Kolumne

Das Unbehagen am Geschenkekaufen
von am 26. Januar 2011 veröffentlicht in Erfahrungen mit der Mehrheitsgesellschaft, featured

Unser Kolumnist ist zurück! Diesmal berichtet Feindbild wie angekündigt von seinen Erfahrungen beim Weihnachtsgeschenkeeinkauf. „Zu spät!“ werden einige nun rufen, doch die Verzögerung ist kein Zufall sondern pure Kalkulation. Erst über Weihnachten zu schreiben wenn es niemanden mehr interessiert ist ein weiterer Beweis für sein Unbehagen an der Mehrheitsgesellschaft.

Geht man in die Stadt um Weihnachtsgeschenke – vorzugsweise für kleine Nichten – zu kaufen, braucht man ein dickes Fell.

Im roten Buchladen hält man es noch aus. Da ist wie immer eher wenig los und die Leute treten sich nicht auf die Füße. Passiert das einmal doch, dann ist es auch ok, weil man sich auf verschiedenen Demos sowieso schon öfters auf die Füße getreten hat. Das Problem am Roten Buchladen ist nur, dass Leni und Celine mit 2 bzw. 6 Jahren noch nicht viel mit Marx und Adorno anfangen können. Kindsköpfe wie Gerhard Seyfried und Rainer Langhans, deren Werke man dort auch erstehen kann, ändern daran auch nichts.

Im Contigo geht es gar nicht klar. Da treten sich die Menschen auf die Füße. Ihre Demoerfahrung ist zu gering, um damit souverän umgehen zu können, also ist auch der Anspannungsfaktor extrem hoch. Nebenbei muss man schauen, dass man mit seinem Rucksack keine Glasregale anstößt, in denen sich allerlei Tüddelü befindet. Und auch hier gibt es wenig zu finden für kleine Nichten. Ein bisschen Holzkrimskrams vielleicht. Ansonsten wars das. Klar, sollen die Kinder auch “was vernünftiges” kriegen – also keine Spielzeuglaserwaffen oder dergleichen. Aber das heißt nicht, dass sie mit bunten Schals oder lustigen Taschen spielen sollen.

Rein ideologisch gesehen geht man nun – nach linker Szene und Globalisierungskritischer Bewegung – ins Mekka des rheinländischen Kapitalismus, nämlich Karstadt. Zunächst ist man sich selbst ein wenig peinlich, weil man es nicht lassen kann sich für Wrestlingfiguren und Laserschwerter zu interessieren. Danach sollte man nochmal eben fast über einen Kinderwagen fallen und sich väterlichen Zorn zuziehen und schon kann es losgehen.
Die Suche nach dem geeigneten Geschenk gestaltet sich schwer. Man kann ja zum Beispiel nicht jedes Buch lesen, aber man will doch wissen was drin steht und ob es geeignet ist für das Kind. Könnte ja sein, dass unverständliche Sprache oder ideologischer Blödsinn im Buch den Kauf nicht sehr empfehlenswert machen.

“WAS ist WAS” Bücher können recht tückisch sein. Mag es sein, dass man bei eher technisch/physikalischen Themen nicht allzuviel falsch machen kann – die Erdanziehungskraft ist bei Konservativen und Linken gleich groß – so betrachte ich gesellschaftlich/geschichtliche Themen eher mit Skepsis. Ich für meinen Teil dachte ja früher der historische Lauf der Welt, sei folgender gewesen: Zunächst gab es Urknall mit ein paar unbedeutenden Urtieren, danach Dinosauerierzeit (hier wiederrum relativ differenziert in Trias, Jura und Kreidezeit), gefolgt von den Urmenschen, den Pyramiden, der Ritterzeit, der Piratenzeit, der Cowboyzeit und dem Jetzt. Was noch kommen wird ist die Zukunft. Foucault hätte seine helle Freude gehabt am zeithistorischen Was-ist-Was-Diskurs, der das herrschende geschichtswissenschaftlichen Dispositiv in erfrischender Weise in Frage stellt. Was natürlich gar nicht geht ist die Ausgabe zu “Deutschland”, die ich mal als Hörbuch gehört habe. Der Titel ist jedenfalls Programm im schlechtesten aller Sinne.

Ich mag es, wenn auf den Büchern und Spielzeugen Angaben zum empfohlenen Alter gemacht werden. Leider findet man die Angaben nicht überall und so fehlt mir die Orientierung. Noch praktischer wären allerdings Angaben darüber, ob die Nichten das jeweilige Buch oder Spielzeug schon besitzen. Und hat man dann erstmal Waren, die dem Alter entsprechen gefunden und weiß auch, was im Kinderbesitz schon vorhanden ist und was nicht, stellt sich immernoch die Frage: “Was soll es davon denn jetzt sein?” Wie gesagt, es sollte nicht gleich was vollkommen dämliches, wie eine Spielzeugpistole sein. Aber daneben gibt es ja auch noch diese ganzen Lernspielsachen, die Kinder letztlich fit machen sollen für Ausbildung und Arbeitsmarkt. Ist das nicht furchtbar? Meine Nichten sollen die Welt verstehen, nicht ihren Verstand der Welt anpassen. Aber da sind wir wieder am Ausgangspunkt. Wo ist WAS ist WAS zum Thema „Marx und Adorno“?

Letztlich habe ich mich – na klar – jeweils für ein Buch entschieden. „Conni im Kindergarten“ für die kleine und „Conni in der großen Stadt“ für die große Nichte. Vor allem das zweite Buch ist gut angekommen. Conni fährt nach Berlin und trifft dort ihren Cousin Michi. Die letzte Seite im Buch ist unbeschrieben. „Für Notizen“ sagt mein Kumpel Hardy. Er sagt außerdem, ich solle doch mal dort hin schreiben, was die Bullen 1989 mit Conny in Göttingen gemacht haben. Das würde Celine ein ein wenig bei der politischen Orientierung helfen.

Beim nächsten Mal wird es um jemanden gehen, der aus Versehen bei einer Veranstaltung mit Jan Fleischhauer landete

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14 Kommentare auf "Das Unbehagen am Geschenkekaufen"

  1. naja sagt:

    Furchtbar. Zunächst: Interessiert sich tatsächlich noch jemand für Marx und Adorno? Und muss man diese verqueren und durchaus kritisch zu betrachtenden Schriften (auch wenn’s schwer fällt..) auch noch erstmal unbedarften Kindern zumuten?
    Was ist so schlimm daran Kindern einen groben Überblick über die Weltgeschichte zu verschaffen? Es geht da nicht um historische Fakten oder den paternalistischen Deckmantel der Geschichtsschreibung, bei den Kleinen sollen Vorstellungskraft und Denkvermögen angeregt werden.
    Ist dem Autor zu konservativ? Ich würde gerne mal wissen, wie seine Schulbildung ist und womit er sein Geld verdient um die Geschenke zu kaufen? Ohne zumindest ein wenig Allgemeinbildung erfahren zu haben könnte es mit dem Verständnis von linker Literatur schon etwas schwierig werden, aber vielleicht fallen auch deswegen hier mehr Namen als Inhalte.

    Klar, „Was-ist-Was?“-Bücher zum Thema Deutschland müssen nicht sein und sind vermutlich ziemlicher Schwachsinn, aber dennoch.. der linken Bewegung würde es um ein erstaunliches Maß besser gehen, wenn sie nicht mehr so furchtbar besserwisserisch und normativ wäre. Liegt das wirklich in der Natur der Sache?

    Als gemäßigt Linker tut es mir zumindest regelmäßig in der Seele weh zu sehen, wie sich die radikaleren Konsorten auf Demos und Vorträgen durch ihr Verhalten selbst demontieren.

    Letzter Beitrag war ganz gut, der hier einfach nur vorhersehbar und wenig beeindruckend.
    Ach ja: Gute Wahl mit den Geschenken.

  2. Harvey sagt:

    @naja: gut aufpassen, sonst wirst du aus Versehen konservativ! 😛

  3. Teddy sagt:

    Da Kinder gerne Teddies mögen, wäre auch dieser Teddy durchaus ein schönes Geschenk. Und warum sollte das Interesse für die beiden Boys erlahmen? Die können auch dem „gemäßigten Linken“ noch ne Menge Eindrücke verschaffen.

  4. com sagt:

    was jetzt an marx und adorno verquer sein soll, bleibst du uns auch schuldig.
    kritisch sollte man jeden text lesen…das ist eine binsenweisheit

  5. apl sagt:

    Lieber gemäßigter Linker, hast du denn auch (wenn überhaupt) mehr als das Manifest gelesen, eine differenzierte Vorstellung davon, was Mehrwerttheorie und vor allem historischer Materialismus tatsächlich bedeuten? Und wenn ja, dann interessiert es mich ebenso, was insbesondere an letzterem verquer ist.

  6. Astrid Lindgren sagt:

    Hübsche Idee,
    die Geschichte von Conny 1989 im Kinderbuchformat herauszubringen. Vielleicht könnte das die Person machen, die für den SDS den Comic für´s Wahlplakat gemalt hat. Schön im Conni-Style. Das kann Feindbild dann zum Geburtstag verschenken.

    Ansonsten: Ey, wie lame ist es bitte schön direkt bei der zweiten Kolumne einen alten Text zu verwursten?

  7. mia sagt:

    Watt ne Klugscheißerei!

  8. anonymus sagt:

    Danke für die lebensnahe Beschreibung der alltäglichen Widersprüche im falschen Ganzen

  9. Feindbild sagt:

    Sorry Astrid, bin grad im Stress.
    @naja: Weißt du was auch ein typisch linkes Problem ist? Dass immer alles gleich zu ernst genommen wird.

  10. Harvey sagt:

    @Feindbild: Da würde ich ja zustimmen, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass ein typisch linkes Problem ist, von „typisch linken Problemen“ zu sprechen 😛

  11. Cartman sagt:

    Ha, LAME! … Screw you guys, i’m going home!

  12. Zong! sagt:

    @Feindbild: Gabs bei dir keine Ninja Zeit? 🙁
    Ninjas sind viiiiel cooler als Piraten!

  13. Genosse mit reformorientierten Alüren sagt:

    Bei Astrid, finde ich sehr wenig Selbstreflektion: Immer wieder die charkaterähnliche Darstellung (kleine, freche Kinder und deren Storys.). Auch nicht sehr erfrischend, nicht wahr?

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