GEW-Hochschulgruppe

Schluss mit dem Schulterklopfen
von am 22. März 2011 veröffentlicht in Soziale Bewegungen

Seit kurzem gibt es an der Universität Göttingen wieder eine Hochschulgruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in der sich Studierende, Universitätsangestellte und Promovierende organisieren. Wir haben mit zwei der InitiatorInnen über die Neugründung, das Vorgehen und die Ziele gesprochen. Judith Bilstein promoviert in Skandinavistik, Bernard Göbel studiert auf Lehramt.

MOG: Seit Jahren hat es in Göttingen keine Hochschulgruppe der GEW mehr gegeben. Warum habt ihr gerade jetzt die Neugründung vorangetrieben?

Bilstein: Das lag so ein bisschen in der Luft. Das Templiner Manifest hat ganz viel angestoßen, weil sich viele damit identifizieren. In Göttingen hatten mehrere Personen unabhängig von einander die Idee, eine GEW-Gruppe an der Uni zu gründen, bzw. Veranstaltungen zum Templiner Manifest zu machen. So haben wir dann zusammen gefunden.

Göbel: Ich habe mich vorher vor allem landesweit und bundesweit in der GEW engagiert und dachte mir, es wird jetzt Zeit, auch in Göttingen vor Ort etwas zu machen.

MOG: Die Uni bringt man klassischerweise nicht unbedingt mit Gewerkschaftsarbeit in Verbindung. An den Hochschulen sind dann auch vergleichsweise wenig Menschen gewerkschaftlich organisiert, und auch das Templiner Maifest haben erst etwas mehr als 6000 Personen unterzeichnet. Gibt es an den Unis Vorbehalte gegenüber Gewerkschaften?

Bilstein: Vorbehalte würde ich nicht sagen. Es gibt bisher an der Uni aber kaum das Bewusstsein, sich als ArbeitnehmerIn zu verstehen. Das ist jedoch die Voraussetzung für gewerkschaftliches Engagement. Viele sagen immer noch, dass sie glücklich sind, überhaupt in der Uni zu sein. Wichtig ist aber, sich nicht nur auf die Schulter zu klopfen, weil man es geschafft hat, sondern auch zu fragen, was sind meine Rahmenbedingungen und gibt es vielleicht etwas, das sich ändern könnte. Bei den Angestellten und den Promovierenden wächst dieses Bewusstsein.

Göbel: Bei der GEW denken viele vor allem an LehrerInnen. Die GEW ist als Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft aber gerade bemüht, an den Universitäten stärker zu werden. Dort ist die GEW auch nicht auf Promovierende und den Mittelbau beschränkt, sondern richtet sich an alle, von den Studierenden bis zu den ProfessorInnen.

MOG: Wisst Ihr schon, wie Ihr konkret vorgehen wollt, um die Position der GEW an der Universität Göttingen zu verbessern?

Bilstein: Auf das Templiner Manifest gibt es eine sehr gute Resonanz an der Uni Göttingen. Ich glaube, es ist ein Konsens da, dass man vor Ort etwas ändern möchte. Der erste Schritt ist gemacht, indem Leute zusammenkommen und darüber reden, was passieren soll. Wie es jetzt konkret weiter geht, wird sich noch zeigen.

Göbel: Erstmal ist es sehr wichtig, die GEW und ihre Ziele an der Uni bekannt zu machen. Nicht nur bei den Angestellten und dem Mittelbau, sondern auch unter den Studierenden. Denn die GEW setzt sich auch für die Belange der Studierenden ein. Beispielsweise bezogen auf die Probleme im Bachelor/Master-System: Alle Bachelor-AbsolventInnen müssen auch einen Masterplatz bekommen. Wir thematisieren auch die Zeit nach dem Abschluss – Stichwort „Generation Praktikum“. Die Studiengebühren wollen wir ebenfalls wieder abgeschafft sehen.

MOG: Die Strukturen an der Uni Göttingen werden vor allem durch Bundes- und Landesgesetze bestimmt. Kann eine Gewerkschaft auf lokaler Ebene überhaupt etwas verändern?

Bilstein: Es ist ganz wichtig, dass für die Einzelne / den Einzelnen etwas passiert und dass es eine Anlaufstelle gibt. Die Strukturen vor Ort müssen bekannt gemacht werden, damit die Leute sich über ihre Situationen austauschen. Die Gruppen vor Ort sind dann die erste Zelle für das große Ganze.

Göbel: Die Arbeit vor Ort ist sehr wichtig, dann dadurch können die Forderungen auf Landes- und Bundesebene besser vertreten werden. Dafür braucht man aber viele UnterstützerInnen. Wenn die Leute vor Ort erstmal anfangen, sich zu organisieren, dann kann man auch schnell kleinere Änderungen herbeiführen.

MOG: Habt ihr schon konkrete Vorschläge, was in Göttingen verändert werden soll?

Bilstein: Das hängt davon ab, wer sich in der GEW organisieren will. Bei dem ersten Treffen kürzlich waren viele verschiedene Gruppen vertreten: Studierende, Lehrbeauftragte und Promovierende aus verschiedenen Fächern der Geistes-, Sozial- Naturwissenschaften. Ich fände es schön, wenn es einen Konsens der verschiedenen Forderungen geben könnte. Wie genau der Aussehen wird, kann man jetzt aber noch nicht sagen.

Göbel: Die Promotion wird derzeit dazu genutzt, die Promovierenden für volle Arbeit halb zu bezahlen – wenn überhaupt. Daran muss sich auf jeden Fall etwas ändern.

MOG: An der Uni Göttingen haben sich 2011 bereits ein paar grundlegende Dinge verändert: Ulrike Beisiegel ist neue Präsidentin und ihre Aussagen machen durchaus Hoffnungen auf Verbesserungen. Außerdem gibt es wieder einen linken AStA. Plant ihr, beides auch für eure Gewerkschaftsarbeit zu nutzen?

„Gerade ist ein guter Zeitpunkt, um in Göttingen Dinge zu ändern

Bilstein: Ich hoffe sehr, dass wir uns breit vernetzen können. Vielleicht auch mit Stellen, die wir bisher eher als weit weg empfunden haben. Es gibt jetzt wieder die Möglichkeit zum Dialog, und die wollen wir auch nutzen. Die persönliche Referentin von Frau Beisiegel war bei der Veranstaltung zum Templiner Manifest, das ist schon mal ein gutes Zeichen. Wir hoffen auch, dass Leute kommen, die sich für unsere Arbeit interessieren, sich aber bisher an anderen Orten engagieren. Gerade ist ein guter Zeitpunkt, um in Göttingen Dinge zu ändern. Die Chance wollen wir nutzen.

Göbel: Wir wollen uns bekannt machen und mit anderen vernetzen, um längerfristig die GEW als Förderer der demokratischen und sozialen Hochschule hier in Göttingen zu verankern.

Kontakt zur GEW-Hochschulgruppe: gew.hochschulgruppe.goettingen@gmail.com

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2 Kommentare auf "Schluss mit dem Schulterklopfen"

  1. pro union sagt:

    Klasse, dass sich an der Uni Tätige gewerkschaftlich organisieren wollen!

    Bedauerlich, dass sie dies anscheinend in Unkenntnis der schon bestehenden gewerkschaftlichen Strukturen tun.

    Die mit Abstand stärkste gewerkschaftliche Kraft an der Uni Göttingen ist ver.di.

    Und bei aller generellen Schwäche -es gibt Aktive, die z.B. im letzten Jahr mit einer Mittelbau-Initiative eine Online-Umfrage und mehrere gut besuchte Treffen organisiert haben. Vielleicht wäre zumindest eine Kontaktaufnahme sinnvoll?

  2. death_souls sagt:

    Die stärkste gewerkschaftliche Kraft an der Uni Gö sollte die FAU sein.

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