Fr. 04.06./Sa. 05.06.: ANTIFEE FESTIVAL
von am 30. Mai 2010 veröffentlicht in Diskussion, Konzert, Termine, Workshop

Nach einem ziemlich gelungenen Start hat sich das ANTIFEE mittlerweile in Göttingen etabliert. Eine durchaus reife Leistung für ein Festival, dass kostenlos stattfindet und den alles andere als selbstverständlichen Anspruch mitführt, nicht nur Bands auf die Bühne zu schubsen, sondern inhaltlich mehr zu bieten. So ist das Festival traditionell garniert mit allerlei (politischen) Workshops. Neben dem Bierpavillion tatsächlich eine erfrischende Abwechslung.

Antifee für die Hosentasche: Unseren Festival Spielplan zum runterladen und selbstausdrucken gibt es hier.

Einer der Ansatzpunkte des Festivals sind rassistische, nationalistische und sexistische Praxen, welche sich unter anderen in Musikszenen manifestieren. Insbesondere Frauen sind, so die VeranstalterInnen, in der Popkultur unterrepräsentiert. Sicherlich eine von Szene zu Szene sehr unterschiedlich zu bewertende Tatsache. Das Antifee möchte zeigen, dass genau das auch völlig anders funktionieren kann. Also werden gezielt Bands und MusikerInnen gesucht, bei denen eben nicht in der Hauptsache Männer auf der Bühne stehen. Und das ist tatsächlich weiterhin keine leichte Aufgabe. Zumindest bei den zurückliegenden letzten zwei Antifee-Festivals hatte ich zuweilen den Eindruck, dass dieser Anspruch deutlich mehr zählte als die (musikalische) Qualität mancher Bands. Irgendwie Schade, nachdem das Festival in der Erstauflage einen Raketenstart hinlegte. Insbesondere der Versuch, genreübergreifend alles so ein bisschen abzudecken, war mir immer Schleierhaft. Dafür ist mir der Rahmen nach wie vor zu klein. Trotzdem blieb das Festival ein netter Ort zum rumhängen, besonders wenn das Wetter mitspielte.
Ein Blick auf das Billing von Antifee Nummer 4 führt das Festival endlich zu alter Form zurück. Und dieses Mal gibt es sogar internationale Gäste. Pausen werde zumindest ich einlegen können, der kleine Genre-Rundumschlag ist dann doch für was gut. Als eines Highlights können mit großer Sicherheit DES ARK gelten. Aimee Argote ist zum mittlerweile 3. Mal in Göttingen zu Gast. Zuletzt mit Band, davor mit kleinerer Unterstützung konnte die Frau aus Philadelphia ausnahmslos überzeugen. DES ARK kann extrem laut und extrem leise – Musik die immer ins Mark geht. Und auch NATALIE STERN ist mit Göttingen bestens vertraut. Als Hälfte von Lake Me füllte sie einst das Juzi, danach trat sie Solo im Kabale auf. Eine Handvoll Publikum machte Göttingen als weitgehend geschmackslose Musikwüste alle Ehre. Bewaffnet mit riesiger Loop-Station und Gitarre schaffte es Natalie, so was wie Bewegung in das überholte Singer-Songwriter Konzept zu bringen. Mit PETE THE PIRATE SQUID wird eine von Deutschlands interessantesten Indie-Bands Bewegung auf dem Antifee spielen. Zumindest ist zu hoffen, dass bereits am frühen Abend genug Menschen in der Lage sein werden, den einigermaßen kantigen Indie-Rock der Band zu verarbeiten. ALLEZ LE AUTRES kommen irgendwie aus derselben Ecke, ihr Zugang ist ebenfalls vertrackt und mit Keyboards versehen. Ziemlich dicht geschrieben und ziemlich geil. Das New Yorker Projekt BELLS ROAR will sich mir nicht wirklich erschließen. Als wenn eine Band wie Mew ihre Samples vergessen hat und nun hier neu kollagiert werden. Cool an BELLS ROAR finde ich die recht kompromisslos vertretene D.I.Y. Attitude – auch keine Selbstverständlichkeit mehr! Bei gutem Sound kann das hochspannend werden.
Ebenfalls am Start EX-BEST FRIENDS (Punk im allerweitesten Sinne), TWO TEARS FOR BARBARELLA (Puuh), ME AND JULES (für Casio-Fans), SCREAM CLUB vs. ELECTROSEXUAL (Dancefloor-Justice) und ROGUE STEADY ORCHESTRA (für Blasmusik-Fans).

Freitag
17.00 – 17.40 Two Tears for Barbarella
18.00 – 18.40 Pete the Pirate Squid
19.00 – 19.50 Podiumsdiskussion
20.00 – 20.45 Ex-Best Friends
21.05 – 21.55 Allez les autres
22.15 – 23.00 Scream Club vs. Electrosexual

Samstag
14.00 – 16.45 Politsches Theater: “Alltag brennt”
17.10 – 17.50 Bells Roar
18.10 – 18.50 Me and Jules
19.00 – 19.50 Podiumsdiskussion
19.50 – 20.30 Nathalie Stern
21.00 – 21.40 Des Ark
22.00 – 23.00 Rogue Steady Orchestra

Workshops:

Freitag

Katharina Wesenick: prekär, befristet, unterbezahlt, austauschbar!? Die Situation von Frauen im Niedriglohnsektor

AG „Shoah im Spielfilm“ und OLAfA: Die Shoah im Spielfilm

Ausstellung: Geschichte der Homosexuellenbewegung in der BRD

StadtRadio Göttingen: Radio machen!

Jürgen Albohn: Entstehung, Bedeutung und Struktur von Nationalstaaten

Film: Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt

Buchvorstellung: „Gemachte Differenz – Kontinuitäten biologischer »Rasse«-Konzepte“

Samstag

Ausstellung: Geschichte der Homosexuellenbewegung in der BRD

StadtRadio Göttingen: Radio machen!

Roger Behrens: Das Spektakel der gekränkten Narzissten

Antifa Neukölln: Antifa & Männlichkeit

Film: Tote Schwule – Lebende Lesben

Benjamin Fuchs: Geschlecht und Nationalismus im Fußball

Kritik im Handgemenge: Die sexuelle Revolution der 68er, ihre Folgen und ihre Kritiker

Mehr Infos hier
http://antifee.de/antifee/

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12 Kommentare auf "Fr. 04.06./Sa. 05.06.: ANTIFEE FESTIVAL"

  1. Kokain sagt:

    Das Antifee hat gerockt! Eines der schönsten Göttinger Open Airs seit langem!

  2. Rakete sagt:

    Hihi, und von der Qualität des Campus Open Airs haben sich ca. 150 Leute überzeugen lassen

  3. zuschauer sagt:

    das antifee hat sehr gut gefallen, nur eine sache würde ich gern in den raum stellen und sie aufgeklärt wissen.
    ein offensichtlich geistig behinderter mann wurde am freitag abend von leuten gezwungen seinen pullover auszuziehen, da dort eine deutschland flagge drauf war. das hat der arme nicht verstanden und war sehr verstört als er dann frierend im t-shirt da stand und seinen pulli im rucksack verstaut hatte….

  4. sec sagt:

    son quatsch. der hatte da drunter kein t-shirt an, sondern einen weiteren pulli und er hat sehr wohl verstanden, warum er den pulli ausziehen musste: „wegen der deutschlandfahne? okay…“

  5. my accident is my giveaway sagt:

    an die workshop-mitschreiber: könnt ihr mal eure mitschriften veröffentlichen/verlinken?

  6. Brick sagt:

    @ 3+4 Es steht mir nicht zu ein Urteil über den Geisteszustand des Herren zu fällen, aber die Frage ist ja durchaus berechtigt. Daher: Nach allem was ich über diesen Herren weiß, ist er ziemlich klar im Kopf. Sonst würde er auch nicht Mofa fahren.

  7. magda sagt:

    schwere intelligenzstörungen oder geistige behinderungen sind keine gründe, den führerschein nicht machen zu dürfen, es sei denn es liegen diagnostzierte persönlichkeitsstörungen vor…

  8. istdasnötig? sagt:

    Oh man ich find´s einfach so oder so eine echt peinliche Aktion, jemandem vorzuschreiben was er nicht anzuziehen hat – offensichtlich war der Mensch ja entweder nicht ganz zurechnungsfähig oder wollte einfach provozieren – sich dann auch noch Klamotten-polizeilich aufzuspielen empfinde ich als Armutszeugnis für jede linke Gesinnung. Es gibt doch einfach wichtigeres zu tun.

  9. Harvey sagt:

    @magda man braucht überhaupt keinen Führerschein für Mofas. Wer nach 1965 geboren ist (davor reicht der Perso), braucht eine Prüfbescheinigung, das funktioniert aber nicht nach Führerscheinrecht.
    @istdasnötig bin mir nicht sicher, ob du dich auf deine Urteilskraft bezüglich Armutszeugnissen für jede linke Gesinnung wirklich verlassen solltest.

    War wirklich sehr schön auf dem Antifee! Danke!

  10. magda sagt:

    @harvey: das mag ein, ich wollte brick nur darauf hinweisen, dass die tatsache, dass jmd. einen führerschein besitzt, respektive ein fahrzeug fährt noch nichts über den geistigen „zustand“ dieser person aussagt…

  11. troll sagt:

    über die klamotte hat sich ja auch niemand geärgert, sondern nur über sein politisches grüppchen, dem er sich offensichtlich zugehörig fühlt und dessen zustimmung er öffentlich zur schau trägt..
    ist doch klar, dass fans des (deutschen) nationalismus auf einem antinationalen festival nix zu suchen haben außer provo

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