konnten sich nur vornehme Menschen leisten“, sagt Ströbl. Für Katholiken seien Gruften allerdings sehr ungewöhnlich. In der Region seien bislang noch keine bekannt gewesen.
Grabbeigaben hat das Team auch schon gefunden, Schmuck und Rosenkranzketten. Vermutlich habe es auch prunkvolle Aufbauten auf den Grüften gegeben, so Ströbl. Diese seien aber wohl spätestens mit der Einebnung des Friedhofs Anfang der 1960er Jahre durch die Universität verschwunden. Die katholische Gemeinde hatte das Gelände zuvor an die Universität verkauft. Der Friedhof war ursprünglich deutlich größer und erstreckte sich unter anderem bis unter die heutige Zentralmensa. Ausgegraben wird jetzt aber nur der Bauplatz. „Den Rest lassen wir lieber in Ruhe“, meint Arndt.
Die Funde könnten neue Erkenntnisse über die Göttinger Stadtgeschichte liefern, insbesondere über die Entwicklung der katholischen Gemeinde. Mit der Gründung der Universität 1734 kamen die ersten Katholiken zurück ins protestantische Göttingen, erläutert Arndt. „Mit großer Mühe“ hätten sie nach einigen Jahren erwirkt, eine Gemeinde gründen zu dürfen. Der Friedhof kam dann erst deutlich später dazu, die erste Beisetzung ist für 1851 überliefert. Die letzte wird auf 1910 datiert.
Das archäologische Team soll jetzt möglichst schnell aufgestockt werden, denn bis Ende August sollen die umfangreichen Arbeiten abgeschlossen sein. Dann will die Uni schließlich mit dem Bau des LuST beginnen. Übrigens steht laut Volker Rammenzweig, Projektleiter beim Gebäudemanagement der Uni, noch nicht fest, wie die Grabung finanziert wird. Sicher sei nur, dass der Bau durch die archäologischen Untersuchungen teurer wird.
„…vielerorts ragen Knochen aus dem Boden.“
Könnt ihr mal ein paar Fotos von den Knochen hier hochladen? 🙂
Oh! Die Einweihung des LuSt wird wohl zum Wintersemester nichts. Teufel auch…