Mensa bietet veganes Menü an

Her mit dem schönen Schnitzel!
von am 8. Februar 2011 veröffentlicht in Titelstory, Unipolitik

29 Kilo Fleisch pro Mensagast hat das Studentenwerk im vergangenen Jahr ausgeteilt, jetzt rückt der fleischfreie Genuss stärker in den Mittelpunkt. Die Mensa am Turm führt ab April ein tägliches veganes Menü ein. Geschult werden die MensaköchInnen dieser Tage von Björn Moschinski, und damit wohl von Deutschlands bekanntestem veganen Koch. Am Dienstag gab es eine Kostprobe.

Dienstag Mittag in der Turmmensa: Spaghetti mit veganer Sojabolognese* und veganes Gulasch stehen auf dem Speiseplan. Die Menüs sind Teil einer Kochschulung. Björn Moschinski erklärt den MensaköchInnen zwei Tage lang, worauf es beim veganen Kochen ankommt. „Viele Köche machen sich keine Gedanken über vegane Speisen. Deswegen zeige ich ihnen erstmal die Produkte auf und was man damit machen kann“, sagt der 31-Jährige. Moschinski weist die Mensaprofis auch auf gängige Fehler veganer AnfängerInnen hin. Milchzucker in Fertigprodukten zum Beispiel, oder Mehrfachverwendung von Kochwerkzeugen für konventionelle und vegane Speisen.

Moschinski lebt selbst seit 16 Jahren vegan. Koch ist der gebürtige Mecklenburger erst auf dem dritten Bildungsweg geworden, zuvor machte er Abschlüsse als Elektroniker und Grafikdesigner. Der Grund dafür: Wer in Deutschland eine Ausbildung als Köchin oder Koch machen will, muss derzeit noch zwingend mit Fleisch und tierischen Produkten arbeiten. Wer das nicht will, muss sich andere Wege suchen. So wie Moschinski, der über das Catering in vegane Restaurants kam. Im Mai will er in Berlin Mitte sein eigenes Lokal eröffnen. Auf der Karte soll vor allem „gutbürgerliche Küche“ stehen. Sein Interesse am veganen Kochen entdecke der Wahlberliner schon als Jugendlicher. Seine Mutter habe damals nicht mehr gewusst, was sie dem Neuveganer zubereiten sollte: „Also schau selber, wo du dein Essen herbekommst.“


Björn Moschinski ist Deutschlands berühmtester veganer Koch. Bild: http://veganheadchef.com

Heute ist der 31-Jährige wohl Deutschlands bekanntester veganer Koch, er hat auch schon in der ARD Speisen zubereitet. Bereits im September 2010 hatte Moschinski zwei Tage lang veganes Essen in der Zentralmensa angeboten. Die Resonanz fiel so gut aus, dass sich das Studentenwerk zur Einführung des täglichen veganen Menüs entschloss. Das heißt für all diejenigen, die auf tierische Produkte verzichten wollen – oder aus gesundheitlichen Gründen verzichten müssen: nicht mehr jeden zweiten Tag Pommes mit Salat.

Was es ab April in der Turmmensa stattdessen zu essen geben wird, kann Moschinski noch nicht genau sagen: „Ich habe Köche, die sind sehr kreativ. Die haben sich schon bei dem Kochkurs Gedanken gemacht und kamen dann mit Ideen, wo ich sage: Super!“ Die Menüs werden wohl weitgehend die gleichen bleiben, nur die verwendeten Rohstoffe sollen sich ändern. Moschinski zählt veganes Schnitzel, Gulasch und Frikassee auf, außerdem Wokgemüse.

Alle Studierenden werden den Fleischersatz aber wohl nicht schlucken. Noch vor ein paar Wochen war die Clownstruppe vom Harald-Juhnke-Internat (HJI) mit „Fleisch als Beilage zu Fleischgerichten“ als Hauptforderung im Uniwahlkampf angetreten. Auch der Ring-Christlich-Demokratischer-Studenten (RCDS) wetterte in seinem Wahlprogramm gegen einen möglichen fleischfreien Tag in der Mensa als „Zwangsmaßnahme mit faschistischen Zügen“.

Grund zur Sorge besteht für die konservativen FleischfanatikerInnen indes nicht. Für das Jahr 2010 rechnet das Studentenwerk auf Anfrage vor: 216 Tonnen Fleisch wurden in allen Göttinger Mensen gemeinsam vertilgt, davon 95 Tonnen Geflügel und 28 Tonnen Schweineschnitzel. Bei durchschnittlich 9.400 Essenden pro Tag machte das fast 29 Kilo Fleisch im Jahr pro Person. Wobei irgendwer die null Kilo der VegetarierInnen und VeganerInnen ausgleichen musste. Dazu kamen noch 43 Tonnen Fisch. Zum Vergleich: Der Gemüseverzehr belief sich auf 360 Tonnen, die Kartoffelprodukte gingen mit 372 Tonnen am häufigsten über die Theke.

„Der steigende Fleischkonsum wird weltweit zum Problem

Das Studentenwerk stellte in den vergangenen Jahren eine erhöhte Nachfrage für fleischfreie Gerichte fest. Vielleicht auch, weil Fleischverzicht heute nicht mehr allein mit Tierethik begründet wird. Inzwischen weiß jedes Kind, dass Rinder nicht nur Butter und Burger, sondern auch jede Menge Methan produzieren. Der steigende Fleischkonsum wird weltweit zum Problem. Moschinski zählt auf Bitte nochmal auf: „Für die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch benötigt man 15.000 Liter Wasser und 13 Kilo Getreide. Wenn man die Preise für das Wasser und das Getreide mit dem Preis für das Kilo Rindfleisch vergleicht, dann muss ich ehrlich sagen, da funktioniert irgendwas nicht. Das sind Subventionen, die der Steuerzahler zahlen muss, damit das Fleisch für die Allgemeinheit schön billig ist.“

Noch ein paar Zahlen mehr: Um 1000 Kalorien Rindfleisch zu gewinnen, benötigt man 30 Quadratmeter Anbau- und Weidefläche. Für 1000 Kalorien Getreide braucht man nur einen Quadratmeter. „Wir kommen langsam zu der Problematik, dass so viele Tiere in den Ställen stehen, dass wir sie bald mit den vorhandenen Anbauflächen nicht mehr füttern können,“ sagt Moschinski und fügt hinzu: „Das wird ein ziemlich großes Desaster, es werden immer mehr Regenwaldregionen abgeholzt, damit einerseits die Viehweiden, andererseits die Anbauflächen für die Futterpflanzen da sind.“ Wem das nicht schmeckt, der kann ab April öfters mal zur veganen Alternative in der Mensa am Turm greifen.

* Der Autor fand das Essen total lecker.

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29 Kommentare auf "Her mit dem schönen Schnitzel!"

  1. David sagt:

    Ich war etwas enttäuscht über das vegane Essen heute. Die Spaghetti haben einfach nach ohne Geschmack aber mit vielen Gewürzen geschmeckt. Irgendwie hat etwas gefehlt. es muss ja nicht immer Fleisch sein, aber vegetarisch hätte die Bolognese schon einen Ticken besser geschmeckt.

    Also teste ich noch ein paar mal das vegane Essen, aber vermutlich beim vegetarischen/fleischhaltigem Essen bleiben. Schmeckt mir persönlich einfach besser.

  2. Herbert sagt:

    David, Geschmack ist nicht alles. Ich könnte meiner Omma auch Geld klauen und tu es nicht, weil’s unmoralisch ist.

  3. David sagt:

    Ich finde es nicht unmoralisch Milchprodukte zu essen oder ab und an Fleisch zu essen. Mir ist klar, dass dabei ein Lebewesen umkommt und Schmerzen hat. Ich nehme einfach mal an, dass es in der Natur des Menschen liegt andere Tiere oder deren Produkte zu essen. Genauso wie andere Lebewesen das gleiche machen. Wenn es mir sonst einfach nicht schmeckt, sehe ich auch nicht ein daran etwas zu ändern.

    Meiner Oma Geld zu klauen ist allerdings schon ziemlich unmoralisch.

  4. Feindbild sagt:

    Ich finds super. Die Mensa am Turm macht ihren Ruf als Hippiemensa wieder mal alle Ehre.

  5. Rakete sagt:

    Ich hoffe ja ehrlich gesagt, dass es besser schmeckt, als es aussieht

  6. Happy Hippie sagt:

    Also das vegane Gulasch fand ich ziemlich lecker. Hätte etwas stärker gewürzt sein können, aber das ist Geschmackssache. Gerne mehr davon! 🙂

  7. death_souls sagt:

    Ich war im Sommer bei den Probetagen in der z-mensa da und fands auch total gut.

    Und wenn die HJI und RCDS Friex wegen Schweinefleischfressen ihren ersten Gichtanfall haben, werde ich lachend daneben stehen. Ach ja: Alkohol kann auch Gicht auslösen…

  8. sonste was sagt:

    Würde mich mal raketes beitrag anschließen, also das bild auf der startseite ist nunja nicht gerade vorteilhaft. anosnten würde ich sagen ist das doch aufjedenfall mal ne schöne entwicklung

  9. wie_scheiße sagt:

    @ Feindbild

    Behalte deine Wahnvorstellungen über eine herbeihalluzinierte Hippiemensa für dich. Ein Angebot für Veganer! Unfassbar.

    Und von einer Natur des Menschen zu schwafeln…naja.

    Rakete, wie sieht’s denn aus? Spaghetti in vegan! Das MUSS ja komisch aussehen, nicht wahr? Nudeln und ’ne Soße, die statt Hack, Sojazeug enthält. Das entstellt optisch schon ungemein.

    Veaner = Hippies, veganes Essen, das ekelhaft aussieht, nicht in der Natur des Menschen liegt und qua des vegan-Labels einfach nicht schmecken kann: Die üblichen Ressentiments also. Gut gemacht.

  10. Rakete sagt:

    Sieht nach ’nem Flatschen Pampe aus. Würde mit Hackfleisch aber auch nicht besser aussehen. Und komm mal wieder runter, niemand hier will (dir) etwas Böses.

  11. e.r. sagt:

    passt grad so schön: http://www.newscientist.com/blogs/shortsharpscience/2011/02/junk-food-diet-lowers-children.html?DCMP=OTC-rss&nsref=online-news – aba im ernst, ist doch schön, wenn eine die auswahl hat, aber wieso muss vegetarisches essen aussehen wie fleischgerichte, versteh ich nicht

  12. wie_scheiße sagt:

    Naja, hier wird so getan, als müsste jedeR, der/die regelmäßig die Mensa besucht, sich jetzt gezwungenermaßen die vegane Pampe reinziehen. Es gibt jetzt halt AUCH ein Angebot für Veganer. Keine Ahnung, warum man da so einen Aufstand machen muss.

  13. Rakete sagt:

    Wer macht denn hier ’nen Aufstand? Und wer sagt, dass das jede_r essen muss? Sehe ich nirgends. Von daher: alles easy 🙂

  14. abdafüa sagt:

    ich finds (auch als allesesser) gut!

  15. Fönigin sagt:

    ich fand es lecker, hab beides probiert. es ist nun mal mensa essen, ich denke wenn in so großen maßstäben gekocht wird, kommen selten so raffinierte gaumenfreuden wie zuhause oder im spitzenrestaurant zustande.
    was ich schade finde ist, dass die gerichte von heute und im september rein aus ersatzprodukten für fleisch aus soja basieren. es gibt noch so viele andere leckere möglichkeiten vegan zu kochen. ich hoffe ja auf etwas mehr abwechslung, bin aber begeistert, dass es in der mensa bald endlich was anständiges zu essen gibt. =)

  16. NEB sagt:

    find eauch dass zuviel fleisch gegessen wird, was schlecht fuer umwelt und gesundheit ist,
    mir sind auch nicht genuegend fleischlose alternativen in der mensa -,-

    aber warum gleich vegan ? was ist der vrteil von veganem gegenuber vegetarischem essen ? (ernste frage)

  17. A.M.P. sagt:

    Ob vegan, vegetarisch oder auf Fleisch basierte Ernährung, das wirklich bescheuerte an der Mensa ist die Dampfküche, so dass du nach ca. 2 Stunden schon wieder Hunger hast. Außerdem sind die Mengen mehr als ungenügend und mit unterschiedlichen Gewürzen und Geschmacksrichtungen haben sie es leider auch nicht wirklich. Aber manchmal hat man ja auch Glück mit dem angebotenen Essen.

  18. anne sagt:

    Jetzt bitte keine Grundsatzdebatte über Veganismus. Freut euch einfach dass ab demnächst in der Mensa ein paar mehr Menschen, die sowieso den ganzen Tag in der Uni/Bib arbeiten auch mal was richtiges essen können und nicht nur Salat mit Pommes. Das ist nämlich der Lernfähigkeit nicht gerade zuträglich

  19. Frau Merkel sagt:

    Und demnächst gibt es noch Steine zum Mitnehmen (für die nächste Demo) und die neue „Schwarzer Block“-Mode in der Turm-Mensa. Bin auch schon auf die erste Grundsatzdebatte (oder Prügelei) in der Turmmensa gespannt. Gründe gibts ja viele, sei es vom Veganer („Ich kann mein veganes Essen nicht in der Gegenwart von Fleischfressern konsumieren“) oder von der Fleischfraktion („Veganer essen meinem Essen das Essen weg“).

    Nach den Uni-Wahlen wird es mal wieder lustig in Göttingen.

  20. @NEB sagt:

    „aber warum gleich vegan ? was ist der vrteil von veganem gegenuber vegetarischem essen ? (ernste frage)“

    Milch und Eier werden von der gleichen Industrie erzeugt, die Milliarden Tiere tötet nachdem sie ihre Produktivität eingebüßt haben. „Vegetarisches Essen“ finanziert das – ob gewollt oder nicht, ist egal – mit. Zudem sind Milch und Ei weder gesund noch besonders lecker, wenn mensch weiß, wo die herkommen.

    Ansonsten: Toppe Sache, das. Wird einiges besser anner Uni…

  21. Feindbild sagt:

    @wie scheiße

    Wärest du ein richtiger Hippie würdest du nicht gleich alles so ernst nehmen.

    PS: Den Schuh mit der „Natur des Menschen“ zieh ich mir nicht an.

  22. wie_scheiße sagt:

    „PS: Den Schuh mit der „Natur des Menschen“ zieh ich mir nicht an. “

    Ja, sorry, das war natürlich nicht auf dich bezogen

    „Wärest du ein richtiger Hippie“

    Na, ob das so schlimm ist…

  23. Aber warum gleich vegan? sagt:

    Es soll mehr vegetarisches Essen geben, aber warum gleich ein veganes Gericht?
    Du bist dir schon im Klaren, dass du damit sagst, dass du einigen Menschen mehr Auswahl bescheren möchtest, andere aber weiterhin ausschließt? Davon abgesehen, dass ich Vegetarier super finde, überzeugte Vegetarier hingegen lächerlich: Ich freu mich nicht besonders auf meinen Salat mit Pommes (oder nur Pommes?, Vielleicht auch nur Salat? So viele Möglichkeiten!) den ich gleich in der Nordmensa essen darf, und werde wohl ab dem nächsten Semester in die Turm pendeln müssen…

  24. @Blusendampfer sagt:

    Ich hoffe, Du wirst der nächste geoutete Kryptofa.

  25. death_souls sagt:

    ich habe ein youtube fundstück. slavoj zizek würde wohl rcds oder hji wählen. sehr selbst:
    http://www.youtube.com/watch?v=_TqyKsnQD38

  26. ottter sagt:

    nochmal zur erinnerung: montag gehts los mit „Veganes Gyros mit Schmorzwiebeln und Tomaten-Olivensauce, Dessert“. guten!

  27. richard_burton sagt:

    Endlich haben die Zeite der Sülze-Terrorschaft auch am Futtertrog ein Ende gefunden. ¡Hasta la victoria siempre!

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