Junges Theater insolvent
von am 10. Juli 2010 veröffentlicht in Kultur

Das Junge Theater hat am Freitag Insolvenz angemeldet. Hintergrund ist eine betriebsinterne Betrugsaffäre. Offensichtlich hatte eine Verwaltungsangestellte über Jahre hinweg Gelder unterschlagen – bis zu 300.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Untreue.

Die Zukunft des Theaters ist ungewiss, auf den Fortbestand des Theaterkellers hat die Pleite jedoch wahrscheinlich keine Auswirkungen, wie an anderer Stelle vermutet.

Der Schwindel flog vergangene Woche auf, als die Monatsgehälter für die Angestellten nicht mehr bezahlt werden konnten. Die mitlerweile beurlaubte mutmaßlich verantwortliche Mitarbeiterin hatte Geschäftsführung und Aufsichtsrat des JT erfolgreich getäuscht. Sie legte stets gefälschte Unterlagen vor, sogar die angebliche Überprüfung der Bilanzen durch einen Wirtschaftsprüfer legte sie vor. „Wir haben das geprüft, was wir vorgelegt bekommen haben“, sagte Aufsichtratsvorsitzender Frank-Peter Arndt im StadtRadio. „Wenn das, was ihnen vorgelegt wird, auf einem hohen Niveau gefälscht ist, wie wollen sie das erkennen?“

Für das Haus und die Mitarbeiter*innen sei der Betrugsfall ein „Disaster“, so Arndt weiter. Sie seien von einer Mitarbeiterin „schamlos vorgeführt worden“, die einst aufgrund „ihrer guten Buchhaltungskenntnisse“ eingestellt worden sei. Er gehe davon aus, dass es sich um eine Einzeltat handele, von möglichen Zuarbeiter*innen wisse er nichts.

Göttingens Sozialdezernentin Dagmar Schlapheit-Beck nahm den Aufsichtsrat, dem sie selbst angehört, im Göttinger Tageblatt in Schutz. Das Gremium habe im Jahr 2004 freiwillig einen Wirtschaftsprüfer beauftragt. Dennoch müsse geprüft werden, „ob sich alle Gremien inklusive Aufsichtsrat korrekt verhalten haben, ob wir also unserer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind“. Der Aufsichtsrat hat nun eine Steuerprüfungs- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft beauftragt, „den aktuellen Finanzstatus zu erstellen, die Frage der Veruntreuung zu prüfen und sich außerdem dazu zu äußern, ob die Geschäftsführung ihren kaufmännischen Pflichten nachgekommen ist“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gremiums.


Vorerst keine Vorstellungen im JT

Der Aufsichtsrat war nach der letzten Insolvenz des Theaters im Jahr 2004 gegründet worden, um Betrugsfälle wie diesen zu verhindern – offensichtlich erfolglos. Die Zukunft des Theaters steht einmal mehr in den Sternen. „Wenn gar nichts mehr geht“, so Aufsichtsratsvorsitzender Arndt, seien die Mitarbeiter*innen nach einer dreimonatigen Frist „angewiesen auf die Bundesagentur für Arbeit“.

Die Pleite könnte auch Auswirkungen auf Theaterkeller, Café Kabale und Kino Lumière haben. Das Haus in der Geismar Landstraße 19 gehört dem „Förderverein Junges Theater“, der aber mit dem heutigen JT nichts mehr zu tun hat, sondern vielmehr das T-Kellerkollektiv abbildet. Von 1960 bis 1975 residierte das JT in den Räumen des heutigen Kinos, im heutigen Theaterkeller waren Umkleide und eine kleine Kneipe für die Angestellten des Theaters untergebracht. Das JT hatte nach dem Auszug Schulden beim Förderverein, die in Raten abgezahlt wurden. Fielen diese Zahlungen nun weg, bedeutete das finanzielle Probleme für den Verein und letzlich für alle dort ansässigen Einrichtungen. Diese Probleme wären jedoch „nicht existenzbedrohend“, versicherte ein Insider.

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