Militärintervention in Libyen

„Gaddafi muss weg, aber nicht so!“
von am 18. März 2011 veröffentlicht in Soziale Bewegungen

Nachdem der UN-Sicherheitsrat eine militärische Intervention zur Durchsetzung einer Flugverbotszone in Libyen gebilligt und Frankreich bereits zeitnahe Luftschläge gegen das Gaddafi-Regime angeküdigt hat, rufen Kriegsgegner_innen am „Tag X“ zu einer Demonstration in Göttingen auf.

„Keine westliche Macht“ hätte etwas in Libyen zu suchen, solange die Aufständigen nicht explizit um eine militärische Intervention gebeten hätten, heißt es im Aufruf. „Diese Demo soll nicht für das Gaddafi-Regime und seine menschenverachtende Politik und Angriffe auf die Menschen sein, sondern gegen die wahren Gründe einer Intervention“, so die Kriegsgegner_innen weiter. Diese Gründe seien „die Sicherung der Rohstoffe durch westliche Staaten“ und „die Flüchtlingsabwehr der von Medien und Politik propagierten „Flüchtlingsströme“ durch FRONTEX.“

Beginn der Demonstration ist am Tag der militärischen Intervention um 18 Uhr am Gänseliesel, es wird um „Verzicht jeglicher Nationalflaggen“ gebeten.

Auch die Göttinger Europaabgeordnete der Linkspartei, Sabine Lösing, zeigte sich „schockiert“ über die Entscheidung des Sicherheitsrates. Sie lehne diese Entscheidung und das damit verbundene Mandat vehement ab. „Ich befürchte, dass es nur dazu benutzt wird einen Krieg mit Libyen zu beginnen“, so Lösing.

Die Europaparlamentsabgeordnete warnt vor einem „kriegerischen Flächenbrand“ in der Region. „Eine militärische Durchsetzung der Flugverbotszone würde bedeuten, dass die libysche Flugabwehr bombardiert wird, diese befindet sich aber insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, unweigerlich hätte eine militärische Intervention eine Verschlechterung der humanitären Lage und des Leids der libyschen Bevölkerung zur Folge“, so Lösing.

Der libysche Außenminister Mussa Kussa hat unterdessen unter dem Eindruck der drohenden Intervention einen sofortigen Waffenstillstand sowie die Einstellung aller Kampfhandlungen angekündigt.

Artikel teilen


Themen

, ,

23 Kommentare auf "„Gaddafi muss weg, aber nicht so!“"

  1. Typ sagt:

    Die ganze Sache ist sicher schwer zu bewerten aber der erste Treffer bei einer google-Suche ergibt das hier: http://www.badische-zeitung.de/ausland-1/libyens-aufstaendische-bitten-um-schuetzenhilfe–42133724.html

    Ohne Zweifel wird es USA, GB, Frankreich & Co nicht primär um die Menschenrechte gehen aber wie sollte man den Revolutionären sonst noch helfen? Die werden systematisch vom geliebten Revolutionsführer abgeschlachtet.

  2. SolidaritätTutNot sagt:

    Heute, Freitag den 18. März, gibts um 18.00 am Gänseliesel eine KUNDGEBUNG zur Militärintervention in Libyen, die vom Friedensbüro organisiert ist.
    Ich setze auf differenzierte Beiträge, die dort (hoffentlich) zu hören sein werden. Eventuell auch eine solidarische Diskussion in öffentlichen Raum.
    Themen dürften sein: Nein zur Militärintervention!, Was ist mit der Flugverbotszone?, Rüstungsexporte und gute Geschäfte mit den nordafrikanischen Regimes …
    Für eine solidarische Auseinandersetzung!

  3. Rakete sagt:

    „13.46 Uhr: Libyen kündigt Waffenstillstand an
    Der libysche Außenminister Mussa Kussa hat einen sofortigen Waffenstillstand sowie die Einstellung aller Kampfhandlungen angekündigt. Wenige Stunden zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat in New York einer Flugverbotszone über Libyen zugestimmt. Mussa verurteilte diese Maßnahme bei seiner im Fernsehen übertragenen Erklärung in Tripolis. Libyen sei darüber „sehr traurig“. „Die Republik Libyen unternimmt alles, um die Zivilbevölkerung zu schützen und ihr die benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen“, führte er weiter aus. Libyen sei bereit zum Dialog, sagte der Minister, ohne Details zu nennen. Noch kurz vor der Erklärung Kussas hatten libysche Truppen einen neuen Angriff gegen die von Rebellen gehaltene Stadt Misrata gestartet.“
    Quelle: http://www.taz.de/1/politik/afrika/artikel/1/frankreich-bereit-zum-angriff/

  4. Dubdub_dudududub sagt:

    Die libyische Opposition hat Anfang März (7. oder 8.) explizit um die Einrichtung einer No-Fly-Zone gebeten. Gleichzeitig wurde gebeten, von einer Invasion mit Bodentruppen abzusehen.
    Die jetzige Resolution ist mit den Forderungen der Opposition absolut deckungsgleich. , Sie erlaubt aber die Einrichtung der NFZ und weiterer Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (was vorallem das stoppen vorrückender Truppen aus der Luft meint). Eine bodengestützte Intervention, die wohl die notwendige Bedingung für irgendeine Rohstoffsicherung ist, ist ausgeschlossen.

    Die jetzige Resolution der UN ging direkt von Libyen aus. Da die libyische Opposition nicht selber als Regierung anerkannt ist, lief das Ganze über die arabische Liga, von wo aus der Libanon wiederrum den Vorschlag bei den vereinten Nationen einbrachte. Der einzige westliche Anteil an der Resolution war die konkrete Ausarbeitung des Ganzen durch Frankreich. So viel zu den bösen westlichen Mächten, die irgendwas in Libyen abgreifen wollen.

    Wobei man da auch fragen sollte, was es da zu holen gibt, was der Westen nicht auch unter Gaddafi schon hatte. Unter Gaddafi flossen 70% des libyischen Öls nach Europa und für europäische Grenzschützer war der Irre ein zuverlässiger Partner.

    Also kurz und knapp: Die Intervention ist (in der Logik der Kriegsgegner_Innen) durchaus legitim. Die „wahren Gründe“ hingegen sind totaler Blödsinn.

    PS: Ich will damit nicht behaupten, dass unsere Regierungen diese Intervention aus reinem Gutmenschentum beginnen. Ein demokratischer, pro-westlicher naher Osten liegt durchaus im strategischen Interesse Europas, denn das ist das Einzige, was langfristig Stabilität in der Region garantiert. Wenn westliche Mächte untätig zuschauen, wie mit (von ihnen gelieferten Waffen) Demokratie-Bewegungen zerbombt werden, dann wird es weder mit der Demokratie noch mit dem „pro-westlich“ was.

  5. Rakete sagt:

    Artikelupdate: Sabine Lösing hat sich zu Wort gemeldet.

  6. retmarut sagt:

    @ 18.März:
    Die „Revolutionäre“, die Du anführst, wollen die libysche Republik aufheben und ein monarchistisches System wiedereinführen. Das ist wohl kaum als „Revolution“ zu verkaufen, sondern schlicht reaktionärer Rollback.

    @ Dubdub_dudududub:
    „Wobei man da auch fragen sollte, was es da zu holen gibt, was der Westen nicht auch unter Gaddafi schon hatte. Unter Gaddafi flossen 70% des libyischen Öls nach Europa und für europäische Grenzschützer war der Irre ein zuverlässiger Partner.“

    Du vergisst zu erwähnen, dass die westlichen Ölunternehmen bisher keinen direkten Zugriff auf die Ölquellen (und damit direkten Zugriff auf den dortigen Profit) haben. Was die imperialistischen Staaten (konkret: Deutschland, GB, Frankreich und USA) und ihre 5.Kolonne aus Bengasi hier erreichen wollen, ist eine Entnationalisierung der Erdölförderung. Sie wollten halt kein größeres Stück vom Kuchen, sondern die ganze Bäckerei. Und eine entsprechende Zerstückelung Libyens mittels militärischer Intervention (wie im Irak geschehen), ist ja längst schon in den Planungen.
    Eine Flugverbotszone heisst konkret: Bombardierung Libyens, Angriffskrieg der entsprechenden Staaten gegen Libyen. Und das heisst auch: Massive Vernichtung libyscher Infrastruktur, Luftterror gegen Zivilbevölkerung und Wohnviertel. Ich finde es schon sehr bezeichnend, wenn Linke derart auf den Hund gekommen sind, dass sie wieder mal ihrem heimischen Imperialismus Beifall klatschen bei Angriffskriegen.

    Aber es geht ja bei all dem angeblich gegen einen „Irren“. Ob Gaddafi „irre“ ist, mag ja Deine subjektive Einschätzung sein, das propagandistische Muster ist jedenfalls sattsam bekannt: Der Gegner ist immer „ein Irrer“, „Massenmörder“, „Terrorist“ oder „der neue Hitler“. Drunter macht es die deutsche Kriegspropaganda nicht. Mal heisst er Milosovic, mal Saddam Hussein, dann sind es „die Taliban“ – das Propagandamuster bleibt stets das gleiche. Denn wer gegen vermeintliche „Irre“, „Massenschlächter“ etc. vorgeht, scheint in der BRD wohl per se auf der moralisch guten Seite zu stehen.

    Aber der Konflikt hier hat nichts mit Moral zu tun, sondern mit handfesten politisch-ökonomischen Interessen in der Region. Ein reaktionärer Rollback in Libyen und damit die Aufhebung historischer sozialer Errungenschaften wäre auch ein direkter Schlag gegen die revolutionäre Bewegung in Tunesien, Ägypten, Algerien, Jemen etc. Ziel ist es dabei doch, die revolutionäre Welle im arabischen Raum abzuwürgen und genehme Systeme (wieder)einzurichten.

    Wer für einen Angriffskrieg gegen Libyen das Wort redet, handelt also objektiv im Interesse unserer herrschenden Klasse.

    Wie gesagt: Niemand muss Gaddafi gern haben. Aber es ist und bleibt die verdammte Pflicht einer Linken in Deutschland, gegen imperialistische Kriege aufzustehen und dem (menschenrechtelnden) Militarismus entgegenzutreten. Alles andere ist schlicht Handlangertum für die Interessen der deutschen Bourgeoisie.

  7. Dubdub_dudududub sagt:

    Ich schaffs leider nicht zur Kundgebung, ansonsten würde ich da so einen Schwachsinn sicherlich thematisieren. Deutsche Antiimperialisten verbrüdern sich ja scheinbar doch im Zweifelsfall mit allen, die in ihr Weltbild passen – Massenmörder und verrückte Diktatoren inklusive.

    Deine Kenntnisse von Libyen scheinen jedenfalls gegen Null zu tendieren. Gaddafi ist seit seiner Rehabilitierung 2004 der beste Freund Europas. Grenzsicherung und Öllieferung – im Gegenzug Milliarden aus Europa und nen bissl Show mit italienischen Konkubinen.
    Die Ölförderung in Libyen ist nicht nationalisiert. Die Gewinne gehen in die Kassen des Gaddafi-Clans und seiner Verbündeten – ein loyaler, bürokratischer Apparat profitiert, der Rest wird unterdrückt – Realsozialismus vom Feinsten.

    „Kein Blut für Öl“ ist im Moment echt ne saudämliche Parole. Wie kommst du auf den Trichter, dass die Demokratiebewegung die Öl-Vorkommen privatisiern will, hast du dass in deiner antiimperialistischen Kristallkugel gesehen, oder gibts dazu auch nur EINE Stellungnahme?

    Am Ende strotzt dieser Beitrag echt nur vor Widersprüchen. Wie zur Hölle soll die Intervention die arabische Demokratiebewegung abwürgen? Das Gegenteil ist der Fall.

    Und wer der Irre ist, dass frage ich am liebsten libyische Blogger – die haben irgendwie mehr Plan als deutsche Antiimperialisten aus dem akademischen Elfenbeinturm.

    Die historischen sozialen Errungenschaften scheinen nichts wert gewesen zu sein, in dem Moment wo sich die Bevölkerung gegen Gaddafi aufgelehnt hat – so historisch positiv kann die Lage ja nicht gewesen sein. Oder steckt auch die CIA dahinter?

    Aber naja. Deutsche Antiimps im Bett mit arabischen Diktatoren – hochgerüstet von europäischen Waffenkonzernen und unterstützt von aus Ölmilliarden finanzierten Söldern. Die Querfront der Gestrigen…

  8. nichtschwarzweiss sagt:

    Hi,

    ich sehe die Sache ganz ähnlich nur würde ich anders argumentieren.
    Richtig ist, dass die „Imperalistischen Westlichen Staaten“ eine sehr große Mitschuld an der jetzigen Situation haben und eigentlich die letzten sein sollten, die hier das Maul aufreißen.
    Das Gaddafi ein schlechter Mensch ist, nun ja wer seine Macht mit diktatorischen Mitteln sichert ist für mich nicht viel wert…
    Aber auch der Vorwurf des erzeugten Feindbildes stimmt, es lenkt zudem von den anderen Staaten ab. Die Sache scheint hier einfach „gut gegen böse“ zu sein!

    All das hilft dem Prozess des Wandels aber nicht! Ich kenne die Opposition dort nicht und weiß auch nicht was genau sie für ein neues Ordnungssystem errichten wollen aber für mich zählt die Bewegung, wo sie auch immer enden möge, die da gerade ensteht.

    Und zwei Sachen sind meiner Ansicht nach sicher:
    1. Wenn es keine Schutzzone gibt, wird es bald wieder eine Diktatur unter Gaddafi geben, supported by EU USA etc…
    2. Die Ziele der Einmischung von den westlichen Staaten sind rein wirtschaftlicher und Flüchtlingsabwerender Natur und deswegen mehr als Kritik würdig.
    Doch den Menschen die Veränderung wollen kann im Moment nur das vor dem sicheren Tod bewahren. Entweder sie bekommen schwere Waffen um gegen Panzer und Flugzeuge kämpfen zu können oder sie werden geschützt.
    Meiner Ansicht nach ist es das Wert, bei aller Kritik, denn vielleicht entwickelt sich daraus auch etwas neues starkes vielleicht auch dem Westen kritisches Etwas.

    Was mich hier aber am allermeisten stört, ist das dies die einzige große mit viel Werbung und tam tam angekündigte Aktion ist. Wo war der Support vorher, für die Menschen?
    Und ja, leider ist mein Mund auch größer als meine Taten, leider! Doch glaube ich, dass die Aktion wie sie hier angepriesen wird trotz aller berechtigten Kritik Punkte, den Menschen und dem Prozess der Veränderung rein gar nichts bringt.

  9. Rakete sagt:

    Wie würdet ihr denn aus antiimperialistischer Perspektive erklären, dass Deutschland nicht mitmachen will? Kein Bock auf Öl?

  10. Die Mitte erobern! sagt:

    @ Rakete: Ich erkläre mir Westerwelles Erklärung damit, dass
    – Deutschland nicht zwingend gebraucht wird (is den Bündnispartnern nich sooo wichtig)
    – Militäreinsätze teuer sind
    – Vielleicht gar nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stehen (schlechte Ausrüstung, kaum SoldatInnen)

    Und vor allem:

    Die Bundesregierung hat Schiss, abgewählt zu werden und fürchtet ein weiteres „Problem“ bzw. eine (spätestens irgendwannmal) unpopuläre und zudem nervige Angelegenheit am Hacken, von denen sie bei Atom, Weglaufministern, Afghanistan, schlechten Wahlprognosen, Unfähigkeit schon genug hat.

  11. retmarut sagt:

    Hier mal eine aktuelle Presseerklärung der Freidenker, die es meiner Meinung nach inhaltlich noch einmal auf den wesentlichen Punkt bringt:

    *Deutscher Freidenker-Verband
    Hände weg von Libyen!*

    Unter der Führung der USA, Großbritanniens und Frankreichs soll in Kürze ein Angriffskrieg gegen Libyen beginnen. Der UNO-Beschluss über eine Flugverbotszone wird zur Legitimation herangezogen. Das Ziel liegt auf der Hand: Es geht um geopolitische Machtfragen sowie den Zugriff auf die Erdöl- und Erdgasvorkommen des Landes. Die nationalisierte Ölproduktion soll wieder unter die Kontrolle der Ölmultis kommen.

    *Der Propaganda der Aggressoren widerstehen! *

    Die Propagandamaschine läuft auf Hochtouren, um schnell ein paar „ehrenhafte“ Kriegsgründe vorzuschieben – Libyens Revolutionsführer Muammar al-Ghaddafi ist – auch in den deutschen Massenmedien – vom Diktator zum „irren Schlächter“ und „Völkermörder“ befördert worden. Die von den Kriegstreibern ausgerüstete monarchistische Rebellenarmee wird als „Demokratiebewegung“ geadelt. Ein wohlbekanntes Muster, nach welchem schon Hitlers Annexion des „Sudetenlandes“ oder der NATO-Angriff gegen Jugoslawien entfesselt wurden. Die französischen, britischen und US-Imperialisten haben das Entstehen der echten Demokratiebewegung in der arabischen Welt, die sich gegen westliche Lakaien richtet, ausgenutzt, um den Bürgerkrieg in Libyen zu entfachen, der sich nur scheinbar in die Vorgänge in den Nachbarländern einreiht.

    Doch bei näherem Hinsehen ist die Situation in diesem Land mit der geringsten Armut auf dem ganzen afrikanischen Kontinent eine andere. Die Rebellen kommen nicht von der Straße, sondern sie sind gezielt aufgebaut, bewaffnet und vom CIA trainiert worden, um die Zentralregierung zu destabilisieren. Anders als in Tunesien, Ägypten, Bahrain oder im Jemen schwenken sie nicht die Staatsflagge, welche die nationale Befreiung vom kolonialistischen Joch symbolisiert, sondern die alte Flagge des Königreichs Libyen, die Flagge der kolonialen Sklaverei. Für die behaupteten Luftangriffe der libyschen Streitkräfte auf „Demonstranten“ fehlt hingegen jede Spur eines Beweises. Während der Westen angesichts unbewaffneter Demonstranten in Tunesien und Ägypten ‚beide Seiten‘ zum ‚Gewaltverzicht‘ aufrief, wird dies angesichts schwerbewaffneter Rebellen in Libyen nur von der Regierung verlangt. Gegen die saudische Militärintervention gegen die gewaltfreien Demonstranten in Bahrein gibt es nur laue Ermahnungen.

    *Nein zur verbrecherischen Aggression! *

    Der UN-Sicherheitsrat hat die UNO-Mitgliedsstaaten ermächtigt „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, … um Zivilisten und von Zivilisten bewohnte Gebiete zu schützen“. Die Hauptkriegstreiber USA, Großbritannien und Frankreich legen dies als Generalermächtigung für Luftangriffe auf Libyen aus, für deren Koordinierung sie die NATO in Bewegung setzen. Eine „Humanitäre Intervention“ ist erfahrungsgemäß die Tarnung für einen imperialistischen Raubkrieg. Die NATO-Angriffe, vorgeblich zum Schutz von Zivilisten, werden erfahrungsgemäß zuerst zivile Opfer fordern. Nach der aus Jugoslawien, Irak und Afghanistan bekannten Strategie werden die Angriffe auf eine maximale Zerstörung der zivilen Infrastruktur abzielen. Bleibende Armut und Unterentwicklung werden die Folge für das libysche Volk sein. Gelingt es der Rebellenarmee, unterstützt von NATO-Bomben, die Kontrolle im Land zu übernehmen, steht dem Volk eine grausame Terrorherrschaft bevor, die alle tatsächlichen und vermeintlichen Gewalttaten der bisherigen Regierung in den Schatten stellen würde.

    *Solidarität mit dem libyschen Volk heißt Solidarität mit der rechtmäßigen libyschen Regierung! *

    Ob die Regierung Muammar al-Ghaddafis zum Wohl des libyschen Volkes handelt, kann das Volk nur in freier Selbstbestimmung entscheiden. Eine vom Ausland unterstützte Rebellenarmee kann niemals die Interessen des libyschen Volkes vertreten, schon gar nicht, wenn sie unter der Deckung von NATO-Bombenangriffen kämpft. In der Stunde des drohenden barbarischen Angriffs auf die libysche Souveränität darf es keine ideologische Verwirrung, keine Konzessionen an die Kriegspropaganda, kein unentschlossenes „Ja, aber…“ auf Seiten der Friedensbewegung geben. Ihre Unterstützung muss ausnahmslos allen zuteilwerden, die den Angriff der Imperialisten und ihrer fünften Kolonne abwehren, mit der rechtmäßigen libyschen Regierung an der Spitze. Für das „Feindbild Ghaddafi“ ist nur Platz im Propaganda-Arsenal der Aggressoren. Man kann nur ganz oder gar nicht gegen diesen Krieg sein!

    *Lang lebe die Libysch-Arabische Dschamahirija! Stoppt die NATO-Aggressoren! *

  12. retmarut sagt:

    @ Rakete:

    „Wie würdet ihr denn aus antiimperialistischer Perspektive erklären, dass Deutschland nicht mitmachen will? Kein Bock auf Öl?“

    Ja, wenden wir uns doch mal den beiden anderen noch verbliebenen imperialistischen Staaten Europas zu, Italien und Deutschland.

    1. Italien hat sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zur libyschen Republik unterhalten. Ein großer Teil des Ölimport Italiens stammt aus Libyen. Italien hat also bei einem solchen Angriffskrieg nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren.

    2. Die Initiative zum Militärschlag ging seit Tagen von Frankreich aus, das ja auch den „Nationalrat“ alleinig als libysche „Regierung“ diplomatisch anerkennt und der eigentlichen libyschen Regierung diesen Status abspricht. (Btw: Interessante Gepflogenheit, nach eigenem Gutdünken vom Ausland aus Regierungen fremder Staaten formal zu ersetzen.)
    Hier kommen tatsächlich zwischenimperialistische Konflikte ins Spiel, die vermutlich ausschlaggebend für die deutsche Entscheidung waren: Deutschland hat mit seiner Enthaltung offenbar ein kleines Muskelspielchen gegen den französischen Nachbarn geprobt, der hier derart forsch vorangestürmt war.

    Dennoch steht Deutschland voll hinter dem Militäreinsatz. Es gab eben kein Nein (was auch niemand ernstlich annehmen würde), sondern lediglich eine Enthaltung. „Die Enthaltung ist nicht mit Neutralität zu verwechseln“, erklärte Merkel umgehend. Die Bundesrepublik teile (trotz der Stimmenthaltung) sämtliche Ziele der Resolution.

    Es ist doch klar, dass ein Bombardement alleine die libysche Regierung nicht zerschlagen wird. Ebenso klar ist, dass die „Rebellenarmee“, die mittlerweile bis Bengasi zurückgeschlagen wurde, auf sich allein gestellt (also ohne Waffenlieferungen, die in der Resolution nicht enthalten sind, und ohne militärische Unterstützung am Boden, sei es durch Ägyptens Armee oder direkt durch Truppenkontigente der imperialistischen Staaten) nicht gegen die libysche Armee siegen kann. Vermutlich wird nur ein Bodenkrieg der imperialistischen Koalition (und ihrer Verbündeten) zu einem angestrebten Machtwechsel in Libyen führen.

    Vielleicht hält die Bundesregierung einen Bodenkrieg derzeit für wenig wahrscheinlich. Vielleicht will sie sich auch außenpolitisch – anders als Frankreich, das voll auf den monarchistischen „Nationalrat“ setzt – einfach die Option offenhalten, je nach Ausgang der Geschehnisse entweder mit dem „Nationalrat“ oder mit Gaddafi in (wirtschaftliche) Beziehung zu treten.

    Dass sich die Regierung mit dieser Enthaltung jedenfalls auch intern in einem gewissen Spannungsfeld bewegt, belegt, dass diese Entscheidung selbst innerhalb der hiesigen bürgerlichen Klasse nicht einhellig geteilt wird. Quasi als Ausgleich für den militärischen Absentismus in diesem konkreten Fall hat die Bundesregierung vorsorglich ins Spiel gebracht, sie könne alternativ ihr militärisches Engagement in Afghanistan aufstocken.

    Also viel Tamtam und diplomatische Muskelspielchen Deutschlands, aber in der Sache Flugverbotszone sind sich Deutschland, USA, GB und Frankreich durchaus einig.

  13. Dubdub_dudududub sagt:

    So einen Schwachsinn habe ich lange nicht mehr gelesen.

  14. retmarut sagt:

    @ Dubdub_dudududub:
    „So einen Schwachsinn habe ich lange nicht mehr gelesen.“
    Gratulation zu diesem überaus gehaltvollen Kommentarbeitrag von Dir.
    Wo genau fandest Du denn in der Argumentation „Schwachsinn“? Bei Benennung selbigen ließe sich ja darüber kontrovers diskutieren. Pauschale, zudem argumentfreie Kommentare sind einer Diskussion jedenfalls nicht förderlich.

  15. nichtschwarzweiss sagt:

    @ retmarut

    Ich finde die Erklärung so was von Einseitig und Engstirnig! Also sind alle Menschen, die gerade gegen Gaddafi sind automatisch von Westen ausgebildete Werkzeuge, die die Monarchie wieder aufleben lassen wollen?

    Das kann echt nicht euer ernst sein, es ist eine Beleidigung all derer die in den Prozessen gerade ein bisschen Hoffnung sehen.
    Einfach Unfassbar was hier „propagiert“ wird!!!

  16. demi sagt:

    Ich lese viele Kommentare zu dem Thema, tatsächlich aus allen Fraktionen/politischen Richtungen gibt es Befürworter von einer Flugverbotszone und Gegner derselben. Es gibt gute Gründe dafür, aber auch gute Gründe die gegen diese Einführung sprechen.
    Auch ich bin mir unsicher, was „sinnvoller“ ist – und kann mir vorstellen, dass man deswegen zu einer Enthaltung kommen könnte. Nur hat wohl unsere Bundesregierung kaum aus diesen Gründen sich dafür entschieden…

  17. Die Mitte erobern! sagt:

    Ich stimme retmarut voll zu und habe es auch schon immer gewusst: Deutschland, USA, Frankreich, Tagesschau, Reuters, DER SPIEGEL, Al Dschsira, die lybischen Rebellen, der Weihnachtsmann UND Gaddafi – alle auf der Gehaltsliste der CIA!!

    Ich übrigens auch.

  18. A.M.P. sagt:

    Egal, wie jede/r zur ZEIT steht, aber in diesem Beitrag, stellen sie nicht gerade dämliche Fragen bezüglich der Situation und den möglichen Folgen in Lybien. Also wen es interessiert: http://blog.zeit.de/ladurnerulrich/2011/03/21/kopflos-in-den-krieg/

  19. retmarut sagt:

    Lesenwerter Beitrag von Mohamed Hassan, der die heutige Entwicklung in Libyen in ihren geschichtlichen Kontext stellt. Der Text (in Interviewform) ist zwar ein bisschen länger (13 Seiten), aber das sollte vom Lesen nicht abhalten.
    Der Text beleuchtet die Entwicklung vom Kolonialismus über die Monarchie, den Putsch 1969, die verschiedenen Phasen der Politik Gaddafis sowie die heutige Situation. Insb. wird auch deutlich gemacht, wer diese „Rebellen“ im Bürgerkrieg eigentlich sind und wer auf der Gegenseite steht.
    Den Text gibt es hier auf Indymedia als PDF:
    http://media.de.indymedia.org/media/2011/03//303058.pdf

    In der Hoffnung, dass das allgemeine Diskussionsniveau so ein klein wenig gehoben wird.

  20. Rogue sagt:

    Ein Beitrag von mit einer Einschätzung, warum Deutschland sich nicht am Kriegseinsatz in Libyen beteiligt (Auszug):

    : (22.03.2011)

  21. SolidaritätTutNot sagt:

    Veranstaltung: Mittwoch 30.03. Die Revolten in Nordafrika und der europäische Krieg gegen die Flüchtlinge. Veranstaltung mit Harald Glöde, von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (Berlin) um 20:30 Uhr im Theaterkeller (Göttingen).
    Näheres hierzu http://www.aut-goe.de/Revolte/VAHarald.pdf

    Und die nächste Veranstaltung: Donnerstag, 07.April, um 20:00 Uhr im Theaterkeller: Nach den Revolten in Tunesien und Ägypten – drohen jetzt Rückschläge?
    Veranstaltung mit Bernard Schmid (Paris)
    Siehe: http://www.aut-goe.de/Revolte/VABSchmid.pdf

    Ich poste das hier als Kommentar, weil MoG die Veranstaltungen leider nicht in den Terminplan aufgenommen hat.

  22. SolidaritätTutNot sagt:

    Zur Veranstaltung mit Bernard Schmid, Do. 7. April, 20.00 im T-Keller, gibts jetzt einen aktuellen Text zu „Soziale[n] Elemente[n] und Jugendprotest in den nordafrikanischen Revolten“ unter http://www.trend.infopartisan.net/trd0411/t350411.html

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.